Die Ermittlungsperson im Disziplinarverfahren

„Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat der Dienstvorgesetzte die Dienstpflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten.“ So regeln es die Disziplinargesetze von Bund, Ländern und auch der ev. Kirche nahezu wortidentisch.

Völlig unterschiedlich verhalten sich die Gesetze aber zu der Frage, durch wen genau die Ermittlungen zu führen sind. Zwar sind sie stets von dem Disziplinarvorgesetzten (bzw. der Disziplinarbehörde) zu verantworten. Aber wem wird die Aufgabe der Beweiserhebung, z.B. der Zeug:innenvernehmung, der Anhörung der/des Beschuldigten konkret übertragen?

Hier sind grundsätzlich fünf Regelungsmodelle zu unterscheiden:

  • keine Regelung der Ermittlungsperson
    • Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Niedersachsen, Saarland, Sachsen, der Bund und die ev. Kirche sehen in ihren Disziplinargesetzen keine besonderen Regelungen für Ermittlungspersonen vor. Daher können diese Aufgaben an – ggf. auch unterschiedliche und wechselnde – Personen nach allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen vergeben werden. Auch die Übertragung an Mitarbeitende anderer Behörden (z.B. im Wege der Amtshilfe) oder die Vergabe der Ermittlungen an externe Ermittlungspersonen (z.B. Rechtsanwält:innen) sind nicht spezialgesetzlich ausgeschlossen.
  • Zulassung interner und externer Ermittlungspersonen
    • Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein sehen die Beauftragung einer Ermittlungsperson aus dem Behördenkreis vor. Von diesem Vorbehalt kann aber abgewichen werden, sodass ausdrücklich Mitarbeitende anderer Behörden herangezogen werden dürfen und auch externe Ermittlungspersonen ausdrücklich gesetzlich zugelassen sind.
  • einfacher Behördenvorbehalt
    • Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen sehen die Beauftragung einer Ermittlungsperson aus dem Behördenkreis vor. Von diesem Vorbehalt kann aber abgewichen werden, sodass ausdrücklich Mitarbeitende anderer Behörden herangezogen werden dürfen, externe Ermittlungspersonen sind nicht gesetzlich ausgeschlossen.
  • strenger Behördenvorbehalt
    • Hamburg, Hessen und Sachsen-Anhalt sehen die Beauftragung einer Ermittlungsperson ausschließlich aus der eigenen oder einer anderen Behörde vor. Externe Ermittlungspersonen sind durch die Legaldefinition ausgeschlossen.
  • absoluter Behördenvorbehalt
    • ein absoluter Vorbehalt, wonach gesetzlich nur die Ermittlungen durch Angehörige der eigenen Dienststelle zugelassen wären und zugleich Mitarbeitende anderer Behörden und externe Ermittlungspersonen ausgeschlossen wären, existiert derzeit nicht.

Im Detail bestehen folgende Regelungen:

BundeslandNormInhalt
BayernBayDG, BayDVKommDGkeine Regelung der Ermittlungsperson
Baden-WürttembergLDG BWkeine Regelung der Ermittlungsperson
BerlinBerlDiszGkeine Regelung der Ermittlungsperson
Brandenburg§ 4 S. 2 LDG Bbg: "Beschäftigte, die mit Ermittlungen beauftragt werden, sollen für die Dauer ihrer Tätigkeit von ihrem Hauptamt so weitgehend entlastet werden, dass der Abschluss der Ermittlungen durch ihre hauptamtliche Tätigkeit nicht verzögert wird."keine Regelung der Bestellung/Ernennung einer Ermittlungsperson; externe Ermittlungsperson nicht ausgeschlossen
BremenBremDGkeine Regelung der Ermittlungsperson
Hamburg§ 23 Abs. 4 HmbDG:
"Zur Ermittlungsführerin oder zum Ermittlungsführer können Beamtinnen oder Beamte der Laufbahngruppe 2 oder Beschäftigte mit gleichwertiger Qualifikation bestellt werden. § 47 Absatz 1 Nummern 1 bis 5 und Absätze 3 und 4 gilt entsprechend."
keine externe Ermittlungsperson
Hessen§ 24 Abs. 3 HDG:
"Mit der Durchführung der Ermittlungen können die Dienstvorgesetzten Bedienstete der eigenen Behörde oder anderer Behörden im Einvernehmen mit deren Behördenleitungen betrauen. Für die Durchführung der Ermittlungen sind sie im Hauptamt so weit zu entlasten, dass die Ermittlungen ohne Verzögerung geführt werden können. Die mit der Durchführung betrauten Bediensteten anderer Behörden unterliegen insoweit der Weisungsbefugnis der oder des für das Disziplinarverfahren zuständigen Dienstvorgesetzten."
keine externe Ermittlungsperson
Mecklenburg-Vorpommern§ 23 Abs. 2 LDG M-V:
"Mit der Durchführung der Ermittlungen können die Dienstvorgesetzten geeignete Bedienstete der eigenen Behörde oder anderer Behörden im Einvernehmen mit deren Behördenleitungen betrauen. Die mit der Durchführung betrauten Bediensteten anderer Behörden unterliegen insoweit der Weisungsbefugnis des für das Disziplinarverfahren zuständigen Dienstvorgesetzten. Stehen geeignete Bedienstete nicht zur Verfügung, können die Dienstvorgesetzten auch andere geeignete Personen mit der Durchführung der Ermittlungen betrauen. Sie verarbeiten die personenbezogenen Daten im Auftrag. Näheres regelt ein Vertrag. Satz 2 gilt entsprechend. Die in Satz 2 und 3 genannten Personen sind zur Vertraulichkeit und Verschwiegenheit zu verpflichten. Über die Verpflichtung ist eine Niederschrift anzufertigen, die der Verpflichtete mit unterzeichnet."
externe Ermittlungsperson ausdrücklich zulässig
Nordrhein-Westfalen§ 4 Abs. 2 LDG NRW:
"Ermittlungen sind in der Regel von Beamtinnen und Beamten durchzuführen. Für die Durchführung von Ermittlungen sind sie im Hauptamt soweit zu entlasten, dass die Ermittlungen ohne Verzögerungen geführt werden können."
externe Ermittlungsperson nicht ausgeschlossen
NiedersachsenNDiszGkeine Regelung der Ermittlungsperson
Rheinland-Pfalz§ 28 LDG RLP:
"(1) Der Dienstvorgesetzte kann zur Durchführung der Ermittlungen einen Ermittlungsführer bestellen.

(2) Der Ermittlungsführer soll für die Dauer seiner Tätigkeit in dem Hauptamt so weit entlastet werden, daß der beschleunigte Abschluß der Ermittlungen durch seine hauptamtliche Tätigkeit nicht verzögert wird."
externe Ermittlungsperson nicht ausgeschlossen
SaarlandSDGkeine Regelung der Ermittlungsperson
SachsenSächsDGkeine Regelung der Ermittlungsperson
Sachsen-Anhalt§ 21 DG LSA:
"Mit der Durchführung der Ermittlungen können im Einzelfall oder auf Dauer hierzu geeignete Bedienstete der eigenen Dienststelle oder anderer Dienststellen der Landesverwaltung im Einvernehmen mit deren Leitungen betraut werden (Ermittlungsführer). Die Ermittlungsführer anderer Dienststellen unterliegen insoweit der Weisungsbefugnis des für das Disziplinarverfahren zuständigen Dienstvorgesetzten. Sie sind für die Dauer ihrer Tätigkeit im Hauptamt so weit zu entlasten, dass der Abschluss der Ermittlungen durch ihre hauptamtliche Tätigkeit nicht verzögert wird."
keine externe Ermittlungsperson
Schleswig-Holstein§ 22 Abs. 1 S. 4-7 LDG SH:
"Die oder der Dienstvorgesetzte kann zur Durchführung der Ermittlungen im Einzelfall oder auf Dauer geeignete Bedienstete als Ermittlungsführerin oder Ermittlungsführer bestellen. Stehen geeignete Bedienstete nicht zur Verfügung, können auch andere geeignete Personen bestellt werden. Unbeschadet dessen kann die oder der Dienstvorgesetzte jederzeit die Ermittlungen an sich ziehen und Beweiserhebungen selbst durchführen. Die Ermittlungsführerin oder der Ermittlungsführer ist an die Weisungen der oder des Dienstvorgesetzten gebunden und soll als Bedienstete oder Bediensteter bei Übertragung im Einzelfall für die Dauer der Aufgabe im Hauptamt entlastet werden."
externe Ermittlungsperson ausdrücklich zulässig
Thüringen§ 28 ThürDG:
"Der Dienstvorgesetzte kann zur Durchführung der Ermittlungen einen Ermittlungsführer bestellen; dessen ungeachtet können er, der höhere Dienstvorgesetzte oder die oberste Dienstbehörde jederzeit die Ermittlungen an sich ziehen und Beweiserhebungen selbst durchführen. Der Ermittlungsführer soll für die Dauer seiner Aufgabe im Hauptamt entlastet werden. Gehört der Ermittlungsführer einer anderen Behörde als der Dienstvorgesetze an, kann die Bestellung nur im Einvernehmen mit dieser Behörde erfolgen. Die Weisungsbefugnis des Dienstvorgesetzten gegenüber dem Ermittlungsführer bezüglich des Ermittlungsverfahrens wird davon nicht berührt. Weisungen des Dienstvorgesetzten dürfen die Wahrnehmung der sonstigen Dienstgeschäfte des Ermittlungsführers nicht beeinträchtigen."
externe Ermittlungsperson nicht ausgeschlossen
BundBDGkeine Regelung der Ermittlungsperson
ev. KircheDG.EKDkeine Regelung der Ermittlungsperson

Stand: 12.03.2025