In einem jetzt rechtskräftig gewordenen Urteil hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die Frage zu entscheiden gehabt, wann Düsseldorfer Eltern in einem konkreten Fall Schadensersatz zusteht, wenn ihnen die Landeshauptstadt keine Kinderbetreuung angeboten hat. Wir stellen den Fall vor und geben fünf Tipps für suchende Eltern!
- Der Fall:
Die Eltern eines im Sommer 2013 geborenen Mädchens hatten ihre Tochter knapp sieben Wochen nach der Geburt im Kita-Navigator der Stadt Düsseldorf angemeldet. Sie wählten dort alle angebotenen Betreuungsmöglichkeiten aus (25 Stunden / 35 Stunden / 35 Stunden mit Verpflegung / 45 Stunden mit Verpflegung) und zeigten einen Betreuungsbedarf ab Sommer 2014 an. Gleichzeitig war mit dem Arbeitgeber vereinbart, dass die Mutter nach einer Elternzeit wieder berufstätig werden sollte.
Der Kita-Navigator ist ein Online-Vormerksystem der Landeshauptstadt Düsseldorf. Eltern können dort ihre Kinder auf die Warteliste einer Einrichtung setzen lassen. Es bleibt aber jeder Einrichtung vorbehalten, über die Platzvergabe zu entscheiden. Ein vergleichbarer „Navigator“ für Tagespflegeangebote existiert nicht.
Die Familie erhielt keinen Platz in einer Kindertageseinrichtung. Nur auf Eigeninitiative der Eltern konnte die Tochter ab Mai 2015 in einer privaten Kindertagesstätte betreut werden.
Mit Hilfe ihres Anwalts haben die Eltern den Verdienstausfall und die Mehrkosten der privaten Kita gegenüber der Stadt geltend gemacht.
- Das Ergebnis:
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in seinem Urteil die Klage abgewiesen. Eine Amtspflichtverletzung der Landeshauptstadt Düsseldorf sei nicht nachgewiesen worden.
Insbesondere stelle die Email der Stadt, ein Platz könne „bisher“ nicht zur Verfügung gestellt werden, keine Ablehnung dar. Eltern seien verpflichtet, über den Kita-Navigator hinaus auch weitere Beratungsangebote der Stadt zu nutzen. Eine direkte Kontaktaufnahme mit den Fachberatungsstellen der freien Träger des Verbundes (AWO, SKFM, Diakonie) sei nicht ausreichend.
Wollen Eltern einen Schadensersatz geltend machen, müssen sie den vollen Beweis für Fehler der Stadt erbringen. Hierzu gehört auch etwa den Inhalt von Internetseiten oder online-Mitteilungen, sowie Gesprächstermine und -inhalte zu dokumentieren.
- unsere Bewertung:
Wir halten die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf in dieser Form für falsch. Denn sie öffnet nicht nur der Stadt Düsseldorf, sondern allen Gemeinden „Tür und Tor“ für ein unübersichtliches Beratungs- und Anmeldeverfahren. Der Gesetzgeber hat aber einen Betreuungsanspruch formuliert, der gerade nicht nach den verschiedenen Angeboten und Einrichtungen, auch nicht nach Stundenzahlen oder Mittagsverpflegung unterscheidet. Daher sind wir der Auffassung, dass es auch möglich sein muss, dass Eltern einmalig einen „Betreuung-wie-auch-immer“-Anspruch anzumelden. Bindet die Stadt außerdem auch die freien Träger in die Beratung und Vermittlung von Kita- und Tagespflegeplätzen ein, muss sie sich dies auch zurechnen lassen, wenn Eltern direkt dort Rat und Vermittlung suchen. Andernfalls droht ein Rückfall in die Kita-Anmeldungs-Steinzeit, wenn Eltern sich bei jedem Träger und jeder Einrichtung und stets zusätzlich beim Jugendamt für alle Angebote anmelden müssten.
Wird eine Betreuung nicht zur Verfügung gestellt, dürfen die Gerichte die Hürden für den Beweis einer Amtspflichtverletzung nicht allzu hoch anlegen.
- Fünf Tipps für Eltern:
- Registrieren Sie Ihr Kind rechtzeitig im Kita-Navigator und nutzen Sie dort alle Anmeldemöglichkeiten.
- Solange der Kita-Navigator die Tagespflege noch nicht umfasst (das ist in Düsseldorf erst für die Zukunft geplant), sollten Sie parallel (!) auch die Beratung im i-Punkt-Familie nutzen, erst anschließend bei den freien Trägern.
- Dokumentieren Sie schriftlich und durch Abspeichern von Emails und Screenshots, welche Informationen Sie von der Stadt erhalten haben und mit wem Sie im i-Punkt-Familie und bei den freien Trägern gesprochen haben.
- Wenn Sie eine Rückmeldung erhalten, „bisher“ könne kein Platz zur Verfügung gestellt werden, bitten Sie umgehend um eine Mitteilung wann Sie die abschließende Zu- oder Absage erhalten. Fordern Sie von der Stadt möglichst eine schriftliche Ablehnung.
- Steht Ihnen und Ihrem Kind zum gewünschten Termin kein Platz zur Verfügung, suchen Sie Beratung und ggf. auch anwaltliche Vertretung. In Einzelfällen waren sowohl Verfahren erfolgreich, mit denen ein kurzfristiger Betreuungsplatz erstritten wurde, wie auch Verfahren um Schadensersatz.
Wir hoffen, dass Sie keinen Rechtsstreit führen müssen.
Aus Kapazitätsgründen können wir derzeit keine Kita-Verfahren annehmen und bearbeiten. Wir bitten um Verständnis.
Die Entscheidung im Volltext:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 2b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 29.07.2016 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden der Klägerin auferlegt. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe:
Die Klägerin begehrt von der beklagten Stadt im Wege der Amtshaftung Ersatz von Verdienstausfall wegen unterbliebener Bereitstellung eines Betreuungsplatzes für ihre am 00.07.2013 geborene Tochter.
Die Klägerin registrierte sich am 00.09.2013 im sog. „Kita-Navigator“ der Beklagten und meldete darin einen Betreuungsbedarf für ihr Kind ab dem 10.08.2014 für alle dort angegebenen Varianten an.
Mit E-Mail vom 19.03.2014 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass ihre Tochter bei der Zuteilung keine Berücksichtigung habe finden können.
Die Klägerin fand für ihr Kind ab dem 01.05.2015 in einer privat betriebenen Kita einen Betreuungsplatz für 25 Stunden die Woche und geht ab dem 01.06.2015 einer Teilzeitbeschäftigung nach.
Die Klägerin hat behauptet, dass sie bei rechtzeitiger Zurverfügungstellung eines Kita-Platzes spätestens am 18.08.2014 ihre berufliche Tätigkeit wieder hätte aufnehmen können. Es sei ihr pro Monat ein Verdienstausfallschaden von 2.120,60 € entstanden. Unter Abzug der ersparten Elternbeiträge in Höhe von 375,- € und des ab dem 29.09.2014 gezahlten Betreuungsgeldes von 150,- € betrage ihr Schaden für die Zeit vom 18.08.2014 bis 30.04.2015 13.662,16€, für die Zeit vom 01.05.2015 bis 31.05.2015 2.175,60 € und den Zeitraum vom 01.06.2015 bis 30.09.2015 2.332,16 €.
Die Klägerin hat weiter behauptet, ab September 2014 Kontakt mit 5 Großtagespflegen und ab Oktober 2014 zu 3 Vermittlungsstellen von Tagesmüttern aufgenommen zu haben. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte durch die Nichtbereitstellung eines Kita-Platzes ihre Pflicht aus § 24 Abs. 2 SGB VIII verletzt habe. Darüber hinaus habe sie bei der Vergabe von Betreuungsplätzen ihre Fürsorge- und Beratungspflichten nicht hinreichend erfüllt. Nach Kenntnis vom Betreuungsbedarf der Klägerin für ihre Tochter, hätte die Beklagte „aktiv“ ein entsprechendes Angebot unterbreiten bzw. sie an entsprechende Leistungsträger vermitteln müssen.
Die Beklagte hat sich damit verteidigt, dass die Klägerin lediglich einen Kita-Platz und nicht auch eine Betreuungsmöglichkeit in einer Tagespflegeeinrichtung nachgefragt habe. Hätte sich die Klägerin, nachdem ihr keine Platzzusage über den Kita-Navigator erteilt werden konnte, an das Jugendamt oder an das Vermittlungscenter „i-Punkt Familie“ gewandt, hätte ihr die Beklagte einen Betreuungsplatz jedenfalls bei einer Tagespflegeperson vermitteln können. Die Klägerin habe sich jedoch erstmalig am 13.11.2014 an eine öffentliche Beratungsstelle gewandt und einen Betreuungsbedarf ab dem 01.06.2015 angemeldet. Die Beklagte bestreitet das Vorliegen eines Betreuungsbedarfs ab dem 18.08.2014 und verweist darauf, dass die Klägerin keine Rechtsmittel gegen die Nichtberücksichtigung ihres Kindes ergriffen habe.
Das Landgericht, das das Urteil aus dem Rechtsstreit 2b O 209/14 LG Düsseldorf im Wege des Urkundenbeweises zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat, hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass ein etwaiger Anspruch der Klägerin jedenfalls gemäß § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen sei, weil die Klägerin kein Rechtsmittel eingelegt habe. Die Klägerin habe sich nur um die frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung (Kita) bemüht, nicht jedoch um eine Unterbringung in einer Kindestagespflege. Wenn die Klägerin sich an die Beklagte mit dem Wunsch, dem Kind wenigstens die Unterbringung in einer Kindestagespflege zu vermitteln, gewandt hätte, wäre eine solche auch erfolgt, da genügend Betreuungsplätze vorhanden gewesen wären.
Im Übrigen wird – auch wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge – gemäß § 540 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren Zahlungs- und Feststellungsantrag weiterverfolgt. Sie hält das angefochtene Urteil für eine Überraschungsentscheidung, die ihr Recht auf rechtliches Gehör verletze. Sie – die Klägerin – habe sehr wohl Schritte zur Schadensminderung unternommen, wie sie der Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 14.10.2015 mitgeteilt habe. Die Klägerin habe spätestens am 16.10.2014 selbst Kontakt mit der AWO, dem SKFM und der Diakonie zur Vermittlung einer Tagesmutter/eines Tagesvaters aufgenommen. Die Beklagte habe nicht dargelegt, dass sie der Klägerin Informationen über alternative Betreuungsmöglichkeiten zugänglich gemacht habe. Es sei keineswegs unstreitig, dass jedes Kind einen Betreuungsplatz habe erhalten können. Die Beklagte habe selbst vorgetragen, dass im Kindergartenjahr 2016/2017 nur für rund 47 % der Düsseldorfer Kinder unter 3 Jahren Betreuungsplätze vorgehalten werden würden. Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 20.10.2016 bestätigten, dass der BGH gerade nicht der Auffassung sei, dass Rechtsmittel zu ergreifen gewesen wären oder es im Rahmen der Schadensminderungspflicht erforderlich gewesen wäre, einstweiligen Rechtsschutz nachzusuchen. Die Beklagte müsse den Anscheinsbeweis für ihr Verschulden erschüttern und könne sich dabei nicht auf finanzielle Engpässe oder Kapazitätsausschöpfung berufen. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Münster könne der Anspruch durch die Vermittlung einer anderen als der primär gewünschten Betreuungsform nur dann erfüllt werden, wenn dort die Kapazitätsgrenzen erwiesenermaßen erreicht seien. Selbst eine durch einstweiligen Rechtsschutz erwirkte Zuweisung eines Platzes in der Tagespflege hätte den Anspruch der Klägerin nicht erfüllen können.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 19.07.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für die Zeit vom 18.08.2014 bis zum 30.09.2015 Schadensersatz i.H.v. 18.169,92 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.07.2015 zu zahlen;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die aus dem Unterlassen der Bereitstellung einer Kinderbetreuung für das Kind der Klägerin ab dem 01.10.2015 entstehen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das zu ihren Gunsten ergangene Urteil des Landgerichts und wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Aus den Entscheidungen des BGH vom 20.10.2016 könne die Klägerin nichts für sie günstiges herleiten, weil es in den dort entschiedenen Fällen keine ausreichende Zahl von Betreuungsplätzen gegeben habe. Im vorliegenden Fall hätte jedoch unstreitig jedes Kind bei einer Tagespflegeperson vermittelt werden können. Soweit die Klägerin dies in ihrer Berufungsbegründung nicht als unstreitig ansehe, hätte sie einen Tatbestandsberichtigungsantrag stellen müssen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Als Anspruchsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch kommt – worauf sie ihr Begehren auch stützt – allein § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG in Betracht. Bei der hier vorliegenden Konstellation sind – wie der Bundesgerichtshof (NJW 2017, 397 ff.) entschieden hat – weder Ansprüche aus einer analogen Anwendung des § 36a Abs. 3 S. 1 SGB VIII noch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670 BGB) gegeben.
Die Klägerin kann keinen Schadensersatz nach § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG verlangen, weil eine Amtspflichtverletzung der beklagten Stadt nicht festgestellt werden kann.
Aus § 24 Abs. 2 SGB VIII erwächst für den örtlich und sachlich zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Amtspflicht, im Rahmen seiner die Planungsverantwortung umfassenden Gesamtverantwortung sicherzustellen, dass für jedes anspruchsberechtigte Kind, für das ein entsprechender Bedarf rechtzeitig angemeldet worden ist, ein Betreuungsplatz zur Verfügung steht. Diese Pflicht kann der zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe dadurch erfüllen, dass er einen zumutbaren Platz entweder in einer Tageseinrichtung oder im Rahmen der Kindertagespflege zuweist. Beide Alternativen stehen prinzipiell gleichrangig nebeneinander.
Diese Amtspflicht ist – wie seit den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 20.10.2016 – III ZR 278/15, III ZR 302/15 und III ZR 303/15 geklärt ist – in Bezug auf die personensorgeberechtigten Eltern eines gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII anspruchsberechtigten Kindes drittschützend. Des Weiteren wird auch ein Verdienstausfallschaden vom Schutzbereich der Amtspflicht umfasst.
Die beklagte Stadt hat es durch ihr Antwortschreiben vom 19.03.2014 – wie es dem Muster gemäß Anlage CC 2 entspricht – nicht abgelehnt, ihrer Pflicht aus § 24 Abs. 2 SGB VIII nachzukommen und den Anspruch des Kindes der Klägerin auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege zu erfüllen. Maßgeblich hierfür ist, wie die Klägerin vom objektiven Empfängerhorizont das Schreiben der Beklagten verstehen musste.
Insoweit ist zunächst festzustellen, dass es sich um keinen ablehnenden Bescheid in Form eines rechtsmittelfähigen Verwaltungsaktes, sondern lediglich um eine „Information“ über den aktuellen Stand der Vormerkung der Klägerin im Kita-Navigator gehandelt hat. Es wird zum einen die Vorläufigkeit der Information („erste Phase“; „bisher noch keinen Platz“; „Platzvergabe noch längst nicht abgeschlossen“) und zum anderen zum Ausdruck gebracht, dass sich die Antwort der Beklagten nur auf die Vergabe der Kita-Plätze und nicht auch auf sonstige Betreuungsmöglichkeiten bezieht. In dem Schreiben der Beklagten wird ausdrücklich auf ein großes Angebot an Betreuungsplätzen in der Kindestagespflege/Großtagespflege hingewiesen.
Von daher durfte die Klägerin das Schreiben – aus objektiver Sicht – weder als endgültige Ablehnung noch als Ablehnung jeglicher Art von Betreuung verstehen.
Des Weiteren liegt keine Amtspflichtverletzung darin, dass die Beklagte der Klägerin nicht (wenigstens) konkret einen Betreuungsplatz im Rahmen der Kindertagespflege, der nach dem Vortrag der Beklagten verfügbar gewesen wäre, zugewiesen hat. Voraussetzung hierfür wäre, dass die Beklagte die Registrierung der Klägerin im Kita-Navigator nicht nur als Wunsch nach einem Kita-Platz, sondern auch als Nachfrage nach einem sonstigen Betreuungsplatz verstehen musste. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden.
Die Internetseite des Jugendamtes der Beklagten zur Kinderbetreuung (Muster Anlage CC 1; der Ausdruck ist zwar 2015 erfolgt; die Beklagte hat jedoch unbestritten vorgetragen, dass der Internetauftritt im Jahre 2013 gleichlautend war; im Übrigen müsste die für eine Amtspflichtverletzung darlegungspflichtige Klägerin Gegenteiliges vortragen) ist seinerzeit so aufgebaut gewesen, dass dort die verschiedenen Betreuungsmöglichkeiten aufgeführt gewesen sind und der sog. Kita-Navigator zum Auffinden eines Betreuungsplatzes in einer Düsseldorfer Kita und der sog. i-Punkt Familie als zentraler umfassender Service für eine Betreuung in einer Kita und in der Kindertagespflege angeboten worden ist. Von daher konnte die Beklagte die Registrierung der Klägerin im Kita-Navigator nicht in dem Sinne verstehen, dass sie umfassend die Zuweisung eines Betreuungsplatzes – welcher Art auch immer – erwartete. Es versteht sich auch nicht von selbst, dass es Eltern gleichgültig ist, welche Art von Betreuung ihren Kindern zuteil wird. Es dürfte – auch abhängig von der Angewiesenheit auf einen Betreuungsplatz – eine Vielzahl von Eltern geben, für die eine Betreuung im Rahmen einer Kindertagespflege nicht in Betracht kommt und die stattdessen eine längere Wartezeit für einen Kita-Platz in Kauf nehmen. Dementsprechend hat die Beklagte in ihrem Antwortschreiben vom 19.03.2014 auch mit dem Hinweis auf ihre Betreuungsmöglichkeiten in der Kindertagespflege/Großtagespflege und dem i-Punkt Familie zum Ausdruck gebracht, dass es insofern einer weiteren Kontaktaufnahme seitens der Klägerin bedürfe. Kontakt zur Beklagten zur Vermittlung eines Betreuungsplatzes ab dem 15.08.2014 hat die Klägerin jedoch nach der E-Mail vom 19.03.2014 nicht aufgenommen. Die von ihr behaupteten Kontaktaufnahmen zur AWO, dem SKFM und der Diakonie vermögen eine direkte Kontaktaufnahme zur beklagten Stadt nicht zu ersetzen, weil nur so eine übergeordnete Koordinierung möglich ist.
Eine Amtspflichtverletzung der Beklagten kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass sie ihre Informations- und Beratungspflichten verletzt hätte.
Nach § 24 Abs. 5 SGB VIII sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Abs. 1-4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten.
Gemessen daran ist die Information der Beklagten nicht zu beanstanden. Insbesondere ist nicht der unzutreffende Eindruck erweckt worden, dass durch die Registrierung im Kita-Navigator Betreuungsbedarf für sämtliche Betreuungsmöglichkeiten (einschließlich Kindertagespflege) angemeldet werde.
Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung rügt, dass das Landgericht von Informationen zu anderen Zeitpunkten als dem hier streitgegenständlichen ausgegangen sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie für die unzureichende Information der Beklagten darlegungs- und beweispflichtig ist und insofern nicht vorgetragen hat, wie die Information zum streitgegenständlichen Zeitraum ausgesehen haben soll. Die Klägerin kann auch nicht verlangen, dass ihr „gezielt“ Inhalte zugänglich gemacht würden. Die Klägerin hat sich selbst über das Internet registriert, so dass es ihr auch zumutbar gewesen ist, sich die Informationen der Beklagten über das Internet zu beschaffen. Im Übrigen hätte die Klägerin beim Jugendamt anrufen und einen Beratungstermin vereinbaren können.
Ferner bestehen auch erhebliche Zweifel am Erwerbswillen der Klägerin, die nach ihrem eigenen Vortrag nach der E-Mail der Beklagten vom 19.03.2014 erst im September 2014 aktiv geworden sein will, um eine Betreuungsmöglichkeit für ihr Kind zu finden. Das von ihr vorgelegte Schreiben ihres früheren Arbeitgebers vom 19.06.2015, in dem es lediglich heißt, dass die Klägerin ein Jahr Elternzeit beantragt gehabt habe und eine Rückkehr zu ihrem Arbeitsplatz 2014 zu jeder Zeit möglich gewesen wäre, ist im Hinblick auf einen konkreten Erwerbswillen der Klägerin nichtssagend.
Zudem fehlen jegliche Darlegungen zur familiären Situation im fraglichen Zeitraum.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 in Verbindung mit § 711 ZPO.
Ein Grund, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Streitwert 2. Instanz: 21.169,92 €
Eine Antwort auf „Irrwege für Eltern trotz Kita-Navigator, Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil v. 08.11.2017, Az. I-18 U 99/16“