Dienstliche Beurteilungen von Richterinnen und Richtern sind gleichsam doppelt ein „Fall für sich“. Denn einerseits können sie verwaltungsrechtlich (quasi beamtenrechtlich) mit einem Antrag auf Änderung der dienstlichen Beurteilung oder einer Klage vor dem Verwaltungsgericht angegriffen werden. Hier unterliegen sie den nahezu gleichen Regelungen wie auch die Beurteilungen von Beamtinnen und Beamten. Daneben können sie aber auch vor den Dienstgerichten für Richter angegriffen werden. Diese überprüfen die Beurteilungen aber ausschließlich daraufhin, ob in ihnen eine unzulässige Maßnahme der Dienstaufsicht vorliegt. Diese Maßnahmen sind in der Regel einzelne konkrete Formulierungen, die sodann für unzulässig erklärt werden können.
Besteht also schon ein doppelter Rechtsweg zu parallel tätigen Gerichtsbarkeiten, unterscheidet sich der Rechtsschutz außergerichtlich erheblich. Vor der Klage an das Verwaltungsgericht ist kein Widerspruch erforderlich (§ 110 JustG NRW), anders vor dem Antrag an das Dienstgericht für Richter. Dort ist spezialgesetzlich nach § 89 S. 2 LRiStaG NRW zwingend ein Widerspruchsverfahren durchzuführen.
Im konkreten Fall hat das Dienstgericht für Richter die Klage dennoch auch ohne Vorverfahren für zulässig erachtet und hat sich hierbei an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts orientiert.
Der Antrag vor dem Dienstgericht hatte in zwei von vier monierten Punkten Erfolg.
eigene Leitsätze:
- Gem. § 89 S. 2 LRiStaG NRW ist in den Fällen des § 67 Nummer 4 LRiStaG NRW zwingend ein Vorverfahren durchzuführen. Dies betrifft auch den Fall, dass Äußerungen in einer dienstlichen Beurteilung als unzulässig gerügt werden sollen. Ein Widerspruch ist nur ausnahmsweise dann entbehrlich, wenn sich die Behörde im Verfahren auf die Sache insgesamt eingelassen und zu erkennen gegeben hat, dass sie die Maßnahme weiterhin für rechtmäßig hält. (Anschluss an BVerwG, Urteil v. 19.02.2009, Az. 2 C 56/07)
- Auch der Entwurf einer dienstlichen Beurteilung kann eine Maßnahme der Dienstaufsicht darstellen. Hinsichtlich einer möglichen Beeinträchtigung richterlicher Unabhängigkeit ist aber der Antragsteller im Prüfungsverfahren darlegungspflichtig. Das gilt insbesondere in Fällen, in denen auf Einwendungen des Antragstellers hin die dienstliche Beurteilung (positiv) vom Entwurf abweicht.
- Eine über den Entwurf einer dienstlichen Beurteilung hinausgehende, fortbestehende potenziell verhaltenslenkende Wirkung ist denkbar. (hier: abgelehnt)
- Die bloße Benennung von Befangenheitsanträgen und Dienstaufsichtsbeschwerden in einer dienstlichen Beurteilung ist unzulässig, weil sie jedenfalls indirekt Einfluss auf die richterliche Unabhängigkeit nimmt. (Fortführung von Beschluss v. 03.03.2017, Az. DG-1/2017)