Ein echtes Kostenrisiko in Sachen Demokratie, ZAP 2017, 773
Das Recht bezieht seine Autorität aus verschiedenen Quellen. Eine dieser Quellen ist Verlässlichkeit: Je verlässlicher das Recht ist, desto eher kann sich der Rechtsanwender auf die jeweilige Lage einstellen. Das gilt für den Gesetzgeber ebenso wie für die Rechtsprechung. Während der Gesetzgeber jedoch gelegentlich eigenen politischen Motivationen folgt und die Verlässlichkeit über Bord wirft, bleibt die vage Hoffnung, die Gerichte mögen dies nicht ebenso tun. Das gilt umso mehr, als das Gesetz bekanntlich nicht jede Detailfrage regelt.
Dass Recht durch unabhängige Gerichte bzw. von unabhängigen Richtern gesprochen wird, verleiht unserer Rechtsprechung eine höhere Legitimität und unser Rechtssystem nimmt dabei in Kauf, dass es zu Meinungsverschiedenheiten kommen kann. Es gibt keinen Mechanismus, Meinungsverschiedenheiten zwischen Spruchkörpern des gleichen Gerichts formal auszufechten (die obersten Bundesgerichte und die dortigen gemeinsamen Senate sowie den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes einmal ausgenommen). Erste Instanzen können von zweiten und dritten Instanzen abweichen – wohlwissend, dass ihre Entscheidung durch das geeignete Rechtsmittel angefochten oder aufgehoben werden kann.
Es sprechen also durchaus gute Gründe für die Verlässlichkeit wie auch für die Unabhängigkeit des Rechts. Nichtsdestotrotz bleiben Einzelentscheidungen schwer vermittelbar.
So die Entscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts, das in seinem Beschluss zur Streitwertfestsetzung in einem Eilverfahren eine solch schwer vermittelbare Position vertreten hat (Beschl. v.
18.4.2017 – 4 L 1613/17).
Hotstegs, Ein echtes Kostenrisiko in Sachen Demokratie, ZAP 2017, 773
Bürgerinitiative klagt gegen die Stadt Bonn, General-Anzeiger v. 19.07.2017
Bonn. 52 Prozent der Bonner haben sich im April gegen eine Sanierung des Bad Godesberger Kurfürstenbads ausgesprochen. Nun hat die Bürgerinitiative „Kurfürstenbad bleibt!“ beim Kölner Verwaltungsgericht Klage gegen die Stadt Bonn und Oberbürgermeister Ashok Sridharan eingereicht.
Von Philipp Königs
Die Initiatoren des Bürgerbegehrens „Kurfürstbad bleibt!“ haben am Mittwoch Klage gegen die Stadt Bonn vor dem Kölner Verwaltungsgericht eingereicht. Das sagte deren Rechtsanwalt Robert Hotstegs dem General-Anzeiger. Damit ist klar, dass der Bürgerentscheid vom 21. April zur Zukunft des Kurfürstenbades ein juristisches Nachspiel haben wird. Ziel ist letztlich, den Bürgerentscheid erneut durchzuführen. Das Verwaltungsgericht bestätigte den Eingang der Klage (Az: 4 K 10496/17).
In den vier Wochen vor dem 21. April waren Bonnerinnen und Bonner aufgerufen, darüber abzustimmen, ob das sanierungsbedürftige Kurfürstenbad in Bad Godesberg modernisiert wird oder geschlossen bleibt. Mit dieser Entscheidung verwoben sind ein geplanter Badneubau durch die Bonner Stadtwerke in Dottendorf und nach dessen Fertigstellung die Schließung des Frankenbads in der Altstadt. Für die Schließung des Kurfürstenbads sprach sich letztlich mit 51,6 Prozent eine knappe Mehrheit aus. Die Kläger werfen der Stadtverwaltung nun vor, den Bürgern wichtige Informationen zu Finanzierungsproblemen eines neuen Bades bewusst vorenthalten zu haben.
Hintergrund ist, dass erst zwei Tage vor Ablauf des Bürgerentscheids öffentlich wurde, dass der steuerliche Querverbund für ein etwaiges Betriebsdefizit des Bades möglicherweise gefährdet sein könnte, weil die Stadtwerke-Tochter Bus und Bahn bis zu 70 Millionen Euro für 26 neue Niederflurbahnen ausgeben muss. „Den Abstimmenden haben diese wichtigen Informationen gefehlt. Wären die Probleme früher bekannt gewesen, wäre der Bürgerentscheid angesichts des hauchdünnen Ergebnisses vielleicht anders ausgegangen“, meint Axel Bergfeld, einer der Kläger von der Initiative „Kurfürstenbad bleibt!“
Zugleich werfen die Kläger Oberbürgermeister Ashok Sridharan vor, „mit einer einseitigen Werbekampagne auf Kosten der Stadtwerke in unzulässiger Weise in den Abstimmungskampf“ eingegriffen zu haben. Der Verein Mehr Demokratie unterstützt das Verfahren finanziell. Aus dessen Sicht müsste es geregelte Wege geben, um gegen mangelhafte Abstimmungsergebnisse aus Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden juristisch vorgehen zu können. Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte 2016 in einem Urteil angezweifelt, dass Richter einen Bürgerentscheid für unwirksam erklären können; das sei „weder in der Gemeindeordnung noch sonst ausdrücklich vorgesehen“.
Rechtsanwalt Hotstegs will ein Musterverfahren führen und sagte dem GA, er halte ein Eilverfahren für denkbar, sollte der Bau des neuen Schwimmbads vor einem Urteilsspruch avisiert werden. Vize-Stadtsprecher Marc Hoffmann teilte auf Anfrage mit, dass der Stadt bisher keine Klage zugestellt worden sei. Wenn sie einginge, werde die Verwaltung sie „prüfen und sich zu gegebener Zeit äußern“.
„Wichtige Informationen vorenthalten“, nrw.mehr-demokratie.de v. 19.07.2017
Von Thorsten Sterk
Die Initiatoren des Bürgerbegehrens „Kurfürstenbad bleibt!“ verklagen die Stadt Bonn wegen des Bürgerentscheids über das Kurfürstenbad in der Bundesstadt. Unterstützt werden sie in ihrem juristischen Vorgehen von Mehr Demokratie. Mit der Klage soll die gesetzlich bisher nicht vorgesehene Möglichkeit der Anfechtung eines Bürgerentscheids grundsätzlich ermöglicht werden.
Die Kläger werfen der Stadt vor, den Bonner Bürgerinnen und Bürgern wichtige Informationen zu Finanzierungsproblemen eines neuen Zentralbades bewusst vorenthalten zu haben. Gleichzeitig habe der Oberbürgermeister mit einer einseitigen Werbekampagne auf Kosten der Stadtwerke in unzulässiger Weise in den Abstimmungskampf eingegriffen. Wir haben Robert Hotstegs, Rechtsanwalt der Bonner Bürgerinitiative, zur Klage befragt. „„Wichtige Informationen vorenthalten“, nrw.mehr-demokratie.de v. 19.07.2017“ weiterlesen
zwei Organstreitverfahren wegen Einführung einer 2,5 %-Sperrklausel bei Kommunalwahlen aus formellen Gründen erfolglos, Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen, Pressemitteilung v. 30.06.2017
Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster hat mit Beschlüssen vom 27. Juni 2017 die Anträge der Partei „Volksabstimmung“ und der Wählervereinigung „Sauerländer Bürgerliste“ gegen die Einführung einer 2,5 %-Sperrklausel bei Kommunalwahlen als unzulässig verworfen. Eine Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Sperrklausel ist damit nicht verbunden. „zwei Organstreitverfahren wegen Einführung einer 2,5 %-Sperrklausel bei Kommunalwahlen aus formellen Gründen erfolglos, Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen, Pressemitteilung v. 30.06.2017“ weiterlesen
Es geht um die Zukunft der Friedhöfe, Rhein-Erft-Rundschau v. 17.06.2017
Bürgerentscheid in Pulheim
Pulheim – Nun haben die Bürger das Wort. Am Sonntag, 25. Juni, entscheiden die wahlberechtigten Pulheimer, ob ausgewählte Friedhofsflächen (gelbe Flächen genannt, weil sie im entsprechenden Plan gelb markiert sind) langfristig, nach Ablauf der Ruhefristen, entwidmet werden oder nicht. „Es geht um die Zukunft der Friedhöfe, Rhein-Erft-Rundschau v. 17.06.2017“ weiterlesen
Weil die FDP-Geschäftsstelle Listenplätze vertauschte: Muss NRW neu wählen?, lto.de v. 03.06.2017
Die FDP hat auf der Wahlliste zur Landtagswahl NRW die Plätze 24 und 48 vertauscht. Für eine Kölner Anwaltskanzlei muss das zur Ungültigkeit der Wahl führen. Sie kündigte an, den Plätzetausch notfalls vor den VerfGH NRW zu bringen.
Die FDP hat auf ihrer eingereichten Landesliste für die NRW-Landtagswahl vom 7. Mai dieses Jahres zwei Kandidaten vertauscht. Politiker Christian Sauter, ursprünglich vorgesehen für Platz 24, tauschte unfreiwillig mit der Kollegin auf Platz 48, Martina Hannen, die nun an seiner statt im Landtag sitzen wird. Wie es zur der Verwechslung kam, ist nicht bekannt.
Kölner Kanzlei will wegen Patzer der FDP Neuwahlen durchsetzen, Kölner Stadt-Anzeiger v. 01.06.2017
NRW-Landtagswahlen
Gerhard Voogt
Düsseldorf. Das NRW-Verfassungsgericht in Münster wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Landtagswahl in NRW beschäftigen müssen. Der Kölner Verwaltungsrechtler Jürgen Küttner kündigte im Gespräch mit unser Zeitung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof an. „Kölner Kanzlei will wegen Patzer der FDP Neuwahlen durchsetzen, Kölner Stadt-Anzeiger v. 01.06.2017“ weiterlesen
Video: „Auf den Punkt“ Folge 7: Wahlhelfer
Falsche Stimmauszählung zu Lasten der AfD: „Abweichung ungewöhnlich hoch“, focus.de v. 24.05.2017
FOCUS-Online-Redakteur Ulf Lüdeke
Die Unregelmäßigkeiten überraschten selbst erfahrene Politik-Experten: Bei der Bekanntgabe des offiziellen Endergebnisses am Mittwoch im Düsseldorfer Landtag sprach ein Sprecher des Landeswahlleiters in NRW der AfD 2204 Zweitstimmen mehr zu, als dies beim vorläufigen Endergebnis der Fall war.
„Diese Zahlen sind auffallend hoch, sowohl bei den betroffenen Stimmbezirken als auch bei den nicht gezählten Stimmen“, sagte Parteienforscher Oskar Niedermayer zu FOCUS Online. „Das ist sehr ungewöhnlich, ich kann mich an keinen ähnlichen Fall in der Geschichte der Bundesrepublik erinnern. „Falsche Stimmauszählung zu Lasten der AfD: „Abweichung ungewöhnlich hoch“, focus.de v. 24.05.2017“ weiterlesen