Nach Grundstücksverkauf an Victoria
Düsseldorf. Weil der OB mit der FDP per Dringlichkeit ein Grundstück an die Victoria-Versicherung verkauft hat, schlugen gestern bei den Unterstützern des Bürgerbegehrens die Emotionen hoch. Während im Rat unter Polizeiaufsicht Transparente entfernt wurden, beschäftigte das Thema die Gerichte. Von Denisa Richters
„Machtmissbrauch“ und „Machtlosigkeit“ – das waren Begriffe, die kurz vor der Ratssitzung in der gut zwei Dutzend Protestierende zählenden Gruppe vor dem Rathaus immer wieder fielen. „Ich hab‘ so einen dicken Hals“, schimpfte Lutz Bürge. „Für viel Geld holen sich die Investoren die Filetstückchen in dieser Stadt.“ Bürge wohnt in der Nachbarschaft der Victoria-Versicherung und er zählt zu den Unterstützern der Initiative „Rettet den Golzheimer Friedhof“, die per Bürgerbegehren verhindern wollte, dass die Stadt ein bisher als Parkplatz genutztes, knapp 10000 Quadratmeter großes Areal an die Victoria-Versicherung verkauft.
Per Dringlichkeitsbeschluss hat OB Erwin mit FDP-Fraktionschefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann am Montag den Kauf perfekt gemacht – für 13,5 Millionen Euro soll das Grundstück an die Victoria gegangen sein. Entsprechend groß war bei der gestrigen Ratssitzung die Empörung bei Opposition und den Gegnern des geplanten Neubaus, die auf den Zuschauerrängen Transparente entrollten. Als sie sich beharrlich weigerten, sie zu entfernen, unterbrach Erwin die Sitzung. „Die Demokratie wird abgeschafft und alle schauen zu“, rief einer in den Saal hinab.
Nach einer Rangelei von OB-Büro-Mitarbeitern mit den Protestierenden musste sogar die Polizei eingreifen. Die Beamten sicherten Personalien und beobachteten die Lage bis zum Ende der Sitzung. Ein Eilantrag des Rechtsanwalts der Initiative, Henning Obst, den Beschluss für unwirksam zu erklären, war zuvor vom Verwaltungsgericht Düsseldorf mit der Begründung abgelehnt worden, dass das Bürgerbegehren am 17. September vom Rat als nicht zulässig eingestuft worden sei. „Eine abenteuerliche Argumentation“, sagte Obst und legte beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster Beschwerde ein. Das OVG ist, zumindest zunächst, den Richtern in Düsseldorf nicht gefolgt (s. Info-Kasten), will erst nach Einsicht in sämtliche Akten und Anhörung der Betroffenen entscheiden.
Erwin gab sich gelassen: „Wir haben völlig legitim gehandelt, das hat das Düsseldorfer Gericht richtig erkannt. Wir tragen schließlich auch die Verantwortung, dass die Stadt prosperiert und Arbeitsplätze entstehen.“ Zu den Protestlern auf den Zuschauerrängen meinte Erwin, der Rat sei kein Studentenparlament. „Wenn man verloren hat, hat man nicht gewonnen.“ Gleichzeitig geißelte er die Opposition als Verfechterin eines sozialen Betreuungsstaats. Die hatte zuvor versucht, den umstrittenen Dringlichkeitsbeschluss im öffentlichen Teil der Sitzung zu diskutieren, bekam dafür aber keine Mehrheit. CDU und FDP stimmten dem Dringlichkeitsbeschluss, wie zu erwarten, zu.
Quelle: RP