Düsseldorf · Vor allem Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) wirft die Linke vor, die Rechte der Mitglieder des Stadtrates verletzt zu haben. Zu spät und ungleich seien sie über den Standortwechsel zum Neubau der Oper informiert worden. Was der OB dazu sagt – und welche Folgen die Klage überhaupt haben kann.
Von Alexander Esch
Die Linke hat Klage beim Verwaltungsgericht gegen die Stadt Düsseldorf und Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) eingereicht. Grund ist das Zustandekommen der jüngsten Entscheidung des Stadtrats für den Standortwechsel des Opernneubaus von der Heinrich-Heine-Allee zum Wehrhahn. Als Kläger treten sowohl die Fraktion als auch die beiden Sprecherinnen Julia Marmulla und Anja Vorspel auf. Der eingeschaltete Düsseldorfer Fachanwalt Robert Hotstegs führte am Freitag bei einer Pressekonferenz im Rathaus aus, dass die beiden auch persönlich als Ratsmitglieder ihre Rechte verletzt sehen.
Hintergrund der Klage ist, dass Keller über Wochen nur die Fraktionsspitzen von CDU, SPD und FDP eingeweiht hatte, um mit ihnen eine Mehrheit für die Entscheidung des Grundstückskaufs am Wehrhahn und den Standortwechsel für den Neubau vorzubereiten. Erst am Montag vor der Ratsentscheidung am Donnerstag, 27. Juni, wurde zunächst die Presse informiert, am Nachmittag stand die neue Beschlussvorlage samt Erklärungen abrufbar im Ratsinformationssystem.
„Das ist zu spät“, sagte Hotstegs. Es erschließe sich nicht, warum befugte und gewählte Vertreter nicht zuvor in den Fachausschüssen beteiligt wurden. Zudem hing die Entscheidung für den Kauf auf Verkäuferseite nach der Benko-Pleite auch noch vom Gläubigerausschuss ab, die erst fünf Wochen später erfolgt sei. „Warum hatte der mehr Zeit, aber die gesetzlich gewählten Vertreter nicht?“, fragte Hotstegs.
Das Ziel der Klage sei es, eine Rechtsverletzung feststellen zu lassen, wonach die Ratsmitglieder zu spät und ungleich informiert worden seien. Aus anderen Rechtsprechungen gehe hervor, dass Verwaltungsgerichte die rechtzeitige und ausreichende Information der Ratsmitglieder als hohes Gut erachten, da nur auf dieser Grundlage vernünftige Entscheidungen möglich seien. Die sogenannte „Organtreue“ spiele da eine wichtige Rolle.
Ein weiteres Ziel sei, einer bislang unterbelichteten Frage auf den Grund zu gehen: War es überhaupt nötig, ein wie vom Oberbürgermeister betont exklusives Kaufangebot auszuhandeln, wenn es doch ein bereits beschlossenes Vorkaufsrecht für das Grundstück gab?
Die möglichen tatsächlichen Auswirkungen der Klage sind begrenzt, wie auch Hotstegs einräumte. Aufheben lässt sich der Beschluss aus juristischen Gründen nicht mehr, zumal mit dem Vollzug des Grundstückskaufs Fakten geschaffen worden seien. Aber es solle deutlich werden: „Das darf sich nicht wiederholen.“ Bei einem entsprechenden Urteil könne er sich nicht vorstellen, dass der OB noch einmal so handeln werde.
Fraktionssprecherin Marmulla führte aus, dass sie ihr Verständnis von Demokratie erschüttert sieht. „Ich verstehe zudem nicht, warum wir ausgeschlossen wurden. Wir sind keine Guerilla-Truppe, sondern engagierte und seriöse Personen.“ Auch in anderen Entscheidungen habe man sich etwa bei nichtöffentlichen Beratungen an die Schweigepflicht gehalten.
Marmulla sagte zudem, dass sie für ein so wichtiges, komplexes Projekt zwei Wochen Vorlauf mit Beratung und kritischen Diskussionen in den Fachausschüssen für angemessen gehalten hätte. So sei vieles abgewürgt worden, eine kritische Debatte öffentlich wie innerparteilich habe sich gar nicht angemessen entwickeln können. Sie erinnerte zudem, dass die Ratsmitglieder ehrenamtlich agieren, „ich arbeite Vollzeit und bin Mutter, da sind drei Tage einfach viel zu wenig Zeit.“
Die Linke unterstrich zudem ihr Bestreben, einen Bürgerentscheid gegen den Opernneubau auf den Weg zu bringen. Dafür müsste sie eine Mehrheit im Stadtrat organisieren. Pressereferent Michael Gerhardt führte aus, wie kritisch das Vorhaben in der Bevölkerung gesehen werde, was auch die von der Partei beauftragte repräsentative Umfrage gezeigt habe.
Fraktionsmitglied Sigrid Lehmann betonte, wie kritisch der Abriss des alten Gebäudes aus ökologischer Perspektive zu sehen sei, die hohen Ausgaben von einer Milliarde Euro sollten zudem besser für bezahlbaren Wohnraum oder die Verkehrswende ausgegeben werden.
Oberbürgermeister Stephan Keller sagte wiederum auf Nachfrage. „Wir sind sehr sicher, dass wir rechtsicher gehandelt haben.“ Zudem müsse es auch einem Oberbürgermeister möglich sein, Mehrheiten zu organisieren.