Wann ist eine Lehrerin eine Lehrkraft?, Verwaltungsgericht Trier, Urteil v. 16.08.2022, Az. 7 K 1500/22.TR

Sind alle Lehrerinnen und Lehrer Lehrkräfte? Die Frage ließe sich bei einer Umfrage in der Öffentlichkeit wohl schnell und eindeutig mit „Ja“ beantworten. Tatsächlich kommt das Verwaltungsgericht Trier in einer aktuellen Entscheidung zum gegensätzlichen Ergebnis. Denn Lehrkräfte seien nur diejenigen, die auch in Schulen im Unterricht eingebunden seien, sozusagen „Dienst an der Tafel“ tun (auch wenn der Unterricht heute typischerweise anders aussieht). Für diese halte das Landesbeamtengesetz Rheinland-Pfalz eine vorgezogene Altersgrenze für den Ruhestand bereit. Nicht begünstigt würden aber diejenigen, die nicht mehr im Schulbetrieb tätig sind.

Die Rückfrage stellt sich daher: welche Lehrer:innen gäbe es denn sonst und kann das Ergebnis richtig sein?

Im konkreten Fall war eine Lehrerin dienstunfähig erkrankt. Die Erkrankung war von langer Dauer und es ist auch davon auszugehen, dass sie nicht heilbar ist. Aus diesem Grund hatte das Land schon in den Vorjahren zu prüfen, ob die betroffene Lehrerin in den Ruhestand versetzt werden müsse. An dieser Stelle sieht das Beamtenrecht vor, dass eine anderweitige Verwendung zu prüfen ist („Verwendung vor Versorgung“). Die Lehrerin war dienstfähig etwa für Verwaltungsaufgaben. Daher wurde sie an eine Verwaltungsbehörde des Landes versetzt und versieht dort seit über zehn Jahren ihren Dienst.

Das Land hatte entschieden, sie in der Laufbahn der Lehrerin zu belassen, sie wurde nicht etwa in die allgemeine Verwaltungslaufbahn versetzt. Somit sitzt nun in der Landesbehörde eine Lehrerin, die aber gerade keinen „Dienst an der Tafel“ erbringt.

Weil aber der Gesetzgeber eine vorgezogene Altersgrenze für „Lehrkräfte“ vorgesehen hat und die Behörde die Anwendung der vorgezogenen Altersgrenze ablehnte, kam es zum Streit.

Das Verwaltungsgericht Trier hat in seiner Entscheidung nun ebenfalls die Anwendung abgelehnt.

Vor allem aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber den Ruhestand von „Lehrkräften“ an Schuljahreszeiten orientiert habe, lasse sich ableiten, dass noch ein aktiver Schuldienst erforderlich sei.

Diese Auslegung ist sicherlich möglich, auch wenn sie von uns nicht geteilt wird. Aber das Ergebnis überrascht dann doch:

Im Fall der Klägerin soll diese nun, obwohl sie im Schuldienst erkrankte und schuldienstunfähig wurde, nicht von der besonderen Altersgrenze profitieren, sondern über die Lehrkraft-Altersgrenze hinaus beschäftigt werden.

Ein ebenfalls schuldienstunfähig erkrankter Lehrer unmittelbar vor Erreichen der Lehrkraft-Altersgrenze wird aber gerade nicht in den Verwaltungsdienst versetzt, sodass seine Arbeitskraft dem Land noch erhalten bliebe, er wird in den Ruhestand versetzt.

Dass also gerade eine Person aus dem Anwendungsbereich herausfallen soll, bei der sich das gesundheitliche Risiko des Lehrer:innenberufs nachweislich realisiert hat, erscheint widersprüchlich.

Hätte der Gesetzgeber die Anwendung der besonderen Lehrkraft-Altersgrenze nur für gesunde Lehrer:innen regeln wollen, wäre die entsprechende Norm wohl nicht im Landesbeamtengesetz, sondern im Rahmen der „Verwendung vor Versorgung“-Prüfung im Landesbeamtenversorgungsgesetz zu verorten gewesen. Dann wären nämlich alle erkrankten Lehrer:innen in die Verwaltung zu versetzen und die besondere Lehrkraft-Altersgrenze wäre zwingend zu umgehen.

Der Begriff der „Lehrkraft“ im Sinne des rheinland-pfälzischen Landesbeamtengesetzes ist nun erstmalig gerichtlich ausgelegt worden. Dennoch hat das Verwaltungsgericht Trier die Berufung zum Oberverwaltungsgericht nicht zugelassen.

Wir haben daher wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit empfohlen, den Antrag auf Zulassung der Berufung zu stellen. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Die wesentlichen Ausführungen des Urteils lauten im Volltext:

Die … Klägerin begehrt die Feststellung, dass für sie die besondere Altersgrenze einer Lehrkraft gilt und sie mit Ablauf des 31. Juli 2025 in den Ruhestand tritt.

Sie wurde nach erfolgreich abgeschlossenem Hochschulstudium und anschließendem Vorbereitungsdienst … 1986 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Realschullehrerin zur Anstellung ernannt und in der [A-Realschule] eingesetzt. Mit Wirkung vom 1. Februar 1989 erfolgte die Ernennung zur Realschullehrerin unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. In der Zeit vom … und … war die Klägerin zum Zwecke der Kinderbetreuung/Elternzeit vom Schuldienst beurlaubt. Ab dem 2. September 2009 war sie arbeitsunfähig erkrankt und wurde nach einem kurzzeitigen zwischenzeitlichen Dienstantritt für schuldienstunfähig befunden, weshalb sie zunächst im Zeitraum vom 29. August 2011 bis zum 28. Februar 2013 mit je 20 Wochenstunden an die [Landesbehörde 1] mit Dienstsitz in Bad Kreuznach und [Landesbehörde 2] mit Dienstsitz in Mainz abgeordnet wurde. In der Zeit vom 28. Februar 2013 bis zum 30. April 2015 wurde sie sodann in Vollzeit an die [Landesbehörde 1] abgeordnet. Mit Wirkung vom 1. Mai 2015 erfolgte die Versetzung unter Beibehaltung der Amtsbezeichnung an die [Landesbehörde 3]. Nach Auflösung der Stabsstelle … wurde die Klägerin in das Referat … umgesetzt. Mit Schreiben vom 5. September 2016 wurde ihr der Status einer Referentin übertragen.

Mit E-Mail-Schreiben vom 16. August 2019 ersuchte die Klägerin den Beklagten um Auskunft über das korrekte Datum ihres Ruhestandseintritts, welches sie unter Anwendung der besonderen Altersgrenze für Lehrkräfte auf den Ablauf des 31. Juli 2025 datierte. Mit E-Mail-Schreiben vom 19. August 2019 und vom 27. Januar 2022 wies der Beklagte darauf hin, dass für die Klägerin angesichts ihrer Tätigkeit als Verwaltungsbeamtin auf die für den Verwaltungsdienst geltenden Altersgrenzen abzustellen sei, weshalb sie erst mit Ablauf des Monats Oktober 2026 in den Ruhestand treten werde. Daraufhin bat die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 28. Januar 2022 um Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheides unter Angabe der Rechtsgrundlage.

Mit Bescheid vom 8. Februar 2022 stellte der Beklagte fest, dass die Klägerin durch ihre Versetzung in den Verwaltungsdienst zur Vermeidung einer Versetzung in den Ruhestand wegen Schuldienstunfähigkeit aus dem Schulbereich dauerhaft aus- und in die Verwaltung eingegliedert worden sei. Die besondere Altersgrenze für Lehrkräfte stehe als Ausgleich zu den besonderen Belastungen der ausgeübten Tätigkeit. Bei einer ehemaligen Lehrkraft, die zur Vermeidung einer Frühpensionierung dauerhaft nicht mehr im Schuldienst tätig sei, seien die lehramtsspezifischen Belastungen nicht mehr gegeben und die Voraussetzungen für die besondere Altersgrenze nicht mehr erfüllt. Dass sich diese auf Lehrkräfte im originären Schuldienst beziehe, ergebe sich allein schon daraus, dass mit dem gesetzlichen Ruhestandseintritt zum Schuljahresende ein klarer Bezug zum unterrichtlichen Einsatz hergestellt werde. Unter Zugrundelegung der für Mitarbeiter im allgemeinen Verwaltungsdienst geltenden Altersgrenze werde diese im Fall der Klägerin mit Ablauf des Monats Oktober 2026 erreicht.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 14. März 2022 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass sie trotz ihrer Versetzung nach wie vor das Statusamt einer Realschullehrerin innehabe und ein Laufbahnwechsel nicht erfolgt sei, weshalb für sie die besondere Altersgrenze für Lehrkräfte Anwendung finden müsse. Auch wenn sie seit ihrer Versetzung mit laufbahnfremden Aufgaben betraut sei, gelte sie weiterhin als Lehrkraft im Sinne der beamtenrechtlichen Vorschriften. Eine tatsächliche oder gar aktive Beschäftigung sei hierfür keine Voraussetzung.

Mit am 26. April 2022 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 14. April 2022, dem eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, wonach innerhalb eines Monats nach Zustellung Klage beim Verwaltungsgericht Mainz erhoben werden könne, wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er in Ergänzung der im Bescheid vom 8. Februar 2022 genannten Gründe im Wesentlichen aus, dass zwischen dem Statusamt und der konkreten Beschäftigung zu unterscheiden sei. Die Klägerin führe weiterhin die Amtsbezeichnung „Realschullehrerin“ und sei weiter der Laufbahn der Fachrichtung Bildung und Wissenschaft zugeordnet, allerdings aus dem Schulbereich ausgegliedert und im Verwaltungsdienst eingesetzt. Da sie nicht mehr als aktive Lehrerin arbeite, könne die besondere Altersgrenze für Lehrkräfte auf sie keine Anwendung finden, was bereits aus dem Wortlaut folge und sich auch aus Sinn und Zweck der Regelung ergebe. Die Regelung knüpfe nicht an die Amtsbezeichnung an, sondern an die konkrete Tätigkeit im Schuldienst.

Am 9. Mai 2022 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Mainz erhoben, welches sich durch Beschluss vom 23. Mai 2022 – 4 K 280/22.MZ – für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das erkennende Gericht verwiesen hat, bei dem die Akten am 27. Mai 2022 eingegangen sind.
Zur Begründung ihrer Klage verweist die Klägerin auf die Ausführungen im Widerspruchsverfahren und trägt darüber hinaus im Wesentlichen vor, dass der Gesetzeswortlaut entgegen der Auffassung des Beklagten eine aktive Tätigkeit als Lehrerin für die Anwendbarkeit der besonderen Altersgrenze nicht zur Voraussetzung mache. Folgte man der Rechtsauffassung des Beklagten, könnten sich auch erkrankte oder beurlaubte Lehrer nicht auf die Altersgrenze für Lehrkräfte berufen, da sie sich nicht im aktiven Dienst befänden. Aufgrund der wiederholt geäußerten Rechtsauffassung des Beklagten, die ihr derzeit die Möglichkeit einer persönlichen und wirtschaftlichen Ruhestandsplanung nehme, bestehe auch ein Feststellungsbedürfnis. Demgegenüber sei es ihr nicht zumutbar, erst bei Erreichen der aus ihrer Sicht für sie geltenden Altersgrenze einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand zu stellen, dessen Ablehnung abzuwarten und sodann um Rechtsschutz nachzusuchen.


Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 8. Februar 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2022 festzustellen, dass für sie die besondere Altersgrenze einer Lehrkraft gilt.


Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.


Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid und trägt darüber hinaus vor, dass – anders als die Klägerin – erkrankte oder beurlaubte Lehrer nicht dauerhaft aus dem Schuldienst ausgegliedert seien. Erst im Falle der Dienstunfähigkeit als Lehrkraft würden dauerhaft erkrankte Lehrer – wie es bei der Klägerin der Fall gewesen sei – auf Dauer aus dem Schuldienst ausgegliedert. Unbeschadet dessen sei die erhobene Feststellungsklage bereits nicht statthaft und scheitere am Grundsatz der Subsidiarität. Schließlich könne die Klägerin – bezogen auf die Regelungen für den allgemeinen Verwaltungsdienst – ihre wirtschaftlichen Verhältnisse durchaus planen und auch Prognoseberechnungen anfordern.


Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze und die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten verwiesen. Ferner wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig (hierzu I.), aber unbegründet (hierzu II.).


I. Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (Gesetz in der vom 1. August 2022 bis zum 31. Dezember 2022 geltenden Fassung (BGBl. I S. 4650) – VwGO –) statthaft. Bei der Frage, ob für die Klägerin die besondere Altersgrenze einer Lehrkraft i.S.v. § 37 Abs. 1 S. 4 des rheinland-pfälzischen Landesbeamtengesetzes (Gesetz vom 20. Oktober 2010 (GVBl. S. 319), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2021 (GVBl. S. 637) – LBG –) gilt und sie infolgedessen bereits zum 31. Juli 2025 das nach dem Gesetz maßgebliche Alter zum Eintritt in den Ruhestand erreicht, handelt es sich um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis (vgl. VG Bremen, Urteil vom 11. April 2017 – 6 K 1692/15 –, juris Rn. 18).

Die Feststellungsklage ist auch nicht gemäß § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO subsidiär, da sich der Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze unmittelbar kraft Gesetzes vollzieht, ohne dass es eines Antrags des Beamten oder eines auf die Zurruhesetzung gerichteten Verwaltungsakts bedarf (vgl. OVG RP, Beschluss vom 31. August 2020 – 2 B 10821/20.OVG –, juris Rn. 6; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 9. Juni 2022 – 6 A 1132/20 –, juris Rn. 37; vgl. allgemein für die Feststellung der gesetzlichen Altersgrenze: BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2007 – 2 C 28.05 –, juris Rn. 9).

Daneben kann die Klägerin im Wege der Anfechtungsklage die Aufhebung des Bescheides vom 8. Februar 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2022 geltend machen, mit denen der Beklagte rechtsverbindlich festgestellt hat, dass in ihrem Fall die Regelaltersgrenze und nicht die besondere Altersgrenze einer Lehrkraft Anwendung finde.

Die Klage ist auch ansonsten zulässig. Insbesondere hat die Klägerin ein berechtigtes (sowohl rechtliches als auch wirtschaftliches) Interesse an der gerichtlichen Feststellung des Zeitpunkts des Eintritts in den Ruhestand und kann den Streit über die in ihrem Fall geltende Altersgrenze auch bereits zum jetzigen Zeitpunkt einer gerichtlichen Klärung zuführen, da der Beklagte eine andere Auffassung als die Klägerin vertritt und diese ihr künftiges Verhalten an der begehrten Feststellung orientieren will (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2007, a.a.O.; BayVGH, Urteil vom 11. November 2014 – 3 BV 12.1195 –, juris Rn. 46).

Schließlich hat die Klägerin die bei allen Klagen von Beamten aus dem Beamtenverhältnis einzuhaltende Klagefrist des § 74 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 VwGO (vgl. hierzu VG Trier, Urteil vom 22. September 2009 – 1 K 365/09.TR –, juris Rn. 22) gewahrt, indem die Klage am 9. Mai 2022 beim Verwaltungsgericht Mainz eingegangen ist, an das sie auch adressiert war (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Oktober 2001 – 2 C 37.00 –, juris Rn. 13). Dass die Akten nach Verweisung des Verwaltungsgerichts Mainz erst am 27. Mai 2022 beim gemäß § 52 Nr. 4 VwGO örtlich zuständigen erkennenden Gericht eingegangen sind, ist demgegenüber unerheblich, da gemäß § 83 S. 1 VwGO i.V.m. § 17b Abs. 1 S. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (Gesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2021 (BGBl. I S. 2363) – GVG –) die Wirkungen der beim unzuständigen Gericht eingetretenen Rechtshängigkeit nach der Verweisung bestehen bleiben (vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 24. Juli 1963 – VI C 190.60 –, juris). Hinzukommt im vorliegenden Fall, dass die dem Widerspruchsbescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung hinsichtlich des Sitzes des anzurufenden Gerichts unrichtig war, weshalb ohnehin die Jahresfrist gemäß § 58 Abs. 2 S. 1 VwGO galt.

II. Die Klage ist allerdings unbegründet, da die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung hat. Die für Lehrkräfte geltende Altersgrenze gemäß § 37 Abs. 1 S. 4 LBG findet in ihrem Fall keine Anwendung. Nach dieser Vorschrift gilt für Lehrkräfte als Altersgrenze das Ende des Schuljahres, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden.


Vorliegend ist die Klägerin seit ihren Abordnungen und der letztendlichen Versetzung an die [Landesbehörde 3] nicht (mehr) als Lehrkraft im Sinne der Vorschrift anzusehen. Die Anwendbarkeit der besonderen Altersgrenze richtet sich, anders als die Klägerin meint, nicht nach dem Statusamt, sondern nach dem übertragenen Amt im konkret-funktionellen Sinn, das dem Schuldienst zuzuordnen sein muss (ebenso für die vergleichbaren Vorschriften in den entsprechenden Landesgesetzen: VG München, Beschluss vom 2. September 2015 – M 5 E 15.3218 –, juris Rn. 24; VG Stuttgart, Urteil vom 23. April 2020 – 1 K 11536/18 –, juris Rn. 21). Dies folgt bereits aus der Verwendung des Begriffs der Lehrkraft, der in Verbindung mit der Anknüpfung der Altersgrenze an das Ende des Schuljahres nahelegt, dass hiermit nur Personen erfasst sein sollen, die zum Zeitpunkt, zu dem sie die Altersgrenze erreichen, neben der Laufbahnzugehörigkeit auch eine schuljahresbezogene Tätigkeit ausüben und in erster Linie Unterricht erteilen (vgl. auch VG München, a.a.O.). Hierfür spricht auch die Aufgabenbestimmung einer Lehrkraft in § 25 Abs. 1 S. 1 des rheinland-pfälzischen Schulgesetzes (Gesetz vom 30. März 2004 (GVBl. S. 239), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2020 (GVBl. S. 719) – SchulG –), wonach die Lehrkräfte Erziehung und Unterricht der Schülerinnen und Schüler frei und in eigener pädagogischer Verantwortung gestalten.

Diesem Begriffsverständnis stehen die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zitierten Normen nicht entgegen, denn sie besagen nichts darüber, wie der Begriff der Lehrkraft in § 37 Abs. 1 S. 4 LBG zu verstehen ist. Soweit die Klägerin aus Ziffer 1.1 der Dienstordnung für Lehrkräfte, Schulleiterinnen und Schulleiter an öffentlichen Schulen (Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung vom 22. Juni 2019 – 9212/51246/30 –, GAmtsbl. 2019, S. 151 – DO-Schulen –) sowie aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 der rheinland-pfälzischen Lehrkräfte-Arbeitszeitverordnung vom 30. Juni 1999 (GVBl. S. 148), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Juni 2020 (GVBl. S. 212) – LehrArbZVO –, die Schlussfolgerung zieht, dass es auch Lehrkräfte außerhalb der von den Vorschriften erfassten Regelungsbereiche geben müsse, da andernfalls eine Differenzierung nicht erforderlich gewesen sei, folgt das Gericht dem nicht. Die Differenzierung in § 1 Abs. 1 Nr. 1 LehrArbZVO, wonach die angeführten Vorschriften der LehrArbZVO für die an öffentlichen Schulen oder an anerkannten Ersatzschulen in freier Trägerschaft oder im Krankenhaus- und Hausunterricht tätigen Lehrkräfte gilt, ist offenkundig im Zusammenhang mit § 1 Abs. 1 Nr. 2 LehrArbZVO zu sehen, wonach die Verordnung – neben den in Nr. 1 genannten Lehrkräften – auch für die an staatlichen Studienseminaren für die Lehrämter an Schulen tätigen Seminarleiter, stellvertretenden Seminarleiter und Fachleiter im unmittelbaren und mittelbaren Beamtenverhältnis des Landes Rheinland-Pfalz auf Probe oder auf Lebenszeit gilt. Die Begriffsdefinition in Ziffer 1.1 der DO-Schulen, wonach Lehrkräfte im Sinne der Dienstordnung alle Personen sind, die an der Schule Unterricht erteilen, bestätigt sogar das obige Begriffsverständnis.

Die Richtigkeit dieses Begriffsverständnisses wird darüber hinaus durch Sinn und Zweck der Vorschrift des § 37 Abs. 1 S. 4 LBG bestätigt. Anders als bei der Regelaltersgrenze liegt besonderen gesetzlichen Altersgrenzen für bestimmte Beamtengruppen ausschließlich die generalisierende, auf Erfahrungswerten beruhende Einschätzung des Gesetzgebers zugrunde, das für die Dienstausübung erforderliche Leistungsvermögen und damit die Dienstfähigkeit dieser Beamtinnen und Beamten sei typischerweise bereits vor Erreichen der allgemeinen Altersgrenze nicht mehr gegeben (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Mai 2008 – 2 BvR 1081/07 –, juris; BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2008 – 2 C 26.07 –, juris Rn. 14). Besondere Altersgrenzen tragen dem Umstand Rechnung, dass die Mitglieder der jeweiligen Beamtengruppen typischerweise besonders hohen Belastungen ausgesetzt sind, deren nachteilige Auswirkungen auf das Leistungsvermögen sich mit zunehmendem Alter verstärken (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2008, a.a.O.).

Im Fall der Beamtengruppe der Lehrkräfte tritt hinzu, dass mit der Anknüpfung an das Ende des Schuljahres den organisatorischen und pädagogischen Bedürfnissen der Arbeit an der Schule und den besonderen Umständen des Schulbetriebs Rechnung getragen werden soll. Die Vorschrift bezweckt erkennbar die Sicherstellung eines kontinuierlichen Schul- und Unterrichtsbetriebs, indem ein Lehrerwechsel während des laufenden Schuljahres vermieden werden soll (vgl. VG München, a.a.O.; VG Stuttgart, a.a.O.; vgl. auch BayVGH, Urteil vom 11. November 2014, a.a.O., Rn. 59; OVG NRW, Beschluss vom 10. Mai 2017 – 6 A 469/16 –, juris Rn. 5).

Ausgehend von dieser gesetzgeberischen Zielsetzung ist die Vorschrift des § 37 Abs. 1 S. 4 LBG nicht auf die Klägerin anwendbar, nachdem diese seit dem Jahr 2011 keine schuljahresbezogene Tätigkeit mehr ausübt und den besonderen Belastungen des Schulbetriebs nicht länger ausgesetzt ist. Soweit die Klägerin darauf verweist, dass das Abstellen auf eine aktive Beschäftigung im Schuldienst zur Folge habe, dass sich auch beurlaubte oder erkrankte Lehrkräfte nicht mehr auf die besondere Altersgrenze berufen könnten, trifft dies nicht zu, da diese – anders als die Klägerin – organisationsrechtlich noch dem Schuldienst zugeordnet sind.

Dass im Zuge ihrer Versetzung kein Laufbahnwechsel erfolgt ist und sie nach wie vor das Statusamt einer Lehrerin innehat, ändert an dieser Beurteilung ebenfalls nichts. Die Anwendbarkeit der besonderen Altersgrenze setzt nach den vorstehenden Ausführungen nicht nur die Laufbahnzugehörigkeit, sondern auch eine laufbahnentsprechende Verwendung voraus (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 8. Juni 2000 – 2 C 16.99 –, juris). Eine andere Sichtweise hätte – worauf der Beklagte zu Recht hingewiesen hat – das unbillige Ergebnis zur Folge, dass auf im Verwaltungsdienst eingesetzte Beamte abhängig von der Laufbahnzugehörigkeit trotz Ausübens derselben Tätigkeit unterschiedliche Altersgrenzen Anwendung fänden.

Hat die Klägerin nach alledem keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, kann sie auch nicht die Aufhebung des ihr Begehren ablehnenden Bescheides vom 8. Februar 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2022 verlangen, da dieser nach den vorstehenden Ausführungen rechtmäßig ist und sie nicht in ihren Rechten verletzt.

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