Anspruch auf Zusendung einer Urteilskopie an einen Zeitungsverlag, Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 14.09.2015, Az. 1 BvR 857/15

Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts der Verfassungsbeschwerde eines Zeitungverlags gegen eine Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts stattgegeben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Das Oberverwaltungsgericht hatte es im Eilrechtsschutzverfahren abgelehnt, einen Landgerichtspräsidenten zur Zusendung einer anonymisierten Urteilskopie über ein von hohem Medieninteresse begleitetes Strafverfahren zu verpflichten. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Die vom Oberverwaltungsgericht angeführten Gründe lassen eine Gefährdung des noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens oder weiterer Strafverfahren nicht erkennen.

Die Entscheidung ist von großer Bedeutung für Urteilsanforderungen in allen Gerichtsbarkeiten. Und sie wirft auch die Frage auf, ob tatsächlich eine Vorschrift wie §§ 63 Abs. 3, 64 Abs. 4 DG.EKD verfassungsrechtliche Bestand haben kann, wenn dort nämlich der (kirchliche) Gesetzgeber die Veröffentlichung von Beschlüssen und Urteilen zur Ausnahme und nicht zur Regel erhebt. „Anspruch auf Zusendung einer Urteilskopie an einen Zeitungsverlag, Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 14.09.2015, Az. 1 BvR 857/15“ weiterlesen

Behörden müssen grundsätzlich Aussagegenehmigungen für Beamte erteilen, Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 04.09.2015, Az. 6 B 837/15

Im Rahmen eines laufenden, komplexen Strafverfahrens hat ein Angeklagter die Zeugenbefragung einer Staatsanwältin beantragt. Hierfür ist nach dem Beamtenrecht eine Aussagegenehmigung erforderlich. Diese wurde aber verweigert. Der Streit hierum wurde dann parallel zum laufenden Strafverfahren bei den Verwaltungsgerichten geführt. Der Antragsteller gewann in beiden Instanzen: bereits im Eilverfahren wurde die Staatsanwaltschaft verpflichtet, die notwendige Aussagegenehmigung zu erteilen.

Leitsätze des Gerichts:

Erlass einer vom Angeklagten beantragten einstweiligen Anordnung, mit der die Generalstaatsanwaltschaft verpflichtet wird, eine Aussagegenehmigung (§ 37 BeamtStG) für eine Zeugenaussage im Strafverfahren zu erteilen.

§ 37 Abs. 4 BeamtStG räumt dem Interesse an der Wahrheitsfindung grundsätzlich den Vorrang gegenüber dem Interesse an der Geheimhaltung dienstlicher Angelegenheiten ein. Die Versagung einer Aussagegenehmigung wegen ernstlicher Gefährdung oder erheblicher Erschwerung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben (§ 37 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG) erfordert das Vorliegen von Gründen mit besonderem Gewicht.

Zur Vernehmung einer mit der Sitzungsvertretung betrauten Staatsanwältin zu behaupteten Fehlern im Ermittlungsverfahren.

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OVG NRW trödelt: 51 Monate Verfahrensdauer sind zu lang, Oberverwaltungsgericht NRW, Urteil v. 28.09.2015, Az. 13 D 27/14

Es gibt diese Akten, die bei Gericht liegen und eine Entscheidung ist nicht in Sicht. Das ist besonders ärgerlich, wenn es sich über lange Zeit um Verfahrensabschnitte ohne mündliche Verhandlung handelt. Hier lag nun der Antrag auf Zulassung der Berufung über 4 Jahre lang dem Senat vor, ohne dass das Verfahren voranschritt. Erst als eine Verzögerungsrüge erhoben wurde, ging dann alles „ganz schnell“. Entschädigung gab es aus besonderen Gründen des Übergangsrechts dennoch nicht.

eigene Leitsätze:

1. Der Begriff der überlangen Verfahrensdauer ist anhand des gesamten Verfahrens von Klageerhebung bis Rechtskraft zu bestimmen. Ein behördliches Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) wird nicht hinzugerechnet.

2. Die förmliche Verzögerungsrüge ist von der formlosen Sachstandsanfrage mit Beschleunigungsbitte abzugrenzen. Nur „echte“ Verzögerungsrügen können Entschädigungsansprüche auslösen.

3. Der Gesetzgeber wollte anständige Prozessbeteiligte nicht bestrafen. Grundsätzlich rügt die Verzögerungsrüge daher die vorangegangene und die nachfolgende Verzögerung.

4. Art. 23 Satz 2 ÜGRG findet nur auf Verfahren Anwendung, die bereits zum 03.12.2011 überlang anhängig waren. Nur in diesen Fällen wirkt die Verzögerungsrüge ausnahmsweise nur noch in die Zukunft. Auch die Feststellung der überlangen Verfahrensdauer ist dann für die Zeit vor der Verzögerungsrüge ausgeschlossen. (Anschluss an Bundessozialgericht, Bundesfinanzhof, Bundesgerichtshof)

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Ankreuzverfahren bei dienstlichen Beurteilungen grundsätzlich zulässig, Bundesverwaltungsgericht v. 17.09.2015

Dienstliche Beurteilungen dürfen auch ohne zusätzliche individuelle textliche Begründung im Ankreuzverfahren erstellt werden. Allerdings müssen die Bewertungskriterien hinreichend differenziert und die Notenstufen textlich definiert sein und muss das Gesamturteil begründet werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.

Die Kläger sind Beamte des gehobenen Dienstes bei der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation, bei der Bundespolizei und in der Zollverwaltung. Sie wenden sich gegen im Ankreuzverfahren erstellte dienstliche Beurteilungen (Regelbeurteilungen). Ihre Klagen auf Erteilung einer neuen Beurteilung hatten mit einer Ausnahme in der Berufungsinstanz Erfolg. In einem der Fälle hat das Berufungsgericht angenommen, dass ein Gesamturteil sich nicht plausibel aus den – im Ankreuzverfahren erstellten – Einzelbewertungen ergab. In mehreren anderen Fällen hat das Berufungsgericht entschieden, dass ein Ankreuzverfahren für die Einzelbewertungen und für das Gesamturteil nicht den Anforderungen des § 49 Bundeslaufbahnordnung (BLV) genüge; hiernach ist in der dienstlichen Beurteilung die fachliche Leistung nachvollziehbar darzustellen. Es hat die dienstlichen Beurteilungen auch deshalb für fehlerhaft gehalten, weil die Kläger auf gebündelten Dienstposten verwendet werden, für die es an einer hinreichenden Dienstpostenbewertung fehle.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die von den Vorinstanzen ausgesprochenen Verurteilungen zur Erteilung neuer dienstlicher Beurteilungen im Ergebnis bestätigt. Es hat aber die von den Berufungsgerichten vertretenen Rechtsansichten zu den Anforderungen an dienstliche Beurteilungen – zum Teil deutlich – korrigiert. „Ankreuzverfahren bei dienstlichen Beurteilungen grundsätzlich zulässig, Bundesverwaltungsgericht v. 17.09.2015“ weiterlesen

Verwaltungsgericht Düsseldorf: Beihilfe für Beamte muss im Einzelfall die Kosten für Hyperthermie tragen, Oncotherm GmbH, Pressemitteilung v. 03.09.2015

Kostenübernahme – Hyperthermie bei fortgeschrittenem Prostatakrebs

In einem von der Hotstegs Rechtsanwaltsgesellschaft, Düsseldorf betreuten Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf hat das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen die Beihilfefähigkeit einer Hyperthermie-Behandlung anerkannt (Az. 26 K 5202/14). Die Entscheidung wurde August 2015 öffentlich. Geklagt hatte ein Beamter, dessen Prostatakarzinom stark vergrößert und nicht mehr operabel war. Das Gericht hatte bereits im Februar 2015 das Landesamt für Besoldung und Versorgung aufgefordert, die Kosten für die Hyperthermie im Rahmen der Beihilfe zu übernehmen. Sie sei angesichts der fortgeschrittenen Krebserkrankung alternativlos“. Das Landesamt wies die Kostenerstattung zurück. „Verwaltungsgericht Düsseldorf: Beihilfe für Beamte muss im Einzelfall die Kosten für Hyperthermie tragen, Oncotherm GmbH, Pressemitteilung v. 03.09.2015“ weiterlesen

keine Nachzahlung für opt-out-Schichten? Alles offen geblieben!, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil v. 21.08.2015, Az. 26 K 9607/13

Nach der mündlichen Verhandlung am 21.08.2015 hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf die Musterklage eines Feuerwehrmannes aus Düsseldorf abgewiesen. Er hatte für die Jahre 2010 bis 2013 geltend gemacht, dass die gezahlte 20,- €-Pauschale für sogenannte opt-out-Schichten zu niedrig sei. Ihm stehe stattdessen eine Vergütung nach der Mehrarbeitsverordnung zu, die Zahlung der jeweils 20,- € müsse hierauf angerechnet werden.

Kern der Klage war der Vortrag, dass die Arbeitszeitverordnung Feuerwehr (AZVOFeu NRW) die EU-Arbeitszeitrichtlinie nur unvollständig und damit fehlerhaft umgesetzt habe. Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg sei entsprechend auf Nordrhein-Westfalen zu übertragen. Darüber hinaus sei aber auch das sogenannte Zulagengesetz verfassungswidrig, weil es den Dienstherrn nahezu willkürliche Bezahlungen ermöglicht hätte. Damit verstoße es gegen den Vorbehalt des Gesetzes.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat die Frage der Europarechtswidrigkeit und der Verfassungswidrigkeit in seiner Entscheidung ausdrücklich nicht beantwortet, sondern lediglich auf die bisherige Rechtsprechung verwiesen, die beide Argumente aber inhaltlich nicht geprüft hat. Die Berufung wurde nicht zugelassen.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Derzeit wird ein Antrag auf Zulassung der Berufung vorbereitet. „keine Nachzahlung für opt-out-Schichten? Alles offen geblieben!, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil v. 21.08.2015, Az. 26 K 9607/13“ weiterlesen

Koch: Das geht gegen den Minister, Wuppertaler Rundschau v. 27.08.2015

Wuppertal. „Die massive öffentliche Kritik an meiner Amtsführung droht den Entwicklungsprozess der Justizvollzugsanstalt zu belasten.“ Mit diesen Worten hat sich der Leiter des Ronsdorfer Jugendgefängnisses verabschiedet. Von Dirk Lotze

Über den Sommer hatten sich ehemalige Gefangene wie auch Mitarbeiter über die angespannte Stimmung im 2011 eröffneten Haus geäußert. Ende Oktober muss sich ein Mitarbeiter (27) laut Informationen unserer Zeitung sogar vor dem Amtsgericht wegen mutmaßlich ungerechtfertigter Gewalt gegen einen Gefangenen verantworten. Der Anklage zufolge soll der Mann seinem Opfer kurz vor dem Jahreswechsel 2013/14 mit der Faust ein Auge blau geschlagen haben, als die beiden nach einem Streit eigentlich schon wieder von weiterem Aufsichtspersonal getrennt worden waren. Der Angeklagte muss, sollte er verurteilt werden, nun selbst mit einer Gefängnis- oder Bewährungsstrafe rechen. „Koch: Das geht gegen den Minister, Wuppertaler Rundschau v. 27.08.2015“ weiterlesen

Jubiläumsfeier: seit 30 Jahren gegen die Mühlen der Behörden | Kanzlei | Pressemitteilung 2015-07

Hotstegs Rechtsanwaltsgesellschaft
Düsseldorf, den 25.08.2015

::: Pressemitteilung 7/2015 :::

Jubiläumsfeier: seit 30 Jahren gegen die Mühlen der Behörden
Fachkanzlei für Beamten-, Disziplinarrecht und Bürgerbeteiligung einmalig in NRW

Düsseldorf. Die Tinte unter dem alten Mietvertrag von 1985 ist kaum verblasst. Vor dreißig Jahren eröffnete die heutige Hotstegs Rechtsanwaltsgesellschaft in der Mozartstraße in Düsseldorf. Die Adresse wurde zur Visitenkarte für das Beamten- und Disziplinarrecht oder die Bürgerbeteiligung. Auch das DDR-Recht gehörte zu den Spezialgebieten – eine letzte Akte ist noch 2015 Zeugin dafür. „Jubiläumsfeier: seit 30 Jahren gegen die Mühlen der Behörden | Kanzlei | Pressemitteilung 2015-07“ weiterlesen

Feuerwehrmann geht leer aus, Spiegel v. 24.08.2015

Überstunden-Klage

Wie viel sind Überstunden wert? Ein Feuerwehrmann aus Düsseldorf wollte Extra-Geld für seine 54-Stunden-Woche – nachträglich und für mehrere Jahre. Das Gericht hat seine Klage nun abgewiesen.

Pro Woche 54 Stunden arbeiten? Was für die meisten Arbeitnehmer kaum vorstellbar scheint, ist für viele Feuerwehrleute normal. Wie hoch die Entlohnung für ihre Mehrarbeit sein sollte, ist allerdings strittig, wie ein Fall aus Düsseldorf zeigt. Dort hat das Verwaltungsgericht die Klage eines Feuerwehrbeamten abgelehnt, der die Stadt auf Zahlung von 8500 Euro verklagt hatte. „Feuerwehrmann geht leer aus, Spiegel v. 24.08.2015“ weiterlesen

Gericht weist neue Feuerwehr-Klage ab, Rheinische Post v. 22.08.2015

Düsseldorf. Jetzt will der Feuerwehrmann in der nächsten Instanz mehr Überstunden-Geld einfordern. Von Stefani Geilhausen

Rund 8500 Euro hat Rechtsanwalt Robert Hotstegs für seinen 38-jährigen Mandanten gefordert. Der hatte, wie alle anderen Düsseldorfer Feuerwehrleute auch, von 2010 bis Ende 2013 pro Schicht 20 Euro zusätzlich zum Gehalt bekommen, als Entschädigung für sechs wöchentliche Überstunden. „Gericht weist neue Feuerwehr-Klage ab, Rheinische Post v. 22.08.2015“ weiterlesen