Anerkennung einer Berufskrankheit bei Beamten erst nach Listung der Krankheit in der Berufskrankheitenverordnung möglich, Bundesverwaltungsgericht, Az. 2 C 46.13, Pressemitteilung v. 10.12.2015

Bei Beamten kann eine Krankheit nur dann als Berufskrankheit anerkannt werden, wenn sie zum Zeitpunkt der Erkrankung bereits in der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung gelistet war. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.

Bei dem Kläger handelt es sich um einen im Ruhestand befindlichen ehemaligen Bediensteten einer Justizvollzugsanstalt. In den 1990er-Jahren beaufsichtigte er über einen Zeitraum von ca. zweieinhalb Jahren Gefangene in einem Werksbetrieb, die Bürosessel fertigten. Hierbei wurden zwei lösungsmittelhaltige Klebstoffe verwendet. Spätestens im November 1997 erkrankte der Kläger an Polyneuropathie. Diese Erkrankung wurde bei Exposition zu organischen Lösungsmitteln zum 1. Dezember 1997 in die Liste der Berufskrankheiten der Berufskrankheitenverordnung aufgenommen. Der Kläger begehrt die Anerkennung seiner Erkrankung als Berufskrankheit. Das Verwaltungsverfahren wie auch die Klage in den Vorinstanzen blieben erfolglos.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision zurückgewiesen. „Anerkennung einer Berufskrankheit bei Beamten erst nach Listung der Krankheit in der Berufskrankheitenverordnung möglich, Bundesverwaltungsgericht, Az. 2 C 46.13, Pressemitteilung v. 10.12.2015“ weiterlesen

OVG NRW trödelt: 51 Monate Verfahrensdauer sind zu lang, Oberverwaltungsgericht NRW, Urteil v. 28.09.2015, Az. 13 D 27/14

Es gibt diese Akten, die bei Gericht liegen und eine Entscheidung ist nicht in Sicht. Das ist besonders ärgerlich, wenn es sich über lange Zeit um Verfahrensabschnitte ohne mündliche Verhandlung handelt. Hier lag nun der Antrag auf Zulassung der Berufung über 4 Jahre lang dem Senat vor, ohne dass das Verfahren voranschritt. Erst als eine Verzögerungsrüge erhoben wurde, ging dann alles „ganz schnell“. Entschädigung gab es aus besonderen Gründen des Übergangsrechts dennoch nicht.

eigene Leitsätze:

1. Der Begriff der überlangen Verfahrensdauer ist anhand des gesamten Verfahrens von Klageerhebung bis Rechtskraft zu bestimmen. Ein behördliches Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) wird nicht hinzugerechnet.

2. Die förmliche Verzögerungsrüge ist von der formlosen Sachstandsanfrage mit Beschleunigungsbitte abzugrenzen. Nur „echte“ Verzögerungsrügen können Entschädigungsansprüche auslösen.

3. Der Gesetzgeber wollte anständige Prozessbeteiligte nicht bestrafen. Grundsätzlich rügt die Verzögerungsrüge daher die vorangegangene und die nachfolgende Verzögerung.

4. Art. 23 Satz 2 ÜGRG findet nur auf Verfahren Anwendung, die bereits zum 03.12.2011 überlang anhängig waren. Nur in diesen Fällen wirkt die Verzögerungsrüge ausnahmsweise nur noch in die Zukunft. Auch die Feststellung der überlangen Verfahrensdauer ist dann für die Zeit vor der Verzögerungsrüge ausgeschlossen. (Anschluss an Bundessozialgericht, Bundesfinanzhof, Bundesgerichtshof)

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Ankreuzverfahren bei dienstlichen Beurteilungen grundsätzlich zulässig, Bundesverwaltungsgericht v. 17.09.2015

Dienstliche Beurteilungen dürfen auch ohne zusätzliche individuelle textliche Begründung im Ankreuzverfahren erstellt werden. Allerdings müssen die Bewertungskriterien hinreichend differenziert und die Notenstufen textlich definiert sein und muss das Gesamturteil begründet werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.

Die Kläger sind Beamte des gehobenen Dienstes bei der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation, bei der Bundespolizei und in der Zollverwaltung. Sie wenden sich gegen im Ankreuzverfahren erstellte dienstliche Beurteilungen (Regelbeurteilungen). Ihre Klagen auf Erteilung einer neuen Beurteilung hatten mit einer Ausnahme in der Berufungsinstanz Erfolg. In einem der Fälle hat das Berufungsgericht angenommen, dass ein Gesamturteil sich nicht plausibel aus den – im Ankreuzverfahren erstellten – Einzelbewertungen ergab. In mehreren anderen Fällen hat das Berufungsgericht entschieden, dass ein Ankreuzverfahren für die Einzelbewertungen und für das Gesamturteil nicht den Anforderungen des § 49 Bundeslaufbahnordnung (BLV) genüge; hiernach ist in der dienstlichen Beurteilung die fachliche Leistung nachvollziehbar darzustellen. Es hat die dienstlichen Beurteilungen auch deshalb für fehlerhaft gehalten, weil die Kläger auf gebündelten Dienstposten verwendet werden, für die es an einer hinreichenden Dienstpostenbewertung fehle.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die von den Vorinstanzen ausgesprochenen Verurteilungen zur Erteilung neuer dienstlicher Beurteilungen im Ergebnis bestätigt. Es hat aber die von den Berufungsgerichten vertretenen Rechtsansichten zu den Anforderungen an dienstliche Beurteilungen – zum Teil deutlich – korrigiert. „Ankreuzverfahren bei dienstlichen Beurteilungen grundsätzlich zulässig, Bundesverwaltungsgericht v. 17.09.2015“ weiterlesen

Verwaltungsgericht Düsseldorf: Beihilfe für Beamte muss im Einzelfall die Kosten für Hyperthermie tragen, Oncotherm GmbH, Pressemitteilung v. 03.09.2015

Kostenübernahme – Hyperthermie bei fortgeschrittenem Prostatakrebs

In einem von der Hotstegs Rechtsanwaltsgesellschaft, Düsseldorf betreuten Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf hat das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen die Beihilfefähigkeit einer Hyperthermie-Behandlung anerkannt (Az. 26 K 5202/14). Die Entscheidung wurde August 2015 öffentlich. Geklagt hatte ein Beamter, dessen Prostatakarzinom stark vergrößert und nicht mehr operabel war. Das Gericht hatte bereits im Februar 2015 das Landesamt für Besoldung und Versorgung aufgefordert, die Kosten für die Hyperthermie im Rahmen der Beihilfe zu übernehmen. Sie sei angesichts der fortgeschrittenen Krebserkrankung alternativlos“. Das Landesamt wies die Kostenerstattung zurück. „Verwaltungsgericht Düsseldorf: Beihilfe für Beamte muss im Einzelfall die Kosten für Hyperthermie tragen, Oncotherm GmbH, Pressemitteilung v. 03.09.2015“ weiterlesen

Jubiläumsfeier: seit 30 Jahren gegen die Mühlen der Behörden | Kanzlei | Pressemitteilung 2015-07

Hotstegs Rechtsanwaltsgesellschaft
Düsseldorf, den 25.08.2015

::: Pressemitteilung 7/2015 :::

Jubiläumsfeier: seit 30 Jahren gegen die Mühlen der Behörden
Fachkanzlei für Beamten-, Disziplinarrecht und Bürgerbeteiligung einmalig in NRW

Düsseldorf. Die Tinte unter dem alten Mietvertrag von 1985 ist kaum verblasst. Vor dreißig Jahren eröffnete die heutige Hotstegs Rechtsanwaltsgesellschaft in der Mozartstraße in Düsseldorf. Die Adresse wurde zur Visitenkarte für das Beamten- und Disziplinarrecht oder die Bürgerbeteiligung. Auch das DDR-Recht gehörte zu den Spezialgebieten – eine letzte Akte ist noch 2015 Zeugin dafür. „Jubiläumsfeier: seit 30 Jahren gegen die Mühlen der Behörden | Kanzlei | Pressemitteilung 2015-07“ weiterlesen

Gutachten und Suchpflicht bei Dienstunfähigkeit, hier: „Schülerphobie“, Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19.03.2015, Az. 2 C 37.13

Was ist zu tun, wenn ein Beamter oder eine Beamtin erkrankt und festgestellt werden soll, ob er oder sie noch dienstfähig ist? Was muss geschehen, wenn ein amtsärztliches Gutachten die Dienstunfähigkeit bestätigt? – Diese Fragen werden jeden Tag hundertfach in Behörden gestellt und beschäftigen uns regelmäßig. Denn die Verfahren sind in den allermeisten Fällen fehleranfällig und fehlerhaft. Am häufigsten lauern die Fehler in der amtsärztlichen Untersuchen und der Frage der anderweitigen Verwendung, also der Verwendung auf einem anderen Dienstposten im Bereich des Dienstherrn. Hier vergisst ein Bundesland oft, dass es so groß ist, die Bundesrepublik blendet ganze Verwaltungszweige aus und Deutsche Bahn, Deutsche Telekom, Deutsche Post und Deutsche Postbank vergessen den Rest der Republik.

Das Bundesverwaltungsgericht hat aktuell einen bayerischen Fall entschieden:

1. Ein im Zurruhesetzungsverfahren verwendetes (amts-)ärztliches Gutachten muss sowohl die notwendigen medizinischen Feststellungen zum Sachverhalt darstellen als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, seinen dienstlichen Anforderungen zu genügen.

2. Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung ist auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Sie muss ebenso freie wie in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzende Dienstposten einbeziehen und eine die noch vorhandene Leistungsfähigkeit des dienstunfähigen Beamten charakterisierende und sachliche Kurzbeschreibung enthalten. Die bloße Einräumung einer sog. Verschweigensfrist, derzufolge die suchende Behörde von einer „Fehlanzeige“ ausgeht, wenn nicht innerhalb bestimmter Frist eine Rückmeldung vorliegt, genügt nicht. „Gutachten und Suchpflicht bei Dienstunfähigkeit, hier: „Schülerphobie“, Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19.03.2015, Az. 2 C 37.13“ weiterlesen

Was denn nun? Dienstliche Beurteilungen zum Ankreuzen? Oberverwaltungsgericht NRW und Bundesverwaltungsgericht entscheiden 2015

Wir haben bereits an mehreren Stellen darüber berichtet, dass die Beurteilungsverfahren, die im Kern auf einem Ankreuzen von Punktzahlen oder Noten beruhen, immer wieder rechtlichen Bedenken begegnen. (siehe u.a. Beurteilungssystem Zoll weiter auf dem Prüfstand, Großbaustelle: dienstliche Beurteilungen in der Finanzverwaltung NRW rechtswidrig oder Jetzt sagt auch Hessen: Ankreuzen reicht nicht!)

In Kürze werden sowohl das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen als auch das Bundesverwaltungsgericht über derartige Beurteilungen zu entscheiden haben. Wie geht der Streit aus?

Daneben wird das Oberverwaltungsgericht auch klären, ob alle dienstlichen Beurteilungen auf Grundlage der Beurteilungsrichtlinie 2011 der Landesfinanzverwaltung rechtswidrig sind. Das hätte erhebliche Auswirkungen auf Beförderungs-, Stellenbesetzungs- und ggf. auch Schadensersatzverfahren. „Was denn nun? Dienstliche Beurteilungen zum Ankreuzen? Oberverwaltungsgericht NRW und Bundesverwaltungsgericht entscheiden 2015“ weiterlesen

Beamtenversorgungsrecht auf dem Prüfstand vor dem EuGH, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss v. 16.04.2015, Az. 23 K 6871/13

Ist die Nachversicherungspflicht für aus dem Dienst ausscheidende Beamte und die damit verbundene Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer mit Europarecht vereinbar?

Diese Frage hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 16. April 2015, der den Beteiligten heute zugestellt wurde, dem Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hof in Lu­xem­burg vorgelegt.

Hintergrund ist die Klage eines ehemaligen Lehrers, der von 1980 bis 1999 in Nordrhein-Westfalen – zuletzt als Oberstudienrat – tätig war. Zum 1. September 1999 nahm er eine Tätigkeit als Lehrer in Österreich auf, die er bis heute ausübt. Infolge des Wechsels nach Österreich musste er aus dem Beamtenverhältnis ausscheiden. Bei dem nunmehr anstehenden Eintritt in den Altersruhestand erhält er keine beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge nach deutschem Recht. „Beamtenversorgungsrecht auf dem Prüfstand vor dem EuGH, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss v. 16.04.2015, Az. 23 K 6871/13“ weiterlesen

Geld für Urlaub? Was bedeutet die neue Entscheidung des EuGH für Beamte?

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat am 03.05.2012 entschieden, dass auch deutsche Beamtinnen und Beamte eine Abgeltung für die Urlaubstage erhalten können, die sie – typischerweise vor der Versetzung in den Ruhestand – wegen Krankheit nicht in Anspruch nehmen konnten. Die Auswirkungen dieser Rechtsprechung für Beamte in Gemeinden, Ländern und dem Bund, wie auch für Richter, Soldaten und Dienstordnungsangestellte sind nun weitreichend geklärt. „Geld für Urlaub? Was bedeutet die neue Entscheidung des EuGH für Beamte?“ weiterlesen