Die Verwendung eines abstrakt gefährlichen Gegenstands – hier eines Klappmessers – zu einem nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch – hier Reparaturversuch an einer Uhr – läuft den wohlverstandenen Interessen des Dienstherrn zuwider und steht deshalb der Anerkennung eines Unfallereignisses als Dienstunfall entgegen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.
„Kein Dienstunfallschutz für Reparaturversuch an einer Wanduhr im Dienstzimmer mit einem privaten Klappmesser, Urteil v. 13.03.2025, Az. 2 C 8.24“ weiterlesenDie Ermittlungsperson im Disziplinarverfahren
„Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat der Dienstvorgesetzte die Dienstpflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten.“ So regeln es die Disziplinargesetze von Bund, Ländern und auch der ev. Kirche nahezu wortidentisch.
Völlig unterschiedlich verhalten sich die Gesetze aber zu der Frage, durch wen genau die Ermittlungen zu führen sind. Zwar sind sie stets von dem Disziplinarvorgesetzten (bzw. der Disziplinarbehörde) zu verantworten. Aber wem wird die Aufgabe der Beweiserhebung, z.B. der Zeug:innenvernehmung, der Anhörung der/des Beschuldigten konkret übertragen?
Hier sind grundsätzlich fünf Regelungsmodelle zu unterscheiden:
„Die Ermittlungsperson im Disziplinarverfahren“ weiterlesenGesundheitliche Eignung von Bewerbern für den Polizeidienst, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 13.02.2025, Az. 2 C 4.24
Die gesundheitliche Eignung für den Polizeidienst ist anzunehmen, wenn die Bewerber den besonderen Anforderungen dieses Dienstes genügen. Dies gilt nicht nur für den aktuellen Gesundheitszustand, sondern auch für künftige Entwicklungen, die angesichts einer bekannten Vorerkrankung zu erwarten sind. Bei einem gegenwärtig voll polizeidienstfähigen Bewerber kann die gesundheitliche Eignung aber nur verneint werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt der Polizeidienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.
„Gesundheitliche Eignung von Bewerbern für den Polizeidienst, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 13.02.2025, Az. 2 C 4.24“ weiterlesenDisziplinarsanktion, wenn Bezügemitteilungen nicht geprüft werden?, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 05.12.2024, Az. 2 C 3.24
Zu den Dienstpflichten eines Beamten zählt, Besoldungsmitteilungen bei wesentlichen Änderungen der dienstlichen oder persönlichen Verhältnisse auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Pflichtverletzungen sind jedoch nur bei Vorsatz disziplinarwürdig. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.
„Disziplinarsanktion, wenn Bezügemitteilungen nicht geprüft werden?, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 05.12.2024, Az. 2 C 3.24“ weiterlesenPersonalrat ist nicht vor überlangen Gerichtsverfahren geschützt, Bundesverwaltungsgericht, Urteile v. 14.11.2024, Az. 5 C 5.23, 5 C 6.23 und 5 C 7.23
Einem Personalrat stehen Ansprüche gegen den Staat auf Entschädigung wegen der unangemessenen Dauer eines vorangegangenen personalvertretungsrechtlichen Gerichtsverfahrens auch dann nicht zu, wenn er als Entschädigung nur die gerichtliche Feststellung der Überlänge begehrt. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
„Personalrat ist nicht vor überlangen Gerichtsverfahren geschützt, Bundesverwaltungsgericht, Urteile v. 14.11.2024, Az. 5 C 5.23, 5 C 6.23 und 5 C 7.23“ weiterlesenVerfahrenslupe 🔍: überlange Verfahrensdauer in der Kostenfestsetzung
In einem hier vertretenen Verfahren ist offenbar der Wurm drin. Seit Januar 2019 wird um die Kostenentscheidung(en) mal gerungen oder mal auf sie gewartet. Ob es hierfür einen sachlichen Grund gibt? Und ob das Land Nordrhein-Westfalen tatsächlich insgesamt 216.000,- € Entschädigungen wegen überlanger Verfahrensdauer auszahlen muss? Vier Jahre nach dem Berufungsurteil liegen nun abschließende Entscheidungen vor, von denen eine wohl noch korrigiert wird.
Das Verfahren eignet sich für eine nähere Betrachtung in der Verfahrenslupe:
„Verfahrenslupe 🔍: überlange Verfahrensdauer in der Kostenfestsetzung“ weiterlesenPotenzialfeststellung für Beförderungen rechtswidrig, Bundesverwaltungsgericht, Beschluss v. 29.10.2024, Az. 1 WB 36.23
Die gegenwärtige Praxis der Bundeswehr, das Personal für den Aufstieg in die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes auch mit Hilfe einer sogenannten Potenzialfeststellung auszuwählen, bedarf einer gesetzlichen Regelung. Das hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts entschieden.
„Potenzialfeststellung für Beförderungen rechtswidrig, Bundesverwaltungsgericht, Beschluss v. 29.10.2024, Az. 1 WB 36.23“ weiterlesenEntlassung aus dem Pfarrdienst kraft Gesetzes nach Beurlaubung, Verwaltungskammer bei dem Kirchengericht der EKD, Urteil v. 28.02.2024, Az. 0136/A6-2022
Soweit ersichtlich hatte das Kirchengericht der Ev. Kirche in Deutschland durch seine Verwaltungskammer in diesem Jahr erstmalig über einen besonderen Entlassungstatbestand des Pfarrdienstrechts zu entscheiden, den es in vergleichbarer Form im staatlichen Dienstrecht nicht gibt: die Entlassung kraft Gesetzes wegen der Nicht-Wiederaufnahme des Dienstes nach einer Beurlaubung.
Die Vorschrift des § 97 Abs. 1 Nr. 5 PfDG.EKD lautet:
„(1) Pfarrerinnen und Pfarrer sind kraft Gesetzes entlassen, wenn sie […]
5. durch ihr Verhalten nach Ablauf einer Beurlaubung erkennen lassen, dass sie den Dienst nicht wieder aufnehmen wollen […](2) Die für die Berufung zuständige Stelle entscheidet darüber, ob die Voraussetzungen nach Absatz 1 vorliegen und stellt den Tag der Beendigung des Pfarrdienstverhältnisses fest.“
Das genaue Verfahren für eine derartige Entlassung regelt das Gesetz nicht. Das Klageverfahren warf daher u.a. die Fragen auf, ob der beklagten Landeskirche ein Ermessen zusteht, welches Verhalten aus welchem Zeitraum „Verhalten nach Ablauf einer Beurlaubung“ darstellen könne und ob auch die Pfarrvertretung im Verfahren zu beteiligen war.
Das Kirchengericht hat die Klage abgewiesen und die Entlassung kraft Gesetzes bestätigt. Das Urteil ist rechtskräftig geworden.
eigene Leitsätze
- Der Regelungsinhalt eines Verwaltungsaktes beschränkt sich bei der Entlassung kraft Gesetzes auf die Feststellung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen und des Tages der Beendigung des Pfarrdienstverhältnisses. Die Rechtsfolge ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Ein Ermessen besteht nicht.
- Die unbestimmten Rechtsbegriffe „durch ihr Verhalten erkennen lassen“ und „nicht wieder aufnehmen wollen“ sind gerichtlich voll überprüfbar.
- Indem § 97 Abs. 1 Nr. 5 PfDG.EKD ausdrücklich an das Verhalten der Pfarrerin oder des Pfarrers nach Ablauf einer Beurlaubung anknüpft, knüpft dieses Tatbestandsmerkmal nicht an einzelne Handlungen an, sondern an das Verhalten der Person in seiner Gesamtheit. Das schließt nicht aus, für die Auslegung des Verhaltens nach Ablauf der Beurlaubung auch Handlungen und Erklärungen in den Blick zu nehmen, die bereits vor Ablauf der Beurlaubung vorgenommen worden sind.
- Die Versetzung in den Wartestand ist kein milderes Mittel zur Entlassung kraft Gesetzes.
- Eine Beteiligung der Pfarrvertretung scheidet im Falle einer Entlassung kraft Gesetzes aus.
Die Entscheidung lautet im Volltext:
„Entlassung aus dem Pfarrdienst kraft Gesetzes nach Beurlaubung, Verwaltungskammer bei dem Kirchengericht der EKD, Urteil v. 28.02.2024, Az. 0136/A6-2022“ weiterlesenkein Anspruch auf Festsetzung von Anwaltsgebühren in gleicher Höhe für alle Parteien, Anwaltsgerichtshof NRW, Beschluss v. 27.08.2024, Az. 1 AGH 39/17
Im Rahmen eines Kostenausgleichungsverfahrens war es zu der besonderen Situation gekommen, dass eine Partei für die anwaltliche Vertretung vor dem Anwaltsgerichtshof in der ersten Instanz Gebühren nach Ziff. 3300 Nr. 2 VV RVG mit dem Quotienten 1,6 angemeldet hatte, während andere Parteien für die anwaltliche Vertretung in derselben Instanz Gebühren nach Ziff. 3100 VV RVG mit dem Quotienten 1,3 angemeldet hatten.
Der Senat hat nunmehr entschieden, dass es sich zwar jeweils um Verfahrensgebühren handele, aber kein Anspruch auf Festsetzung in gleicher Höhe besteht, wenn betragsmäßig andere Höhen beantragt wurden. Der Kostenausgleich sei dann beschränkt, weil Urkundsbeamte (und Senat) an den ursprünglichen Antrag gem. § 88 VwGO gebunden seien.
„kein Anspruch auf Festsetzung von Anwaltsgebühren in gleicher Höhe für alle Parteien, Anwaltsgerichtshof NRW, Beschluss v. 27.08.2024, Az. 1 AGH 39/17“ weiterlesenStreitwert einer Professur auf Lebenszeit, Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss v. 19.07.2024, Az. 5 So 73/23
In einem vor dem Verwaltungsgericht Hamburg und dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht geführten Rechtsstreit um die Entfristung von Professor:innenstellen hat das Oberverwaltungsgericht nun nachträglich den Streitwert des Verfahrens der ersten Instanz (Verwaltungsgericht Hamburg, Beschluss v. 08.05.2023, Az. 21 E 5067/22) korrigiert.
Während das Verwaltungsgericht zunächst von einem Streitwert in Höhe von 16.663,11 € ausging, ist nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts der doppelte Streitwert der Richtige(re).
Denn die Entfristung einer Professor:innenstelle stelle nicht bloß die Verleihung eines anderen Amtes dar und sei nicht mit einer Beförderung vergleichbar.
Durch die Verdopplung des Streitwerts erhöhen sich die gesetzlichen Gebühren für die (vom Land zu erstattenden) Rechtsanwaltsgebühren und die Gerichtskosten um ca. 35 %.
Das Oberverwaltungsgericht selbst hatte übrigens im selben Verfahren mit Beschluss vom 22.09.2023 (Az. 5 Bs 66/23) auch den fehlerhaft niedrigeren Streitwert angesetzt. Diese Festsetzung wurde im Nachgang ebenfalls geändert (Beschluss v. 15.08.2024, Az. 5 So 69/24).
Die Entscheidung über die Streitwertbeschwerde lautet im Volltext:
„Streitwert einer Professur auf Lebenszeit, Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss v. 19.07.2024, Az. 5 So 73/23“ weiterlesen