Das NRW-Verfassungsgericht urteilt am 21. November über die Klage kleiner Parteien. Diese wurde maßgeblich von Paderborn aus vorbereitet
Paderborn. Die Parteienlandschaft wird immer bunter: Inzwischen acht Fraktionen beleben die Debatten im Paderborner Rat. Eine der ältesten Wählergemeinschaften in Paderborn jenseits der etablierten Parteien CDU, SPD, FDP und Grüne ist die Freie Bürgerinitiative FBI – Freie Wähler.
In ihren besten Zeiten bekam sie als Sammelbecken Nr. 1 von Proteststimmen in Paderborn um die acht Prozent der Stimmen. Bei der letzten Kommunalwahl machten jedoch nur noch 2,9 Prozent der Paderborner ihr Kreuzchen bei FBI-Fraktionschef Hartmut Hüttemann und seinen Mitstreitern – auch eine Folge der inzwischen insgesamt viel größeren Auswahl auf dem Wahlzettel.
Jetzt blickt die FBI Paderborn gespannt nach Münster. Denn dort entscheidet das NRW-Verfassungsgericht am 21. November auch über das künftige Schicksal der FBI in Paderborn. Denn seit letztem Jahr droht der schrumpfenden Partei unmittelbar Gefahr: Der Landtag hat nämlich mit der Zweidrittelmehrheit von CDU, SPD und Grünen die Verfassung geändert und eine 2,5-Prozent-Sperrklausel für Kommunalwahlen eingeführt. Und das, obwohl das NRW-Verfassungsgericht die bis 1999 geltende 5-Prozent-Sperrklausel für unzulässig erklärt hatte. Damit wäre die FBI auf Kreisebene schon jetzt nicht mehr im Paderborner Kreistag vertreten.
Sperrklausel bei Kommunalwahlen
Gleich nach der Parlamentsentscheidung in Düsseldorf war dem Paderborner Fraktionsvorsitzenden, der auch im Landesvorstand der FBI-Freier Wähler aktiv ist, klar: „Wir klagen.“ Noch am 30. Dezember letzten Jahres reichte die Landespartei um den Paderborner Vorsitzenden Hans-Josef Tegethoff über die Düsseldorfer Anwaltskanzlei Hofstegs Klage gegen die Verfassungsänderung ein. Folge ist nun ein sogenanntes Organstreitverfahren. Hüttemann: „Wir sehen die verfassungsmäßig geschützten Grundsätze der Gleichheit der Wahl und der Chancengleichheit der Parteien verletzt.“ NRW sei damit das einzige Bundesland überhaupt mit einer Sperrklausel bei Kommunalwahlen.
Hüttemann: „Diese Gesetzgebungskompetenz für Kommunalwahlen halten wir für äußerst zweifelhaft. Wahlstimmen für die Parteien unterhalb der Hürde würden dann den Großen zugute kommen. Ich bin noch heute enttäuscht, dass ausgerechnet auch die Grünen bei diesem Spiel mitgemacht haben.“ Eine normale Änderung des Wahlgesetzes hätten die großen Parteien seiner Ansicht nach nicht durchgebracht, also hätten sie sich für eine Verfassungsänderung entschieden.
Außer der Landespartei von FBI-Freie Wähler klagen noch sieben weitere Parteien in gleicher Sache, darunter auch Linke und NPD. Hüttemann: „Mit keinem von denen stehen wir oder unsere Anwälte in Kontakt, wir sind da völlig unabhängig voneinander.“
Weitere rechtliche Schritte sind angedacht
Der Verlauf der mündlichen Verhandlung in Münster am 24. Oktober stimmte Hartmut Hüttemann und die anderen Klagevertreter jedoch schon mal optimistisch: „Sämtliche Fragen des Gerichts gingen in Richtung der Gesetzgeber. Die hatten einen schweren Stand“, sagt Hüttemann und fügt hinzu: „Auf die Frage, warum man sich ausgerechnet auf 2,5 Prozent festgelegt habe und nicht zum Beispiel auf drei, musste am Ende zugegeben werden, dass dies ein willkürlicher Wert sei.“
Sollte das Verfassungsgericht am 21. November wider Erwarten die Sperrklausel doch bestätigen, wolle die Landes-FBI auf jeden Fall weitere rechtliche Schritte gehen. Sollte die Verfassungsänderung gekippt werden, glaubt Hüttemann dennoch nicht an eine ungestörte Zukunft für die kleinen Parteien. Er meint: „Dann werden die Großen sich etwas anderes überlegen. Aber es wäre sicher nicht gut für die Demokratie, wenn sich ganze Wählergruppen nicht mehr in den Räten vertreten sähen.“