Die gegenwärtige Praxis der Bundeswehr, das Personal für den Aufstieg in die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes auch mit Hilfe einer sogenannten Potenzialfeststellung auszuwählen, bedarf einer gesetzlichen Regelung. Das hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts entschieden.
„Potenzialfeststellung für Beförderungen rechtswidrig, Bundesverwaltungsgericht, Beschluss v. 29.10.2024, Az. 1 WB 36.23“ weiterlesenBegründung für schlechtere dienstliche Beurteilung erforderlich, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 12.10.2023, Az. 2 A 7.22
Das Bundesverwaltungsgericht muss in besonderen beamtenrechtlichen Materien, namentlich der Nachrichtendienste, auch erstinstanzlich entscheiden. Zwar kann man über diese Spezialzuständigkeit vortrefflich streiten, gleichwohl führt dies dazu, dass etwa zur Materie der dienstlichen Beurteilung Grundsatzentscheidungen durch das Bundesverwaltungsgericht als Tatsacheninstanz getroffen werden.
Eine aktuelle Entscheidung betrifft nun gleich zwar gravierende Themenbereiche: die Verschlechterung einer dienstlichen Beurteilung, die häufig ohne Begründung verbleibt, und die Frage, ob und wie eine Beförderung im Beurteilungszeitraum zu berücksichtigen ist.
Beide Fragen hat das Gericht nun entschieden:
1. Weicht eine Regelbeurteilung bei der Leistungsbewertung und bei der Gesamtnote wesentlich von der vorangegangenen Regelbeurteilung ab, bedarf dies einer Begründung.
2. Ist ein Beamter während des Beurteilungszeitraums befördert worden, bezieht sich die Bewertung in der Regelbeurteilung nur auf den Zeitraum im Anschluss an die Beförderung. Der Zeitraum vor der Beförderung ist zwar zur Vermeidung von Beurteilungslücken in der dienstlichen Beurteilung zu berücksichtigen, fließt aber nicht in die Leistungsbewertung und in die Gesamtnote ein (Aufgabe von BVerwG, Urteil vom 26. August 1993 – 2 C 37.91 – Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 15).
Das Urteil lautet im Volltext:
„Begründung für schlechtere dienstliche Beurteilung erforderlich, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 12.10.2023, Az. 2 A 7.22“ weiterlesenStreitwertkatalog der kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit
In der staatlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit findet seit vielen Jahren schon der „Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit“ Anwendung. Er wurde zuletzt in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen veröffentlicht und befindet sich schon seit einiger Zeit in der Überarbeitung. Mit dem Katalog werden – soweit nicht auf gesetzliche Bestimmungen hingewiesen wird – Empfehlungen ausgesprochen, denen das Gericht bei der Festsetzung des Streitwertes bzw. des Wertes der anwaltlichen Tätigkeit (§ 33 Abs. 1 RVG) aus eigenem Ermessen folgt oder nicht. Das bedeutet im Klartext: Abweichungen sind jedem Gericht jederzeit möglich.
Gleichzeitig bietet der Katalog aber auch die Gewähr dafür, dass der Rechtsuchende mit einer gewissen Verlässlichkeit seine prozessualen und finanziellen Chancen und Risiken einschätzen und kalkulieren kann.
Ein Gegenstück für die kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit der ev. Kirche fehlt. Es ist aber aus unserer anwaltlichen Sicht dringend erforderlich, weil kirchliche Rechtsprechung sich zum Teil grundsätzlich von staatlicher Rechtsprechung löst (so etwa im kirchlichen Disziplinarrecht) oder weil Gegenstände des Kirchenrechts (wie etwa der Wartestand) im staatlichen Recht nicht entschieden worden sind.
Die kirchlichen Gerichte sind ehrenamtlich organisiert, sie sind mit Volljurist:innen und – je nach Prozessordnung – auch ergänzend mit Pfarrer:innen oder mit Laien besetzt. Die Kirche hat sich im Laufe der Zeit ein immer stärkeres Vorbild am staatlichen Prozessrecht genommen.
Gleichwohl verweigern die Kirchengerichte die Übernahme staatlicher Gerichtspraxis im Hinblick auf Streit- und Gegenstandswerte, sowie die Kostenerstattungsverfahren. (ausführlich: Hotstegs, „Mein Gott!“ – Kosten und Kostenerstattung vor Kirchengerichten, ZAP 2018, 583)
Die im Mandat geschuldete Prognose der Verfahrenskosten ist so seriös im Vorhinein nicht möglich.
(Nur am Rande: gleiches gilt auch für Gerichtskosten.1Häufig werden diese nicht erhoben. Werden sie aber erhoben, verbergen sich auch dort Überraschungen. So macht etwa die Disziplinarkammer der evangelischen Landeskirche Württembergs auch Kosten für die „Bereitstellung von Räumen“ geltend. Hinter dieser Position, die im staatlichen Recht unter Ziff. 9006 der Anlage 1 zum GKG ihren Ursprung findet, verbergen sich schlicht Mieten für Säle, die die Disziplinarkammer selbst nutzt, sowie Beratungsräume für die Kammer, sowie die beteiligten Parteien. Im Unterschied nur zum staatlichen Recht, das von einem existierenden Gerichtsgebäude ausgeht, in dem keine Mieten anfallen, verfügt die kirchliche Disziplinarkammer in Stuttgart über keinen festen Beratungssaal. Die Ausnahmevorschrift der Vollkostenerstattung zu Lasten einer Partei wird daher überraschend zur Regel erhoben. Verhindern lässt sich dies nicht. Erahnen ebenfalls kaum.)
Bleiben schließlich zwei Probleme für die im Kirchenrecht beratenen Rechtsanwält:innen: unberechenbare Streitwerte und überlange Verfahren.
Wir haben daher eine – naturgemäß unvollständige – Liste aufgestellt, in der wir aus unserer anwaltlichen Sicht wesentliche Entscheidungen zum Gegenstandswert bzw. Streitwert zusammengestellt haben. Wir sind bemüht, diese Datenbank regelmäßig zu erweitern, zu ergänzen und zu aktualisieren. Bitte wenden Sie sich bei Fragen, Vorschlägen und auch gerne zur Einsendung eigener Streitwertentscheidungen direkt an Rechtsanwalt Robert Hotstegs.
Stand der Bearbeitung: 23.09.2024
„Streitwertkatalog der kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit“ weiterlesenNRW-Polizei-Beurteilungen bleiben rechtswidrig, Bundesverwaltungsgericht, Beschluss v. 14.02.2023, Az. 2 B 3.22
Das Bundesverwaltungsgericht hat vor wenigen Tagen seinen Beschluss vom Valentinstag veröffentlicht, mit dem es die Revision des Landes Nordrhein-Westfalen in einer Polizei-Beurteilungsangelegenheit zurückgewiesen hat. Damit hält es an seiner bisherigen Rechtsprechung ausdrücklich fest: im Rahmen eines Beurteilungssystems dürfen nicht verschiedene Laufbahnen miteinander in einer Vergleichsgruppe zusammengefasst werden. Das bedeutet konkret: für Polizist:innen und Verwaltungsbeamt:innen der Polizei darf das selbe Beurteilungssystem verwendet werden, aber es werden die Angehörigen der Polizeivollzugs-Laufbahn untereinander verglichen und die Verwaltungslaufbahn ebenso (nur) untereinander. Der gemischte Vergleich führt zur Rechtswidrigkeit der Beurteilungen.
Damit hat das Bundesverwaltungsgericht auch die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen im Ergebnis bestätigt. Abweichungen ergeben sich aber in der Begründung, warum die Beurteilung rechtswidrig ist.
Der Kernsatz, der auch amtlicher Leitsatz des Beschlusses geworden ist lautet:
„NRW-Polizei-Beurteilungen bleiben rechtswidrig, Bundesverwaltungsgericht, Beschluss v. 14.02.2023, Az. 2 B 3.22“ weiterlesenRedebeitrag 73. Deutscher Juristentag in Bonn, Abteilung Justiz, 22.09.2022
Im Rahmen des 73. Deutschen Juristentages in Bonn hat die Abteilung Justiz den Themenkomplex „Empfehlen sich Regelungen zur Sicherung der Unabhängigkeit der Justiz bei der Besetzung von Richterpositionen?“ bearbeitet. Hierzu lag der Abteilung ein Beschlussvorschlag vor, der u.a. folgende Aspekte beinhaltete:
IV. Konkurrentenstreit
18. Um in Konkurrentenstreitverfahren zu bundeseinheitlichen Auslegungsmaßstäben zu gelangen, sollte das Verfahren instanziell neu geordnet werden. Der Eilrechtsschutz für Konkurrentenstreitverfahren um Richterstellen in den Ländern sollte bei den Oberverwaltungsgerichten bzw. den Verwaltungsgerichtshöfen beginnen. Gegen diese Entscheidung sollte den Beteiligten die Beschwerde zum BVerwG offenstehen.
19. In Verfahren um Bundesrichterstellen sollte Rechtsschutz einschließlich des Eilrechtsschutzes nur vor dem BVerwG verortet werden.
Beschlussvorschlag der Abteilung Justiz
Hierzu hat Rechtsanwalt Robert Hotstegs folgenden Redebeitrag gehalten:
Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren, mein Name ist Robert Hotstegs, ich bin Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Ich leite in Düsseldorf das Düsseldorfer Institut für Dienstrecht, ich bin ständiger Beisitzer am Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht Düsseldorf.
Ich bin eben bei dem Beitrag zuvor ein wenig zusammengezuckt, als es ganz am Anfang hieß, dass wir eigentlich weniger Konkurrentenstreitigkeiten brauchen. Denn mein Auftakt sollte genau das Gegenteil sein: Wir brauchen mehr Konkurrentenstreitigkeiten, aber mit der Betonung darauf, dass wir mehr gute Konkurrentenstreitigkeiten brauchen. Am Ende, habe ich gemerkt, liegen wir gar nicht so weit auseinander, denn Sie wollen ja nicht den Streit als solchen verhindern, sondern Sie wollen diese, wenn ich das etwas verkürzt sagen darf, obsolet machen. Dadurch, dass eben die Qualität der Auswahlverfahren verbessert wird, da sind wir relativ nah beieinander.
Also ich möchte bei Ihnen werben für ein guten Konkurrentenstreit. Das bedeutet aus meiner Sicht – und deswegen möchte ich auch einen Änderungsantrag am Ende zu Protokoll reichen – auch, dass wir im Blick haben müssen, dass wir für das richterliche Dienstrecht nicht zusätzliche Insellösungen schaffen dürfen. Wir haben die Situation, dass wir bei Konkurrentenstreitigkeiten im Kern auch immer um die Auswahlentscheidung und die dienstliche Beurteilung streiten.
Wie sieht das aus, wenn Sie in unserer Kanzlei ein Konkurrentenstreit als Richterin oder Richter beauftragen? Dann streiten wir über Ihre dienstliche Beurteilung, womöglich vor dem Dienstgericht, weil ihre richterliche Unabhängigkeit tangiert ist. Wir streiten vor dem Verwaltungsgericht, weil die dienstliche Beurteilung im Übrigen angegriffen werden soll. Nach dem neuen Vorschlag in dem Beschlussvorschlag sollen wir dann vor dem Oberverwaltungsgericht oder dem Verwaltungsgerichtshof den Konkurrentenstreit im Eilverfahren einleiten, den Streit der Bundesrichterin und dem Bundesrichter dann bei dem Bundesverwaltungsgericht erstinstanzlich und letztinstanzlich. Damit entkoppeln wir aber das Richterdienstrecht ein Stückchen weiter vom Beamtenrecht.
Jetzt sagen die anwesenden Richterinnen und Richter: „Das ist ja auch richtig, wir sind keine Beamtinnen und Beamten.“ Das stimmt. Aber wir benutzen ähnliche Instrumente und wir führen aus meiner Sicht nicht den Weg dahin eine einheitliche Rechtsprechung herbeizuführen, sondern wir haben noch mehr divergierende Entscheidungen zwischen Verwaltungsgerichten und Oberverwaltungsgerichten aus dem Beamtenrecht und dann womöglich einem erstinstanzlichen und letztinstanzlichen Bundesverwaltungsgericht bei den Bundesrichterstellen.
Das kann man machen, verkürzt aus meiner Sicht aber eben die Diskussion und das halte ich für falsch. Ich freue mich zwar, dass am Ende eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Anwältinnen und Anwälte herauskommt, weil sie den Anwaltszwang im Konkurrentenstreit einführen. Das begrüße ich aus egoistischen Gründen. Trotzdem werbe ich aber dafür: verzichten Sie bitte auf die Ziffer 19! Die Ziffer 19 ist, das Bundesverwaltungsgericht erst- und letztinstanzlich für Bundesrichterstellen zuständig zu machen. Davon halte ich überhaupt nichts. Ich habe an anderer Stelle schon einmal gesagt, bei allem Respekt vor anwesenden und nicht anwesenden Bundesverwaltungsrichterinnen und Bundesverwaltungsrichtern: ich halte das Bundesverwaltungsgericht nicht für eine gute erste Instanz, dafür ist es nicht in erster Linie gemacht. Es soll aus ganz anderen Rechtsgebieten noch weitere erstinstanzliche Zuständigkeiten erhalten.
Das ist Murks, wenn wir das im Richterdienstrecht auch noch einführen würden. Denn wenn wir beklagen, dass Eilverfahren die Hauptsache ersetzten – das ist gestern ja schon angeklungen – und zugleich zu lange dauern und Sie alle darunter leiden, egal, ob als Ausgewählter, als unterlegener Konkurrent oder als Behördenleitung, als Präsident oder Direktorin/Direktor. Wenn wir das beklagten, dann ist ja nicht die Verkürzung des Instanzenzuges automatisch Garant dafür, dass die Qualität besser wird. Dann gehen wir nach dem Bundesverwaltungsgericht nochmal vor das Bundesverfassungsgericht und schaffen uns da womöglich eine faktisch weitere Instanz.
Ich meine die Stellschrauben sollten andere sein, und dann schließt der Bogen zu dem Redebeitrag vorher. Wir können die Qualität verbessern, wenn wir Rechtsnormen schaffen. Ich werbe für gesetzliche Regelungen, für den Rahmen von Beurteilungsverfahren, für den Rahmen von Ausschreibungs- und Anforderungsprofilen, wir können aber auch den gesetzlichen Rahmen schaffen für die Beschleunigung von gerichtlichen Verfahren. Out of the box ist gestern schon ein paar Mal gedacht worden. Warum kann man die Konkurrentenstreitigkeiten nicht schneller führen? Zum Beispiel als Anleihe aus dem arbeitsgerichtlichen Prozess? Ich halte einen Gütetermin innerhalb von drei Wochen durchaus für denkbar. Da kann man Anleihen nehmen und das Verfahren beschleunigen und sich sogar zwei Instanzen gönnen.
Wir haben gute Richterinnen und Richter. Und ich glaube wir tun gut daran, wenn wir auch mehrere Instanzen auf Auswahlentscheidungen schauen lassen. Mein Änderungsantrag soll deswegen lauten, in der Ziffer 18 die Textstelle, dass „um Richterstellen in den Ländern vor OVG/VGH und Bundesverwaltungsgericht“ gestritten werden soll, zu ersetzen mit „um Richterstellen im Bund und in den Ländern“. Und siehe da, die Ziffer 19 kann entfallen. Wir entlasten das Bundesverwaltungsgericht von einer weiteren ersten Instanz. Danke sehr!
Die Abteilung ist dem Änderungsantrag nicht gefolgt und hat mit Mehrheit beschlossen, die Verlagerung des Instanzenzuges für Landesrichter:innen-Stellen auf Oberverwaltungsgericht/Verwaltungsgerichtshof und Bundesverwaltungsgericht zu empfehlen, für Bundesrichter:innen-Stellen aber das streitige Verfahren ausschließlich erst- und letztinstanzlich auf das Bundesverwaltungsgericht zu verlagern.
Grundlegende Vorgaben für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen müssen in Rechtsnormen geregelt sein, Bundesverwaltungsgericht, Pressemitteilung v. 07.07.2021, Az. 2 C 2.21
Kommentar zur Entscheidung:
Dienstliche Beurteilungen sind elementar für das gesamte Beamtenrecht. Sie sind ausschlaggebend für Ernennungen, Beförderungen, insbesondere für die Auswahl bei Konkurrentenstreitigkeiten. § 25 Abs. 1 Nr. 8 LBG RLP überlässt es aber trotz dieser großen Bedeutung der Landesregierung in der Laufbahnverordnung die Details zu dienstlichen Beurteilungen festzulegen. Der Gesetzgeber hat lediglich entschieden, dass diese Beurteilungen – wenn sie auf Grundlage einer dem Landtag ja noch unbekannten Laufbahnverordnung erlassen wurden – nicht aus der Personalakte entfernt werden dürfen.
Die Entscheidung hat Auswirkungen auf alle Beamtenverhältnisse in Rheinland-Pfalz und möglicherweise auch für die Bereinigung von Personalakten. Ob auch Beamtenverhältnisse anderer Bundesländer von der Rechtsprechung profitieren können, muss noch abgewartet werden bis der Volltext der Entscheidung veröffentlich ist.
„Grundlegende Vorgaben für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen müssen in Rechtsnormen geregelt sein, Bundesverwaltungsgericht, Pressemitteilung v. 07.07.2021, Az. 2 C 2.21“ weiterlesenGüterichterverfahren sind Mehrwert, Oberverwaltungsgericht NRW, Beschluss v. 01.04.2020, Az. 6 E 319/19
Im Rahmen einer beamtenrechtlichen Auseinandersetzung waren wir damit beauftragt worden, Klage gegen eine dienstliche Beurteilung und gegen eine Entlassungsverfügung zu erheben. Wir haben beide Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf eingeleitet und die Durchführung eines Güterichterverfahrens angeregt. Erfreulicherweise war sowohl die betroffene Landesbehörde wie auch die streitentscheidende Kammer ebenso für die Idee zu gewinnen wie auch der Güterichter des Verwaltungsgerichts.
Daher wurden beide Klageverfahren ausgesetzt und der Streit an den Güterichter verwiesen. (Güterichter und Mediation nach dem Mediationsgesetz, kleine Mediationsstatistik) Im Rahmen einer Verhandlung dort kam es zu einer umfangreichen Einigung, die weit über die Themen der Klagen (dienstliche Beurteilung, Entlassung) hinausgingen. So war etwa auch die Erteilung eines Dienstzeugnisses, die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit in einer anderen Laufbahngruppe wie auch die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mit sofortiger Versetzung zu einer anderen Dienststelle Gegenstand der Einigung. Die Parteien verständigten sich darauf, dass durch die Einigung vor dem Güterichter auch die Klageverfahren erledigt seien, außerdem wurde eine Kostenteilung vereinbart.
Bei der anschließenden Streitwertfestsetzung durch die „Streitkammer“ hat diese schlicht den Inhalt des – ihr im Wortlaut bekannten – Vergleichs ignoriert und einerseits den Streitwert für die dienstliche Beurteilung, im anderen Verfahren den Streitwert für die Entlassung angesetzt. Hiergegen haben wir als Prozessbevollmächtigte im eigenen Namen Rechtsmittel eingelegt. Diesem hat das Verwaltungsgericht zu unserer bis heute anhaltenden Überraschung nicht abgeholfen. Es hat weiterhin ignoriert, dass ein sogenannter „Vergleichsmehrwert“ entstanden ist.
Dem hat nun erst das Oberverwaltungsgericht mit seiner aktuellen Entscheidung vom 01.04.2020 Einhalt geboten.
Der Rechtsstreit macht noch einmal darauf aufmerksam, dass auch verwaltungsgerichtliche und beamtenrechtliche Verfahren grundsätzlich und unabhängig vom Thema mediations- und güterichtergeeignet sind. Darüber hinaus weist die Streitwertfestsetzung aber auch darauf hin, dass die Gerichte verhandelte Mehrwerte häufig übersehen und offenbar auch übersehen wollen. Dem kann nur Einhalt geboten werden, wenn Prozessbevollmächtigte im eigenen Namen Streitwertbeschwerde erheben.
Die Entscheidung lautet im Volltext:
„Güterichterverfahren sind Mehrwert, Oberverwaltungsgericht NRW, Beschluss v. 01.04.2020, Az. 6 E 319/19“ weiterlesenDienstliche Beurteilungen und Beförderungen von Polizeibeamten in NRW rechtswidrig, Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 02.12.2019, Az. 6 A 420/19
In derzeit laufenden Beförderungsentscheidungen bei der nordrhein-westfälischen Polizei ist weiterhin davon auszugehen, dass diese auf der Grundlage von rechtswidrigen dienstlichen Beurteilungen getroffen werden. Bereits seit 2017 steht das Beurteilungssystem der Polizei auf dem verwaltungsgerichtlichen Prüfstand. Noch im Dezember 2019 bestätigte nun das Oberverwaltungsgericht die in Nordrhein-Westfalen vorherrschende erstinstanzliche Rechtsprechung.
Die Beurteilungsmaßstäbe müssen nach Ansicht des Senats nicht nur in jeder Polizeibehörde einheitlich sein, sondern im gesamten Geltungsbereich der Beurteilungsrichtlinien. Dieser Rechtsprechung folgen aktuell die Verwaltungsgerichte (vgl. Verwaltungsgericht Köln, Beschluss vom 30.01.2020, Az. 19 L 2465/19). Trotzdem verhindert das Land die Rechtskraft der erstinstanzlichen Entscheidungen durch die Beschwerde, denn die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist derzeit bei dem Bundesverwaltungsgericht anhängig.
Dort wird es neben der Frage zur Landeseinheitlichkeit der Beurteilungsmaßstäbe insbesondere um die Frage gehen, ob die bewerteten Einzelmerkmale bei der Bildung des Gesamturteils gleich gewichtet werden können. Im direkten Vergleich zweier Konkurrenten kann bei gleichem Gesamturteil gerade die Gewichtung der Einzelmerkmale den Ausschlag für eine Beförderung oder höhere Einsortierung in einer Beförderungsrangliste geben.
Zu wünschen ist ein Ende der Hängepartie hinsichtlich der Beförderungsentscheidungen im gesamten Bereich der nordrhein-westfälischen Polizei. Abzuwarten ist dazu neben der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wohl aber auch die Erstellung neuer Beurteilungsrichtlinien.
Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts lautet auszugsweise:
„Leitsatz
[…]
a) Der Dienstherr muss dafür Sorge tragen, dass innerhalb des Geltungsbereichs einer Beurteilungsrichtlinie oder innerhalb einer Gruppe von Beamten, die im Geltungsbereich derselben Beurteilungsrichtlinie einer bestimmten Laufbahngruppe angehören, die Gewichtung der Bewertungen der Einzelmerkmale bei der Gesamturteilsbildung einheitlich vorgenommen wird.
b) In den BRL Pol fehlt es an Vorgaben für die Gewichtung der Bewertungen der Einzelmerkmale bei der Gesamturteilsbildung in den dienstlichen Beurteilungen der Polizeibeamten der Laufbahngruppen 1, zweites Einstiegsamt, und 2, erstes Einstiegsamt.
3. Unter Geltung der BRL Pol (juris: PolDBeurtRL NW) ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn allen Einzelmerkmalen für die Bildung des Gesamturteils der dienstlichen Beurteilung gleiches Gewicht zugemessen wird.
[…] Entscheidungsgründe […]
VI. Die dienstliche Beurteilung des Klägers ist ferner rechtswidrig, weil sie keine geeignete Grundlage für Auswahlentscheidungen nach Art. 33 Abs. 2 GG darstellt. Es fehlt an den erforderlichen dienstherrn- und laufbahnweit einheitlichen Vorgaben für die Gewichtung der Bewertungen der Einzelmerkmale bei der Gesamturteilsbildung mit der Folge einer uneinheitlichen Gewichtungspraxis (1.). Daher hätte das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung begründet werden müssen (2.).
1. Maßgeblicher Zweck der dienstlichen Beurteilung und insbesondere des Gesamturteils ist es, Grundlage für einen späteren Leistungsvergleich in einem an Art. 33 Abs. 2 GG zu messenden Auswahlverfahren zu sein. Daraus folgt die Notwendigkeit, schon bei der dienstlichen Beurteilung einheitliche Maßstäbe einzuhalten; diese müssen gleich sein und gleich angewendet werden. Dies umfasst es, zu gewährleisten, dass die Gewichtung der Einzelbewertungen für die Gesamturteilsbildung weder mit Bezug auf den konkret durch den Beamten innegehabten Dienstposten noch durch verschiedene Beurteiler unterschiedlich erfolgt. Vielmehr muss der Dienstherr dafür Sorge tragen, dass innerhalb des Geltungsbereichs einer Beurteilungsrichtlinie oder innerhalb einer Gruppe von Beamten, die im Geltungsbereich derselben Beurteilungsrichtlinie einer bestimmten Laufbahngruppe angehören, diese Gewichtung einheitlich vorgenommen wird (im Folgenden auch verkürzt mit „landeseinheitlich“ bezeichnet).
BVerwG, etwa Urteile vom 1. März 2018 – 2 A 10.17 -, a. a. O. Rn. 44 f. und bereits vom 18. Juli 2001 – 2 C 41.00 -, NVwZ-RR 2002, 201 = juris Rn. 14, sowie vom 30. April 1981 – 2 C 26.78 – ZBR 1982, 174 = juris Rn. 25; Beschluss vom 21. Dezember 2016 – 2 VR 1.16 -, a. a. O. Rn. 25 m. w. N.; auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17. Februar 2017 – 2 BvR 1558/16 -, NVwZ 2017, 1133 = juris Rn. 10 f.
Hiergegen hat das beklagte Land mit dem Schriftsatz vom 18. November 2019 und in der mündlichen Verhandlung, in der es die schriftsätzlich vorgetragene Argumentation bekräftigt hat, vergeblich eingewandt, diese Rechtsprechung verkenne, dass im Bereich des – in den BRL Pol noch so bezeichneten – mittleren und gehobenen Dienstes nach Nr. 9.3 BRL Pol ein behördenspezifisches Beurteilungsverfahren bestehe. Deshalb müssten einheitliche Beurteilungsmaßstäbe nur im Bereich der Behörde, der der zu beurteilende Polizeibeamte angehöre, nicht aber im gesamten Geltungsbereich der BRL Pol (Nr. 2) eingehalten werden. Sofern bei der Gesamturteilsbildung von Behördenleitern unterschiedliche Maßstäbe angelegt würden, führe dies daher nicht zur Rechtswidrigkeit der jeweiligen Beurteilungen. Dieser Umstand erlange erst Bedeutung in Konkurrenzsituationen mit der Konsequenz, dass gegebenenfalls die Vergleichbarmachung der Beurteilungen notwendig werde.
Diese Rechtsauffassung teilt der Senat nicht. Sie würde, wie bereits das Verwaltungsgericht dargetan hat, zu einer den Anspruch der Beamten gemäß Art. 3 Abs. 1 GG verletzenden Ungleichbehandlung bei der Beurteilung dienstlicher Leistungen und in der Folge zu einer mit Art. 33 Abs. 2 GG unverträglichen Wettbewerbsverzerrung führen, für die ein rechtfertigender Grund nicht ersichtlich ist. Dass die Anwendung und Umsetzung einheitlicher Beurteilungsmaßstäbe behördenbezogen erfolgt, ist angesichts der großen Zahl der im Bereich der Polizei beschäftigten Beamten praktischen Bedürfnissen geschuldet. Praktikabilitätsgesichtspunkte, die es rechtfertigen würden, bereits von dem Postulat der Vorgabe gleicher Maßstäbe abzusehen, sind nicht ersichtlich.
Für seine abweichende Auffassung stützt sich das beklagte Land vergeblich auf Nr. 9.3 Satz 1 BRL Pol. Diese Vorschrift bestimmt lediglich, dass die Beurteilung der Beamtinnen und Beamten des mittleren und gehobenen Dienstes (jetzt: Laufbahngruppen 1, zweites Einstiegsamt, und 2, erstes Einstiegsamt, vgl. § 5 Abs. 2 LBG NRW) der Leiterin oder dem Leiter der Behörde obliegt (Endbeurteilung), bei der die Beamtin oder der Beamte beschäftigt ist. Sie findet sich systematisch im Abschnitt 9 „Beurteilungsverfahren“ und steht schon in keinem inneren Zusammenhang zu der maßgeblichen Bestimmung zur Gesamturteilsbildung in Nr. 8.1. BRL Pol. Vielmehr handelt sich um eine reine Zuständigkeitsregelung, die von der Vorgabe und Einhaltung eines landeseinheitlichen Maßstabs nicht entbindet. Letzteres folgt auch nicht aus dem Fehlen einer der Nr. 9.4 Abs. 4 BRL Pol vergleichbaren Regelung für die Beamten des mittleren und gehobenen Dienstes. Nr. 9.4 Abs. 4 BRL Pol bestimmt für Beamte des höheren Dienstes (jetzt Laufbahngruppe 2, zweites Einstiegsamt), dass die zur Endbeurteilung Befugten sich zur Gewährleistung eines landeseinheitlichen Maßstabs kontinuierlich abstimmen. Der Umstand, dass die BRL Pol eine entsprechende Bestimmung für die Beurteilung der Beamten des mittleren und gehobenen Dienstes nicht enthalten, bedeutet nicht, dass von dem aus der Zweckbestimmung dienstlicher Beurteilungen, den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG genügende Auswahlentscheidungen auf ihrer Grundlage zu ermöglichen, abgeleiteten Erfordernis landesweit gleicher Beurteilungsmaßstäbe abgesehen werden kann.
Das beklagte Land verweist in diesem Zusammenhang ferner zu Unrecht auf die Pflicht zur Vergleichbarmachung dienstlicher Beurteilungen (oder anderer schriftlicher Leistungseinschätzungen) in Konkurrenzsituationen.
Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 31. März 2017 – 6 B 1463/16 -, juris Rn. 13 m. w. N.
Diese Pflicht trifft den Dienstherrn namentlich in Fällen, in denen unter Anwendung der gleichen Beurteilungsrichtlinien erstellte dienstliche Beurteilungen nicht zur Verfügung stehen, und soll dieses Defizit in Konkurrenzlagen ausgleichen. Sie ist demgegenüber ein gegenüber der Vorgabe (und Beachtung) gleicher Maßstäbe weniger wirksames Mittel, das oft genug an praktische Grenzen stößt.
a. An den demnach erforderlichen landesweit einheitlichen Maßstäben für die Bildung des Gesamturteils in den Beurteilungen der Beamten der Laufbahngruppen 1.2 und 2.1 der nordrhein-westfälischen Polizei fehlt es.
aa. Ausdrückliche Vorgaben des Dienstherrn zur Gewichtung der Einzelmerkmale gemäß Nr. 6.1. BRL Pol existieren nicht.
(1) Sie sind insbesondere nicht mit dem Erlass des Ministeriums des Innern des Landes NRW vom 30. August 2018 an das Polizeipräsidium H1. erfolgt. Dieser lag erstens zum Zeitpunkt der Schlusszeichnung der streitgegenständlichen Beurteilung noch gar nicht vor. Abgesehen davon handelt es sich ausdrücklich um einen „Einzelerlass“ (nur) an das Polizeipräsidium H1. „zur Verwendung in den Verwaltungsstreitverfahren 1 K 11812/17 und 1 K 11915/17“, nicht also um eine an alle Polizeibehörden des Landes gerichtete Vorgabe.
(2) Eine ausdrückliche Festlegung, den nach Nr. 6.1 BRL Pol zu bewertenden sieben oder (im Fall von Beamten mit Vorgesetztenfunktion) acht Einzelmerkmalen sei für die Bildung des Gesamturteils jeweils gleiches Gewicht beizumessen, ist auch den BRL Pol nicht zu entnehmen. Nr. 8.1 Satz 1 BRL Pol bestimmt lediglich, dass die Gesamtnote aus der Bewertung der Leistungs- und Befähigungsmerkmale unter Würdigung ihrer Gewichtung und der Gesamtpersönlichkeit der Beamtin oder des Beamten zu bilden ist. Die Vorschrift legt damit fest, dass eine Gewichtung vorzunehmen ist, nicht aber, wie dies zu geschehen hat; sie bestimmt mithin namentlich nicht, dass allen Einzelmerkmalen gleiches Gewicht zukommt.
Ebenso bereits VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 9. Juli 2018 – 2 L 1058/18 -, juris Rn. 19, und vom 20. August 2018 – 2 L 1448/18 -, juris Rn. 19; VG Münster, etwa Urteil vom 22. Februar 2019 – 4 K 6785/17 -, n.v.; VG Minden, etwa Urteil vom 6. Mai 2019 – 4 K 882/18 -, n.v.; a. A. VG Köln, Beschluss vom 28. Januar 2019 – 19 L 1860/18 -, juris Rn. 17 f.
Wäre das beabsichtigt gewesen, hätte sich vielmehr eine eindeutige Formulierung wie „Allen Einzelmerkmalen ist für die Bildung des Gesamturteils das gleiche Gewicht zuzumessen“ aufgedrängt.
Näheres zur Gewichtung der Einzelmerkmale ergibt sich auch nicht aus Nr. 8.1 Satz 2 BRL Pol. Danach ist ein Punktwert als arithmetisches Mittel aus den Bewertungen der einzelnen Merkmale nicht zu bilden. Zwar setzte die Bildung des arithmetischen Mittels aus den Einzelbewertungen voraus, dass jenen jeweils gleiches Gewicht zukommt. Mit der Bestimmung wird aber ein solches Vorgehen gerade ausdrücklich ausgeschlossen. Aus welchen Gründen dies der Fall ist, geht aus ihr nicht hervor.
bb. Es besteht ferner keine hinreichende Grundlage für die Annahme einer Regel des Inhalts, dass die Einzelmerkmale gleich zu gewichten sind, solange nichts anderes bestimmt ist, oder dafür, dass der Dienstherr dann eine gleichwertige Behandlung „stillschweigend vorgegeben“ habe.
So aber VG Gelsenkirchen, Urteil vom 10. September 2018 – 1 K 11087/17 -, juris Rn. 51.
Der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zufolge ist es Zweck des Erfordernisses, das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung zu begründen oder abstrakte Vorgaben für die Gesamturteilsbildung festzulegen, dass die Einhaltung gleicher Maßstäbe gewährleistet und die Gesamturteilsbildung nachvollziehbar und der gerichtlichen Überprüfung zugänglich gemacht wird.
BVerwG, Urteile vom 1. März 2018 – 2 A 10.17 -, a. a. O. Rn. 42, und vom 2. März 2017 – 2 C 51.16 -, IÖD 2017, 170 = juris Rn. 15.
Ausgehend hiervon ist insoweit eine hinreichend deutliche Festlegung zu verlangen, an der es hier fehlt. Angesichts des diesbezüglichen Schweigens des Richtliniengebers kommt vielmehr ebenso in Betracht, dass es dem jeweiligen Anwender überlassen bleiben sollte, die Gewichtung der Einzelmerkmale eigenständig vorzunehmen. So ist die Vorschrift zumindest in einigen Polizeibehörden in der Vergangenheit offenbar auch verstanden und der auf der Grundlage dieses Verständnisses eröffnete Spielraum genutzt worden, indem einzelne Behörden abweichende Gewichtungen der Einzelmerkmale vorgenommen haben. Nach den Ermittlungen des Senats sind zum Regelbeurteilungsstichtag 2014 sowohl das Polizeipräsidium E2. , das eine Faktorisierung sämtlicher Merkmale vorgenommen hat, als auch der Landrat des S. -T1. -Kreises, der dem Merkmal Leistungsgüte hervorgehobene Bedeutung zugemessen hat, von der Praxis der übrigen Behörden abgewichen. Zum Regelbeurteilungsstichtag 2017 war dies noch beim Landrat des S. -T1. -Kreises der Fall. Hinzu treten allerdings mehrere Behörden, die bei der Erstellung einer Beförderungsrangliste (so der Landrat des Kreises F. : Faktorisierung aller Merkmale) bzw. einer Beförderungsrangfolge (Polizeipräsidium P. ) oder -reihenfolge (Polizeipräsidium X3. ) eine unterschiedliche Gewichtung der Einzelmerkmale vorgenommen haben. Das beklagte Land hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt, in der Vergangenheit zur Sicherstellung landeseinheitlicher Maßstäbe nichts unternommen zu haben; dies sei aufgrund des behördenspezifischen Verfahrens im Bereich der Polizeibeamten der Laufbahngruppen 1.2 und 2.1, das die Einhaltung gleicher Maßstäbe nur behördenweit verlange, auch nicht erforderlich.
Bestätigt wird dieses Verständnis durch das Fehlen einer Regelung zur Entscheidung in sogenannten „Remislagen“, in Situationen also, in denen nicht nur sieben, sondern acht Einzelmerkmale zu bewerten sind und jeweils vier mit dem gleichen höheren und vier mit dem gleichen niedrigeren Punktwert bewertet werden. Geht man davon aus, dass der Richtliniengeber stillschweigend die Gleichgewichtung aller Einzelmerkmale bestimmt hat, so hätte es sich aufgedrängt, ergänzend eine ausdrückliche Regelung für derartige Fälle vorzusehen, denn sie sind ohne eine zusätzliche Vorgabe nicht auflösbar. Eine landeseinheitliche Vorgabe hierzu fehlt aber. Statt dessen hat es der Richtliniengeber (auch) insoweit dem jeweiligen Anwender überlassen, nach welchen Maßgaben die Gesamturteilsbildung erfolgt. Dies hat nach den Feststellungen des Senats zu einer uneinheitlichen und evident gleichheitswidrigen Praxis geführt: Der überwiegende Teil der Polizeibehörden in NRW (26) gibt an, in „Remislagen“ eine „Einzelfallbewertung im Quervergleich unter Würdigung der Persönlichkeit“ vorzunehmen. Acht Behörden vergeben den jeweils niedrigeren Punktwert als Gesamturteil, eine den jeweils höheren. Zwei Behörden lassen das Einzelmerkmal Leistungsgüte den Ausschlag geben, zwei andere das Einzelmerkmal Mitarbeiterführung, das im Gegensatz dazu sechs Behörden für die Gesamturteilsbildung ausblenden. Eine Behörde schließlich stellt auf die Bewertung vier näher bezeichneter Einzelmerkmale ab.
cc. Es kann auf sich beruhen, ob es den Maßgaben des Bundesverwaltungsgerichts zur Sicherstellung der Einheitlichkeit des Beurteilungsmaßstabs genügen würde, wenn im Bereich des Richtliniengebers tatsächlich eine Praxis allgemein bestünde, sämtliche Einzelmerkmale in dienstlichen Beurteilungen gleich zu gewichten. Dem Gebot der Einheitlichkeit des Beurteilungsmaßstabs wäre dabei jedenfalls nur entsprochen, wenn die Gewichtungspraxis landesweit ausnahmslos angewandt würde.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2000 – 2 C 7.99 -, NVwZ-RR 2000, 621 = juris Rn. 21.
Das ist nach dem oben Ausgeführten nicht der Fall.
Mangels landeseinheitlicher Praxis verweist das beklagte Land auch erfolglos darauf, bei den BRL Pol handele es sich um Verwaltungsvorschriften, bei denen es nicht entscheidend auf ihren Wortlaut ankomme, sondern gegebenenfalls auf eine abweichende tatsächliche Handhabung, wenn sie von dem Richtliniengeber gebilligt oder zumindest geduldet werde.
Vgl. dazu BVerwG, etwa Urteil vom 17. September 2015 – 2 C 27.14 -, a. a. O. Rn. 41; OVG NRW, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 6 A 210/10 -, juris Rn. 17, jeweils m. w. N.
dd. An alldem hält der Senat auch vor dem Hintergrund der Ausführungen im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Mai 2019 – 2 C 1.18 – fest. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht dabei in einem Fall, in dem ebenfalls die BRL Pol anzuwenden waren, entschieden, dass es einer Begründung des Gesamturteils bei einer allein anhand von Zahlen- oder Buchstabenwerten erstellten dienstlichen Beurteilung nicht bedarf, wenn diese eine vergleichsweise geringe Zahl von Einzelmerkmalen (hier: sieben) betrifft, denen der Dienstherr zulässigerweise eine gleich große Bedeutung (dasselbe Gewicht) zumisst.
BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 – 2 C 1.18 -, IÖD 2019, 230 = juris Rn. 66.
Zur Begründung seiner Auffassung hat sich das Bundesverwaltungsgericht auf den Satz beschränkt, die vorgenommene Gleichgewichtung ergebe sich sowohl aus der zugrunde liegenden Beurteilungsrichtlinie als auch aus dem Vortrag des Vertreters des Beklagten in der Revisionsverhandlung. Dabei wird weder erkennbar, auf welche Norm bzw. welche Normen der BRL Pol sich die Feststellung stützt und aufgrund welcher Zusammenhänge, noch, was der Vertreter des Beklagten in der Revisionsverhandlung vorgetragen hat; der Umstand, dass sich das Bundesverwaltungsgericht auch auf dessen Vorbringen gestützt hat, lässt allerdings auf die Relevanz dieser Gegebenheiten schließen. Auf Nachfrage des Senats hat der Vertreter des Beklagten mitgeteilt, er habe angegeben, in den vom LAFP NRW erstellten Beurteilungen würden die Einzelmerkmale entsprechend der landesweit geltenden Regelungen immer gleich gewichtet. Der Vortrag mag, soweit er die Praxis des LAFP NRW betrifft, richtig gewesen sein; dass er bezogen auf alle Polizeibehörden des Landes zutreffend war, ist nach den Ermittlungen des Senats zur oben dargestellten Beurteilungspraxis zu den Regelbeurteilungsstichtagen 2014 und 2017 allerdings unwahrscheinlich. Wenn zu diesen Zeitpunkten auch nur wenige der Polizeibehörden des Landes die Einzelmerkmale gemäß Nr. 6.1 BRL Pol unterschiedlich gewichtet haben, so ist dies doch vorgekommen, so dass von einer einheitlichen Praxis nicht gesprochen werden kann.
b. Damit erweist sich die dienstliche Beurteilung auch deshalb als rechtswidrig, weil der Kläger nicht in Anwendung eines einheitlich angewandten Beurteilungsstandards beurteilt worden ist. Wie dargelegt, bestand bei den Polizeibehörden im Land Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf die Gewichtung der Einzelmerkmale bei der Bildung des Gesamturteils in den dienstlichen Beurteilungen der Beamten der Laufbahngruppen 1.2 und 2.1 in der Vergangenheit und auch noch zum Regelbeurteilungsstichtag 2017 eine uneinheitliche Praxis; dass dies nur in geringem und zuletzt geringstmöglichem Ausmaß der Fall war, ändert an der Uneinheitlichkeit nichts. Dafür, dass der Dienstherr versucht hätte, dem entgegenzuwirken und eine einheitliche Handhabung sicherzustellen, ist nichts ersichtlich. Die noch immer bestehende, in hohem Maß uneinheitliche Verwaltungsübung im Hinblick auf die Bildung des Gesamturteils in sogenannten „Remislagen“ zeigt vielmehr, dass er divergierende Handhabungen hingenommen hat.
2. Vor diesem Hintergrund ist die dienstliche Beurteilung des Klägers ferner deshalb zu beanstanden, weil in ihr das Gesamturteil nicht näher begründet ist. Beurteilungen, die im Ankreuzverfahren oder – wie hier – allein anhand von Zahlen- oder Buchstabenwerten erstellt werden, müssen im Regelfall eine Begründung des Gesamturteils enthalten.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. März 2018 – 2 A 10.17 -, a. a. O. Rn. 42, vom 2. März 2017 – 2 C 51.16 -, a. a. O. Rn. 11 ff., vom 2. März 2017 – 2 C 21.16 -, a. a. O., Rn. 58 ff., jeweils m. w. N., vom 28. Januar 2016 – 2 A 1.14 -, juris Rn. 30 ff., vom 17. September 2015 – 2 C 27.14 -, a. a. O. Rn. 30 ff., sowie Beschluss vom 21. Dezember 2016 – 2 VR 1.16 -, a. a. O. Rn. 38 ff.; OVG NRW, etwa Beschluss vom 25. Oktober 2018 – 6 B 1101/18 -, juris Rn. 5 m. w. N.
Dieser bedarf es nicht, wenn hinreichend deutliche abstrakt-generelle Vorgaben des Dienstherrn etwa in Beurteilungsrichtlinien zum Gewicht der Einzelbewertungen bzw. zur Herleitung des Gesamturteils aus diesen bestehen.
BVerwG, Urteile vom 1. März 2018 – 2 A 10.17 -, a. a. O. Rn. 45, und vom 2. März 2017 – 2 C 51.16 -, a. a.O. Rn. 15.
Dies ist indessen nach dem oben Ausgeführten hier nicht der Fall. Die Begründung des Gesamturteils war auch nicht deshalb entbehrlich, weil sich im konkreten Fall die vergebene Note vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf Null geradezu aufdrängte. Denn angesichts der Bewertung von drei Einzelmerkmalen mit 4 und vier Einzelmerkmalen mit 3 Punkten wäre bei herausgehobener Gewichtung eines oder mehrerer der mit 4 Punkten bewerteten Merkmale auch ein Gesamturteil von 4 Punkten plausiblerweise in Betracht gekommen.
3. Folge dieser Rechtsfehler ist die Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Beurteilung, die den Kläger in seinen Rechten verletzt. Das Fehlen einheitlicher Maßstäbe für die Bildung des Gesamturteils der dienstlichen Beurteilung und die daraus folgende uneinheitliche Praxis gewinnen entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht erst rechtliche Relevanz in Konkurrenzsituationen.
Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 2. März 2017 – 2 C 51.16 -, a .a. O. Rn. 22, vom 2. März 2000 – 2 C 7.99 -, a. a. O. Rn. 21, und vom 30. April 1981 – 2 C 26.78 -, a. a. O. Rn. 30.
VII. Soweit in der dienstlichen Beurteilung des Klägers sämtliche Einzelmerkmale mit gleichem Gewicht in das Gesamturteil eingeflossen sind, bestehen – wie der Senat bereits im Beschluss vom 5. September 2019 – 6 B 852/19 -, juris Rn. 51 ff., entschieden hat – unter Geltung der BRL Pol aus Rechtsgründen Bedenken gegen eine solche Vorgehensweise nicht. Hier ist vielmehr eine entsprechende wertende Entscheidung aus Rechtsgründen ebenso zulässig wie andere plausible Gewichtungen.
Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 – 2 C 1.18 -, a. a. O. Rn. 66.
Hierzu hat der Senat ausgeführt:
a) Im Hinblick auf die in dienstlichen Beurteilungen vorgenommenen Wertungen ist – auch im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts –
2 A 10.17 -, a. a. O. Rn. 46 –
ein Beurteilungsspielraum des Dienstherrn anerkannt, der der gerichtlichen Überprüfung nur eingeschränkt zugänglich ist. Hieran hat die in den letzten Jahren festzustellende Tendenz, die Dichte der gerichtlichen Kontrolle bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit dienstlicher Beurteilungen zu erhöhen, im Grundsatz nichts geändert. Zu den weiterhin dem Dienstherrn vorbehaltenen und aus Rechtsgründen nur sehr eingeschränkt determinierten Wertungen gehört die Frage, welche Einzelmerkmale dieser für die Ermittlung des Gesamtergebnisses für besonders bedeutsam hält. Es ist allein Sache des Dienstherrn, bestimmten Merkmalen im Verhältnis zu anderen bei der Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung besonderes Gewicht beizumessen. Erstreckt sich nämlich die dem Dienstherrn eingeräumte Beurteilungsermächtigung u.a. darauf, die zahlreichen Anforderungen festzulegen, denen der Beamte im Rahmen seiner Laufbahn gewachsen sein muss, so gilt dies in gleicher Weise auch für die Bestimmung der spezifischen Anforderungen, die nach seiner Einschätzung für die Erfüllung der mit den Ämtern der Laufbahn verbundenen Aufgaben von besonderer Bedeutung sind.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. März 2011 – 1 A 808/09 -, juris Rn. 26.
Gerichtlicher Überprüfung zugänglich ist insoweit namentlich, ob die vorgenommene Gewichtung die Grenze der Implausibilität überschreitet. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, der dem Dienstherrn eröffnete Wertungsspielraum bei der Gewichtung der Einzelmerkmale einer dienstlichen Beurteilung finde dort eine Grenze, wo eine von ihm abstrakt vorgegebene Gewichtung dem Bedeutungsgehalt der Begriffe von „Eignung, Befähigung und fachliche Leistung“ i.S.v. Art. 33 Abs. 2 GG – offensichtlich – nicht mehr gerecht werde. Dies könne etwa dann der Fall sein, wenn der Dienstherr vorgäbe, dass bei einer Vielzahl von zu bewertenden Einzelmerkmalen diesen sämtlich das gleiche Gewicht zukommen solle mit der Folge, dass selbst solche Einzelmerkmale, die für eine Bewertung der Eignung und der fachlichen Leistung eines Beamten regelmäßig im Vordergrund stünden (weil sie den Kern dieser Begriffe ausmachten) wie z.B. „Arbeitsgüte“ und „Arbeitsmenge“ (Qualität und Quantität der Arbeitsergebnisse) – lediglich – mit dem gleichen Gewicht in das Gesamturteil einfließen sollten wie andere, zwar ebenfalls bedeutsame, aber im Vergleich dazu doch nachrangige Einzelmerkmale wie etwa „Fortbildungsbereitschaft“ oder „Offenheit für Innovationsprozesse“.
BVerwG, Urteil vom 1. März 2018 – 2 A 10.17 -, a. a. O. Rn. 46.
Dem folgend hat der Senat es vor einem vergleichbaren Hintergrund als mit Art. 33 Abs. 2 GG unvereinbar angesehen, wenn das Gesamturteil einer dienstlichen Beurteilung – ohne abstrakte Vorgabe zur Wertigkeit der Einzelmerkmale – lediglich als arithmetisches Mittel aus der Bewertung einer Vielzahl von insgesamt 18 Einzelbewertungen gebildet wird.
OVG NRW, Beschluss vom 25. Juli 2019 – 6 B 374/19 -, juris Rn. 23.
Denn in jenem Fall waren die von „Arbeitsleistung“ und „Arbeitsqualität“ bis zu „Einfallsreichtum“ und „Fortbildung“ reichenden Kriterien für die Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ersichtlich von deutlich unterschiedlicher Bedeutung; außerdem trat die Beurteilung der gezeigten Leistung, die nach den einschlägigen Beurteilungsrichtlinien in nur drei Einzelmerkmalen erfasst wurde, in nicht mehr sachgerechter Weise gegenüber der Befähigungsbeurteilung zurück, für die 15 Einzelmerkmale vorgesehen waren.
Gemessen daran hält es der Rechtskontrolle stand, wenn der Dienstherr die hier vorgesehenen sieben bzw. acht Leistungs- und Befähigungsmerkmale für die Ermittlung des Gesamtergebnisses gleich gewichtet. Die Gegebenheiten des Streitfalls sind mit denjenigen der vorstehend genannten Fallgestaltungen nicht vergleichbar. Nach Nr. 6.1 Satz 1 BRL Pol sind in der dienstlichen Beurteilung die Merkmale Arbeitsorganisation, Arbeitseinsatz, Arbeitsweise, Leistungsgüte, Leistungsumfang, Veränderungskompetenz, soziale Kompetenz und gegebenenfalls Mitarbeiterführung zu bewerten. In die Bewertung der Merkmale sind nach Satz 2 der Vorschrift die nachfolgenden Kriterien einzubeziehen:
1. Arbeitsorganisation: Planung und zielgerichtete Ausrichtung von Arbeitsabläufen, Prioritäten berücksichtigen, Effizienz;
2. Arbeitseinsatz: Initiative und Selbständigkeit, Ausdauer und Belastbarkeit;
3. Arbeitsweise: Analytische Fähigkeit, Gestaltungsspielräume nutzen, Entscheidungsfreude, Urteilsfähigkeit;
4. Leistungsgüte: Schriftlicher und mündlicher Ausdruck, Sorgfalt und Gründlichkeit, Effektivität, Beachten von inhaltlichen, rechtlichen, formalen und zeitlichen Vorgaben;
5. Leistungsumfang: Arbeitsumfang unter Berücksichtigung des jeweiligen Schwierigkeitsgrades und der Verwendbarkeit des Arbeitsergebnisses;
6. Veränderungskompetenz: Bereitschaft, sich neuen Anforderungen zu stellen, Selbstreflexion, Aktive und passive Kritikfähigkeit, Bereitschaft zum lebenslangen Lernen, Bereitschaft, Wissen an andere zu vermitteln;
7. Soziale Kompetenz: Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen, Zusammenarbeit mit Vorgesetzten, Wertschätzung und Teamfähigkeit, Verantwortungsbereitschaft und Zuverlässigkeit, Umgang mit Bürgerinnen und Bürgern;
8. Mitarbeiterführung (nur für Vorgesetzte): Zielentwicklung und -vereinbarung, Leistungsmotivation, Umgang mit Konfliktsituationen, Delegieren und Kontrollieren, Beurteilen und Fördern, Beachten der Ziele der Gesundheitsförderung, Beachten der Ziele der Gleichstellung.
Es ist nicht erkennbar, dass es dem Bedeutungsgehalt der Begriffe von „Eignung, Befähigung und fachliche Leistung“ i.S.v. Art. 33 Abs. 2 GG – zumal offensichtlich – nicht mehr gerecht würde, wenn diesen Merkmalen für die Bildung des Gesamturteils gleiches Gewicht zugemessen wird. Es handelt sich, wie die dazu gegebenen Erläuterungen zeigen, jeweils um verschiedene Submerkmale erfassende Bündelungsmerkmale, deren Zahl deutlich geringer ist als die 18 Einzelmerkmale in dem Sachverhalt, der dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde lag. Eine offensichtlich größere Nähe oder aber Distanz eines oder mehrerer dieser sieben bzw. acht Kriterien zu den Begriffen „Eignung, Befähigung und fachliche Leistung“, die es nicht mehr plausibel erscheinen lassen würde, sie mit demselben Gewicht einzustellen wie die anderen, ist nicht auszumachen.
Ebenso VG Gelsenkirchen, Urteil vom 10. September 2018 – 1 K 11087/17 -, a. a. O. Rn. 42; a.A. VG Düsseldorf, etwa Beschlüsse vom 9. Juli 2018 – 2 L 1058/18 -, juris Rn. 12, und vom 20. August 2018 – 2 L 1448/18 -, juris Rn. 12, sowie Urteil vom 12. Dezember 2008 – 2 K 17925/17 -, juris Rn. 33.
Bezeichnenderweise hat auch weder die Vorinstanz noch ein anderes derjenigen Verwaltungsgerichte, die ihre Gleichgewichtung für rechtswidrig erachtet haben, konkret aufgezeigt, in Bezug auf welche Merkmale dies der Fall sein soll, welche Merkmale also aus Rechtsgründen mit welchem (erhöhten) Gewicht in die Gesamturteilsbildung einzustellen sein sollen.
Mit der Gleichgewichtung aller sieben bzw. acht Einzelmerkmale wird auch nicht den Befähigungsmerkmalen gegenüber den Leistungsmerkmalen ein sachlich nicht mehr zu rechtfertigendes Gewicht zugemessen.
Vgl. hierzu (weitgehend) OVG NRW, Urteil vom 17. August 2018 – 1 A 379/17 -, ZBR 2019, 206 = juris Rn. 85.
Die BRL Pol trennen nicht ausdrücklich zwischen Leistungs- und Befähigungsmerkmalen bzw. der entsprechenden Beurteilung. Gleichwohl ist erkennbar, dass eine Beurteilung der Befähigung – also der Fähigkeiten, Kenntnisse, Fertigkeiten und sonstigen Eigenschaften, die für die dienstliche Verwendung wesentlich sind – hier am ehesten mit den Merkmalen zu 6. und zu 7. (Veränderungskompetenz und soziale Kompetenz) erfolgt. Die übrigen fünf bzw. sechs Merkmale erfassen im Wesentlichen Qualität und Quantität der tatsächlich erbrachten Arbeitsergebnisse, das Arbeitsverhalten und bei Beamten, die Vorgesetzte sind, auch das Führungsverhalten und mithin Gesichtspunkte der erbrachten Leistung. Bereits angesichts des erheblichen Überwiegens von fünf oder sechs gegenüber zwei Merkmalen kommt damit der Leistungsbeurteilung insgesamt ein gegenüber der Befähigungsbeurteilung deutlich höheres Gewicht zu, was nicht als unplausibel angesehen werden kann.
Erst recht ist es nicht unzulässig, einzelne Befähigungsmerkmale mit dem gleichen Gewicht einzustellen wie einzelne Leistungsmerkmale.
So aber VG Münster, Urteil vom 19. März 2019 – 4 K 6199/17 -, n.v.
Sofern man – was hier offenbleiben kann – überhaupt ein Überwiegen der Leistungsbeurteilung gegenüber der Befähigungsbeurteilung für erforderlich hält, kommt es für die Frage, wann dieses Erfordernis gewahrt ist, darauf an, im welchem Umfang Leistungsmerkmale einerseits und der Befähigungsbeurteilung zuzurechnende Merkmale andererseits jeweils in der Summe in die Gesamturteilsbildung einfließen.
b) Es überzeugt ferner nicht, wenn das Verwaltungsgericht die Notwendigkeit einer unterschiedlichen Gewichtung der Einzelmerkmale aus dem Wortlaut der Nr. 8.1 BRL Pol ableitet. Nach dieser Bestimmung ist die Gesamtnote aus der Bewertung der Leistungs- und Befähigungsmerkmale unter Würdigung ihrer Gewichtung und der Gesamtpersönlichkeit der Beamtin oder des Beamten zu bilden und in Punkten festzusetzen. Mit der Wendung „unter Würdigung ihrer Gewichtung“ wird vorgegeben, dass eine solche Würdigung zu erfolgen hat; es wird aber gerade nicht festgelegt, wie und mit welchem Ergebnis dies geschehen soll. Auch eine Gleichgewichtung der Einzelmerkmale ist damit nicht ausgeschlossen. Hierzu zwingt auch nicht der Gedanke, dass bei Gleichgewichtung aller Merkmale in Fällen, in denen auch das Merkmal „Mitarbeiterführung“ und damit eine gerade Zahl von Merkmalen zu bewerten ist, ein Patt entstehen kann.
So aber VG Düsseldorf, Beschluss vom 20. August 2018 – 2 L 1448/18 -, a. a. O. Rn. 45.
Das trifft für sich genommen zwar zu, heißt aber nichts weiter, als dass in diesen Fällen eine weitere Vorgabe des Dienstherrn dazu erforderlich ist, woran sich die Entscheidung ausrichten soll. Im Übrigen sind ohne Weiteres Fälle der unterschiedlichen Gewichtung von Einzelmerkmalen denkbar, in denen sich gleichfalls ein solches Patt ergeben kann.
c) Schließlich kann gegen die hier vertretene Auffassung nicht das sogenannte Arithmetisierungsverbot ins Feld geführt werden.
So aber VG Düsseldorf, etwa Urteil vom 12. Dezember 2018 – 2 K 17925/17 -, a. a. O. Rn. 33 ff.; VG Münster, etwa Urteil vom 19. März 2019 – 4 K 6199/17 -, n.v., und Vorinstanz.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf sich „ohne entsprechende Rechtsgrundlage“ das Gesamturteil in dienstlichen Beurteilungen nicht lediglich aus dem arithmetischen Mittel der Einzelmerkmale ergeben.
Vgl. etwa Urteile vom 2. März 2017 – 2 C 21.16 -, BVerwGE 157, 366 = juris Rn. 63, 71, und vom 17. September 2015 – 2 C 27.14 -, a. a. O. Rn. 33; Beschluss vom 21. März 2012 – 2 B 18.11 -, juris Rn. 7 m. w. N.
Sinn des hier in Nr. 6.1 Satz 2 BRL Pol aufgegriffenen Verbots, bei der Bewertung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung kein Beurteilungsverfahren einzusetzen, das das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung allein aus dem arithmetischen Mittel gewinnt, ist es zu verhindern, dass die Ermittlung des Gesamturteils auf eine reine Rechenoperation reduziert wird. Der Beurteiler soll bei seiner Aufgabe, aus den einzelnen Beurteilungsgrundlagen ein wertendes Gesamturteil zu bilden, nicht durch mathematische Vorgaben behindert werden oder sich dieser Amtspflicht durch schlichtes „Mathematisieren“ entledigen können. Da es bei der dienstlichen Beurteilung um die Bewertung individueller Leistungen geht, ist vielmehr eine im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn stehende wertende Betrachtung unter Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Beamten gefordert.
BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 – 2 C 21.16 -, a. a. O. Rn. 71 („Ein reiner Zahlenschematismus ist zu vermeiden“); OVG NRW, Beschluss vom 2. August 2018 – 6 B 864/18 -, a. a. O. Rn. 14; Thür. OVG, Beschluss vom 21. Dezember 2018 – 2 EO 547/17 -, juris Rn. 59; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. September 2017 – 2 B 11207/17 -, a. a. O. Rn. 21.
Auch wenn für die Ermittlung des Gesamtergebnisses der dienstlichen Beurteilung normative Gewichtungsvorgaben bestehen, entbinden sie den Beurteiler daher nicht von der Verantwortung, im jeweiligen Beurteilungsfall auf diesem Wege zu einem insgesamt zutreffenden Gesamturteil zu kommen, weshalb ein solches Beurteilungssystem ihm die Möglichkeit belassen muss, im Einzelfall ein vom rechnerischen Ergebnis der – ggfs. gewichteten – Einzelbewertungen abweichendes Gesamturteil zu vergeben (was dann aber wiederum gesondert zu begründen wäre).
VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14. Mai 2019 – 4 S 415/19 -, juris Rn. 6.
Dies zugrunde gelegt steht das Arithmetisierungsverbot einer Gleichgewichtung der Einzelmerkmale nicht entgegen. Dem Gebot, den Vorgang der Gesamturteilsbildung nicht auf eine Rechenoperation zu reduzieren, sondern Raum für eine Gesamtwürdigung zu belassen, kann bei einer gleichen Gewichtung der Einzelmerkmale ebenso Rechnung getragen werden wie bei jeder anderen Gewichtung der Einzelmerkmale, oder anders gewendet: Eine gegen das Arithmetisierungsverbot verstoßende Reduzierung auf eine Rechenoperation könnte selbstverständlich auch dann erfolgen, wenn nicht für alle Einzelmerkmale der gleiche Wert, sondern für einzelne Einzelmerkmale ein höherer Wert in die Rechnung eingestellt wird. Es stellt daher ein Missverständnis dar, das Verbot der arithmetischen Ermittlung des Gesamtergebnisses als Verbot der wertenden Gleichgewichtung bestimmter Merkmale aufzufassen.
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. September 2017 – 2 B 11207/17 -, a. a. O. Rn. 22.
Hiervon abzuweichen gibt der Vortrag des Klägers keinen Anlass.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Senat lässt entsprechend der Anregung des beklagten Landes gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 127 BRRG die Revision zu.“
Richterbeurteilung und obligatorisches Vorverfahren nach § 89 S. 2 LRiStaG NRW, Dienstgericht für Richter bei dem LG Düsseldorf, Urteil v. 03.12.2019, Az. DG-6/2019
Dienstliche Beurteilungen von Richterinnen und Richtern sind gleichsam doppelt ein „Fall für sich“. Denn einerseits können sie verwaltungsrechtlich (quasi beamtenrechtlich) mit einem Antrag auf Änderung der dienstlichen Beurteilung oder einer Klage vor dem Verwaltungsgericht angegriffen werden. Hier unterliegen sie den nahezu gleichen Regelungen wie auch die Beurteilungen von Beamtinnen und Beamten. Daneben können sie aber auch vor den Dienstgerichten für Richter angegriffen werden. Diese überprüfen die Beurteilungen aber ausschließlich daraufhin, ob in ihnen eine unzulässige Maßnahme der Dienstaufsicht vorliegt. Diese Maßnahmen sind in der Regel einzelne konkrete Formulierungen, die sodann für unzulässig erklärt werden können.
Besteht also schon ein doppelter Rechtsweg zu parallel tätigen Gerichtsbarkeiten, unterscheidet sich der Rechtsschutz außergerichtlich erheblich. Vor der Klage an das Verwaltungsgericht ist kein Widerspruch erforderlich (§ 110 JustG NRW), anders vor dem Antrag an das Dienstgericht für Richter. Dort ist spezialgesetzlich nach § 89 S. 2 LRiStaG NRW zwingend ein Widerspruchsverfahren durchzuführen.
Im konkreten Fall hat das Dienstgericht für Richter die Klage dennoch auch ohne Vorverfahren für zulässig erachtet und hat sich hierbei an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts orientiert.
Der Antrag vor dem Dienstgericht hatte in zwei von vier monierten Punkten Erfolg.
eigene Leitsätze:
- Gem. § 89 S. 2 LRiStaG NRW ist in den Fällen des § 67 Nummer 4 LRiStaG NRW zwingend ein Vorverfahren durchzuführen. Dies betrifft auch den Fall, dass Äußerungen in einer dienstlichen Beurteilung als unzulässig gerügt werden sollen. Ein Widerspruch ist nur ausnahmsweise dann entbehrlich, wenn sich die Behörde im Verfahren auf die Sache insgesamt eingelassen und zu erkennen gegeben hat, dass sie die Maßnahme weiterhin für rechtmäßig hält. (Anschluss an BVerwG, Urteil v. 19.02.2009, Az. 2 C 56/07)
- Auch der Entwurf einer dienstlichen Beurteilung kann eine Maßnahme der Dienstaufsicht darstellen. Hinsichtlich einer möglichen Beeinträchtigung richterlicher Unabhängigkeit ist aber der Antragsteller im Prüfungsverfahren darlegungspflichtig. Das gilt insbesondere in Fällen, in denen auf Einwendungen des Antragstellers hin die dienstliche Beurteilung (positiv) vom Entwurf abweicht.
- Eine über den Entwurf einer dienstlichen Beurteilung hinausgehende, fortbestehende potenziell verhaltenslenkende Wirkung ist denkbar. (hier: abgelehnt)
- Die bloße Benennung von Befangenheitsanträgen und Dienstaufsichtsbeschwerden in einer dienstlichen Beurteilung ist unzulässig, weil sie jedenfalls indirekt Einfluss auf die richterliche Unabhängigkeit nimmt. (Fortführung von Beschluss v. 03.03.2017, Az. DG-1/2017)
Beurteilungssystem der Polizei in NRW rechtswidrig, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil v. 12.12.2018, Az. 2 K 17925/18
Seit einigen Monaten befindet sich das Beurteilungssystem der nordrhein-westfälischen Polizei in ernstzunehmender juristischer Diskussion. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte bislang bereits im Rahmen von Eilverfahren (Konkurrentenstreitigkeiten) dienstliche Beurteilungen für rechtswidrig erklärt. Nachdem das Land zunächst Entscheidungen rechtskräftig werden ließ, verteidigte es sich aber weiter in laufenden Klageverfahren.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat daher nun kurz vor Weihnachten eine Kammerentscheidung getroffen, die seit Dienstag online veröffentlicht ist. Die dortigen Ausführungen sind weit über den konkreten Fall hinaus auf alle dienstlichen Beurteilungen von Polizistinnen und Polizisten übertragbar.
Gerade weil es nämlich an einer einheitlichen Beurteilungspraxis und an einer fehlenden Gewichtung der Beurteilungsmerkmale mangelt, ist das Land nach Auffassung des Gerichts auch nicht in der Lage im Rahmen von Beförderungsentscheidungen festzustellen, wer eigentlich „Bester“ im Sinne einer Bestenauslese ist. Damit sind aktuell kaum Beförderungen möglich. Jedem unterlegenen Konkurrenten und jeder unterlegenen Konkurrentin wäre rein vorsorglich dazu zu raten, Rechtsschutz bei Gericht zu suchen und die Beförderungen vorläufig zu stoppen.
„Beurteilungssystem der Polizei in NRW rechtswidrig, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil v. 12.12.2018, Az. 2 K 17925/18“ weiterlesen