Seit Jahren treibt uns im Beamtenrecht eine Frage immer wieder um: darf gegen eine Maßnahme des Dienstherrn sofort geklagt werden oder muss vorher ein Widerspruch eingelegt werden? Der Landtag hatte vor ein paar Jahren das Landesbeamtengesetz entsprechend geändert, aber die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens immer nur befristet. Mit der Folge, dass das Widerspruchsverfahren immer wieder zu kommen „drohte“. (siehe auch unser Beitrag aus dem Jahr 2012: weiterhin kein Widerspruchsverfahren) Nun gibt es hoffentlich Klarheit ab 2015!
Bislang lautet § 104 Abs. 1 LBG NRW:
„Für Klagen der Beamten, Ruhestandsbeamten, früheren Beamten und der Hinterbliebenen aus dem Beamtenverhältnis ist ein Vorverfahren nicht erforderlich. Dies gilt nicht für Maßnahmen, denen die Bewertung einer Leistung im Rahmen einer berufsbezogenen Prüfung zugrunde liegt, sowie für Maßnahmen in besoldungs-, versorgungs-, beihilfe-, heilfürsorge-, reisekosten-, trennungsentschädigungs- und umzugskostenrechtlichen Angelegenheiten. Satz 1 ist bis zum 31. Dezember 2014 befristet.„
Die Tücke steckt also im letzten Satz.
kuriose Folgen zum Jahresende
Wenn also noch in diesem Jahr eine Klage eines Beamten erhoben werden soll, darf das direkt bei Gericht geschehen. Ende des Jahres läuft diese Vorschrift aber aus, dann würde es automatisch wieder ein Vorverfahren geben und auch das kann man kürzer fassen: dann muss ein Widerspruch beim Dienstherrn eingelegt werden.
Kuriose Sonderfälle ergeben sich also, wenn der Dienstherr im Dezember noch etwas entscheidet und der Beamte erst im Januar ein Rechtsmittel einlegen will. Dann kann es sein, dass das Schreiben selbst noch mitteilt, man könne Klage einreichen. Tatsächlich gilt aber ab dem 01.01.2015 dann wieder das Widerspruchsverfahren.
Überhaupt: will man das eigentlich wieder, das Widerspruchsverfahren?
Das kommt darauf an, ob man eher den Worten oder eher den Taten des nordrhein-westfälischen Landtags glaubt. Denn das Widerspruchsverfahren ist eigentlich schon seit dem 01.11.2007 abgeschafft. Auch beteuern die Landesregierung und alle Fraktionen im Landtag, dass man grundsätzlich – von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen – direkt die Klage ermöglichen möchte. Soweit die warmen Worte.
Gleichzeitig hat sich der Landtag nicht getraut, die Frist im letzten Satz vollständig aufzuheben und somit Fakten zu schaffen.
Und als ob das für die Beamten nicht schon verwirrend genug wäre, hat er das Widerspruchsverfahren immer nur kurzfristig verlängert ausgesetzt. So zum Beispiel bis Ende 2012. Erst Ende Oktober 2012 wurde die Frist dann um ein Jahr verlängert bis Ende 2013. Und als die Frist wieder abzulaufen drohte, wurde erneut das Gesetz um ein Jahr verlängert bis Ende 2014. Die Entscheidung fiel aber erst im Dezember 2013. Und als ob man sich also nicht mehr daran erinnern könnte, dass hier keine ernsthaften Entscheidungen getroffen, sondern jeweils nur „Vertagungen“ vorgenommen worden sind, ist der Landtag offenbar auch in diesem Jahr völlig überrascht, dass das Widerspruchsverfahren wieder auszulaufen „droht“. Dabei hat er es selbst so beschlossen und weiß seit April diesen Jahres, dass sich die Landesregierung mit einem neuen Gesetzentwurf einbringen wollte. Das hat sie im Sommer getan. Zu spät aus der Sicht einiger Landtagsfraktionen. Denn man wusste schon im Juli nicht mehr, ob es überhaupt noch gelingen könnte, jetzt eine Beratung und Beschlussfassung bis Ende des Jahres durchzuführen.
Verrückte Welt also, könnte man meinen. Eigentlich will man kein Widerspruchsverfahren, aber abschaffen will man es auch nicht. Was bringt also die Zukunft?
Ausblick 2015: endlich mehr Klarheit!
Sie wird hoffentlich endlich Klarheit schaffen. Denn die Ankündigung, man könne das Gesetz evtl. nicht mehr bis Jahresende beraten und beschließen, dürfte wohl vor allen Dingen eine politische Drohung gewesen sein. Am 4. November nun wird eine öffentliche Anhörung im Landtag stattfinden, in den letzten Monaten wurden bereits schriftliche Stellungnahmen eingeholt. Die Bewertung von Gesetzentwurf und Ausschüssen ist dabei bislang eindeutig: die Befristung des Widerspruchsverfahrens wird aufgegeben, es wird ganz abgeschafft. Das Landesrecht wird sich also endgültig für die Klage entscheiden. Nur die Ausnahmen, die jetzt schon für das Beihilfe- und Bezügerecht vorgesehen sind, bleiben erhalten.
Den Tag, an dem der Landtag NRW dies beschließt, kann man sich also getrost rot im Kalender anstreichen. Denn dann wird endlich wieder dauerhaft Rechtsklarheit herrschen. Das bisherige Hin und Her kurz vor Jahresende war für Beamte und Verwaltungen undankbar. Und die Unentschlossenheit des Gesetzgebers war auch kein Ruhmesblatt. Es ist also gut, wenn er sich nun – wie im Gesetzentwurf vorgeschlagen – endgültig entscheidet. Und ich bin sicher, das schafft er noch vor Jahresende.