Weinheim. Die heiße Phase der Debatte über ein Gewerbegebiet „Breitwiesen“ hat begonnen. Gestern Abend informierte die Bürgerinitiative (BI) über das von ihr in Auftrag gegebene Gutachten von Rechtsanwalt Robert Hotstegs. Dieser kommt – im Gegensatz zum Gutachter der Stadtverwaltung – zu dem Schluss, dass das Bürgerbegehren zulässig sei und der Gemeinderat am 21. März einen Bürgerentscheid beschließen könne. Etwa 100 Besucher diskutierten im Rolf-Engelbrecht-Haus aber nicht nur juristische Standpunkte, sondern äußerten sich auch zur künftigen Stadt- und Gewerbeentwicklung sowie zur „qualifizierten Bürgerbeteiligung“.
„Bürgerräte ungeeignet“
Der grüne Landtagsabgeordnete und Stadtrat Uli Sckerl hatte dazu schon am Mittag eine Erklärung an die Medien verschickt: „Spontan gebildete Bürgerräte dürften kaum das geeignete Instrument in der Breitwiesen-Diskussion sein.“ In Baden-Württemberg stehe die Arbeit mit Bürgerräten erst ganz am Anfang. Bisherige Versuche, in kommunalen Konflikten Bürgerräte zu etablieren, seien erst einmal gescheitert.
OB Bernhard: „Noch nicht zu spät“
Sieben Stunden vor der Veranstaltung der BI hatte wiederum die Verwaltungsspitze zu einem Pressegespräch ins Rathaus eingeladen. Dort erläuterten Oberbürgermeister Heiner Bernhard, Erster Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner und der Leiter des Amtes für Stadtentwicklung, Sven-Patrick Marx, den Beschlussantrag der Verwaltung für die entscheidende Sitzung des Gemeinderates am Mittwoch, 21. März (17 Uhr, Rolf-Engelbrecht-Haus, Breslauer Straße). Auf 15 Seiten vertritt die Verwaltung in der Sitzungsvorlage ausführlich ihren Standpunkt. Die wesentlichen Botschaften:
Die Stadtverwaltung hält das von mehr als 4600 Weinheimern unterstützte Bürgerbegehren für unzulässig, weil es eine Frage der Bauleitplanung betrifft, was laut Gemeindeordnung ein „Ausschlusstatbestand“ sei. Dabei stützt sich die Verwaltung auf das Gutachten von Dr. Thomas Burmeister und verweist auf ein Rechtsgespräch mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe.
Da der unabhängigen Prüfung der Rechtslage eine entscheidende Bedeutung zukomme, habe der Gemeinderat keinen „Einschätzungs- und Ermessensspielraum“, sondern eine „gebundene Entscheidung“ zu treffen. Sollte die Mehrheit der Stadträte dennoch das Bürgerbegehren für zulässig erklären, müsse er Widerspruch gegen diese Entscheidung einlegen, erklärte der OB. Das sei keine „Drohgebärde“, sondern ein „notwendiger Hinweis“, welche Folgen dies hätte.
Da man die vielen Unterschriften für ein Bürgerbegehren nicht ignorieren wolle und grundsätzlich einem Bürgerentscheid zum Thema Breitwiesen offen gegenüberstehe, schlage die Verwaltung dem Gemeinderat eine qualifizierte Bürgerbeteiligung mit einem „Forumsdialog“ der Konfliktparteien und zufällig ausgewählten „Bürgerräten“ vor.
Am Ende der qualifizierten Bürgerbeteiligung seien dann immer noch alle Optionen offen: Die Fortsetzung des Verfahrens zur Änderung des Flächennutzungsplans (FNP), die Rücknahme des Aufstellungsbeschlusses vom 19. Oktober 2011 und die Durchführung eines Bürgerentscheids. „Es ist noch nicht zu spät“, betonte OB Heiner Bernhard auch mit Blick auf den künftigen Regionalplan.
Gewissermaßen als vertrauensbildende Maßnahme schlägt die Verwaltung dem Gemeinderat vor, bis zum Abschluss der Bürgerbeteiligung keine weiteren Schritte im begonnenen FNP-Änderungsverfahren zu unternehmen. pro