Saarländisches Oberlandesgericht weist Antrag der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen einen früheren Lehrbeauftragten zurück, Pressemitteilung v. 21.02.2012

Durch heute verkündetes Urteil, Az. 5 U 207/11-31, hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, den die Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes und der Leiter ihrer Personalabteilung gegen einen früheren Lehrbeauftragten gestellt hatte, zurückgewiesen.

Der frühere, inzwischen 82jährige Lehrbeauftragte hatte unter dem Namen „Dr. K. Odie“ offene Briefe an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes gerichtet. Darin hatte er unter anderem die Einstellung Leiters der Personalabteilung unter Berufung auf eine angebliche „Väter-Wanderfreunde-Seilschaft“ zwischen dem Verwaltungsdirektor der Hochschule und dem Vater des Leiters der Personalabteilung der Hochschule der Kritik unterzogen. Dabei hatte er sich auf ein angeblich über das Internet einsehbares Foto bezogen, das eine solche Bekanntschaft abbilden solle.
Der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts hat in seinem heute verkündeten Urteil ausgeführt:
Zwar beeinträchtigten die Inhalte des „Offenen Briefs Nr. 6“ den Ruf der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes und das Persönlichkeitsrecht des Leiters ihrer Personalabteilung. Die unter dem Pseudonym „Dr. K. Odie“ publizierte Äußerung falle jedoch unter den verfassungsrechtlichen Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit. Zwar sei weder bewiesen noch widerlegt, dass es ein im Internet erreichbares Foto gegeben habe, das eine persönliche Beziehung des Verwaltungsdirektors der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes und des Vaters ihres jetzigen Leiters der Personalabteilung anzunehmen erlaube. Der Verfasser des „Offenen Briefes Nr. 6“ habe jedoch seiner Behauptung hinreichend sorgfältige Recherchen – vor allem Gespräche mit Mitgliedern des Personalrats – zugrunde gelegt. Kritik an der Einstellungspraxis einer Körperschaft des öffentlichen Rechts – wie der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes – sei, auch wenn ihre Berechtigung im Ergebnis offen bleibe, Gegenstand einer Diskussion von öffentlichem Interesse, die gerade in der öffentlichen Verantwortung stehende Institutionen und Personen in bestimmten Grenzen im Interesse der Transparenz der öffentlichen Verwaltung hinzunehmen hätten. Das Saarländische Oberlandesgericht hat insoweit ausgeführt:

„Die Besetzung öffentlicher Ämter – gerade auch an Hochschulen – ist regelmäßig Gegenstand der öffentlich geführten Diskussion und Meinungsbildung. Es handelt sich dabei um eine für die öffentliche Verwaltung besonders bedeutsame Frage. Denn von der ordnungsgemäßen Besetzung vor allem herausgehobener Positionen … hängt das Vertrauen der Menschen in die Funktionsfähigkeit der Verwaltung und damit des demokratisch verfassten Staates ab. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die Verfassung selbst es gebietet, jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte zu gewähren…. Vor diesem Hintergrund ist ein billigenswertes Anliegen des Verfügungsbeklagten anzuerkennen, sich über die seines Erachtens erfolgten Unregelmäßigkeiten bei der Stellenbesetzung innerhalb der [Hochschule] zu äußern und diesbezüglich seine Auffassung zum Ausdruck zu bringen.“