Zusammenfassung:
1. Aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG ergibt sich die Verpflichtung des Dienstherrn, die wesentlichen Auswahlerwägungen vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens schriftlich niederzulegen.
2. Bei im Wesentlichen gleicher Qualifikation der Bewerber ist der Dienstherr zudem grundsätzlich darin frei, welchen sachlichen Hilfskriterien er im Rahmen seiner Ermessensausübung das ausschlaggebende Gewicht beimisst.
Entscheidung:
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat zum Ende des letzten Jahres in einem Eilverfahren noch einmal wesentliche Grundzüge des Konkurrentenschutzes im Beamtenrecht zusammengestellt. Hierbei wurde auch noch einmal Selbstverständliches klargestellt.
So führt die Kammer u.a. aus:
„[…] Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts des Antragstellers nur getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit
(Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
Für das von dem Antragsteller verfolgte Begehren besteht allerdings ein Anordnungsgrund. Der Antragsgegner hat die Absicht, die in Streit stehende Stelle alsbald mit der Beigeladenen zu besetzen. Durch deren Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 14 TV-L unter Inanspruchnahme der ausgeschriebenen Stelle würde das vom Antragsteller geltend gemachte Recht auf diese Stelle endgültig vereitelt, jedenfalls erheblich erschwert.
Vgl. zum Antrag eines Beamten auf Freihaltung einer für einen Angestellten vorgesehenen Stelle Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse vom 31. Oktober 2005 – 1 B 1450/05 -, IÖD 2006, 50, und vom 10. Februar 2006 – 6 B 2145/05 -,
juris.
Der Antragsteller hat aber einen sein Rechtsschutzbegehren rechtfertigenden Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Die Beförderungsentscheidung des Antragsgegners zu Gunsten der Beigeladenen ist von Rechts wegen formell und materiell nicht zu beanstanden. Insoweit legt die Kammer im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bei der Prüfung des geltend gemachten Bewerbungsverfahrensanspruchs (erforderlichenfalls) denselben Maßstab wie im Hauptsacheverfahren an.
Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 24. September 2002 2 BvR 857/02 , NVwZ 2003, 200; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 21. August 2003
2 C 14.02 , NJW 2004, 870.
Durchgreifende formelle Mängel der Beförderungsentscheidung liegen nicht vor.
Der Antragsgegner die maßgebenden Gründe für seine Auswahlentscheidung in noch ausreichendem Maße im Verwaltungsvorgang dokumentiert. Aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG ergibt sich die Verpflichtung des Dienstherrn, die wesentlichen Auswahlerwägungen vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens schriftlich niederzulegen; eine erstmalige Darlegung der Gründe für die Auswahlentscheidung im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren ist unzulässig. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen – deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann – wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber zu befinden, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er im gerichtlichen Verfahren Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen in den Verwaltungsakten sicher, dassdie Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind.
Vgl. Beschluss der ersten Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Juli 2007 2 BvR 206/07 -, NVwZ 2007, 1178; vgl. auch OVG NRW, Beschlüsse vom 19. Januar 2006 – 1 B 1587/05 -, juris, vom 28. Mai 2005 – 6 B 934/05 – und vom 18. August 2010 – 6 B 868/10 -, IÖD 2010, 237.
Die Dokumentation der Auswahlerwägungen des Antragsgegners ist gemessen daran (gerade) noch zureichend. Zwar fehlt es an einem eigenständigen, die Auswahlerwägungen zusammenfassenden Auswahlvermerk. Die tragenden Erwägungen ergeben sich aber aus dem übrigen Akteninhalt. Auf der als Blatt 1 des Besetzungsvorgangs geführten „Bewerberübersicht“ sind zunächst maschinenschriftlich die persönlichen Daten der beiden Bewerber und das jeweilige Ergebnis der (letzten) dienstlichen Beurteilung („edA“) festgehalten. Es folgen Angaben zum Beförderungsdienstalter, wobei sich bei der Beigeladenen das Datum „01.01.2002“ findet und das Beförderungsdienstalter des Antragstellers handschriftlich von „01.09.1997“ auf „06.10.2997“ abgeändert worden ist. In der nachfolgenden Rubrik „Besetzungsvorschlag“ ist unter dem 12. Juli 2010 festgehalten: „Frau B bei Notengleichheit aufgrund des Hilfskriteriums „Gleichstellung‘. Der Fall wurde mit der Schulleiterin besprochen.“ In einem weiteren handschriftlichen Zusatz heißt es: „Ein Leistungsvorsprung ist vorliegend nicht zu erkennen, daher Beförderungsentscheidung nach Hilfskriterien.“ In der an den Antragsteller gerichteten „Konkurrentenmitteilung“ vom 28. September 2010 heißt es in diesem Zusammenhang: „Die Auswahlentscheidung ist unter
Anwendung von Hilfskriterien (hier: Frauenförderung) bei ansonsten gleicher Qualifikation erfolgt.“
Bei einer Gesamtbetrachtung dieser Informationen wird immerhin noch hinreichend deutlich, dass die beiden Bewerber als im Wesentlichen gleich qualifiziert angesehen werden, weil die aktuellen dienstlichen Beurteilungen das selbe Gesamturteil ausweisen und auch ansonsten – nach Rücksprache mit der Beurteilerin – ein Leistungsvorsprung eines der Bewerber nicht feststellbar sei, und dass die Beigeladene dem Antragsteller deshalb vorgezogen worden ist, weil zu ihren Gunsten das (gesetzliche) Hilfskriterium der „Frauenförderung“ eingreife. Damit sind die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich fixiert. Der vom Antragsteller geforderten ausdrücklichen Darlegung der Gründe, warum die sog. Öffnungsklausel des § 20 Abs. 6 Satz 2 LBG NRW zu seinen Gunsten nicht eingreift, bedurfte es nicht.
Ebenso Beschluss der Kammer vom 12. April 2010 – 2 L 164/10 -; vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschluss vom 26. August 2010 – 6 B 540/10 -, juris.
Bei einer Einsichtnahme in den Besetzungsvorgang hätte der Antragsteller in Erfahrung bringen können, dass der Antragsgegner den Gesichtspunkt der „Frauenförderung“ auch unter Berücksichtigung eines Vorsprungs des Antragstellers beim „Beförderungsdienstalter“ von rund 4 ½ Jahren hat durchgreifen lassen.
Die Gleichstellungsbeauftragte ist beteiligt worden. Sie hat am 14. Juli 2007 vermerkt, dass sie von diesem Vorschlag Kenntnis genommen habe. Der Personalrat für Lehrerinnen und Lehrer an Gymnasien hat der Maßnahme am 23. September 2010 zugestimmt.
Es bestehen auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die materielle Rechtmäßigkeit der Beförderungsentscheidung.
Ein Beamter hat keinen Anspruch auf Übertragung eines Beförderungsamtes. Er hat allerdings ein Recht darauf, dass der Dienstherr oder der für diesen handelnde Dienstvorgesetzte eine rechts-, insbesondere ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Vergabe des Beförderungsamtes trifft. Materiell-rechtlich hat der Dienstherr bei seiner Entscheidung darüber, wem von mehreren Bewerbern er die Stelle übertragen will, das Prinzip der Bestenauslese zu beachten und Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Konkurrenten zu bewerten und zu vergleichen (vgl. Art. 33 Abs. 2 GG sowie § 9 BeamtStG i.V.m. § 20 Abs. 6
Satz 1 LBG NRW). Ist ein Bewerber besser qualifiziert, so ist er zu befördern. Im Übrigen ist die Entscheidung in das pflichtgemäße Ermessen des Dienstherrn gestellt. Der Anspruch auf Beachtung dieser Grundsätze ist nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO sicherungsfähig. Soll hiernach die vorläufige Nichtbesetzung einer Beförderungsstelle erreicht werden, so müssen Umstände glaubhaft gemacht werden, aus denen sich ergibt, dass die Vergabe der Stelle an den Mitbewerber sich als zu Lasten des Antragstellers rechtsfehlerhaft erweist und dass im Falle der fehlerfreien Durchführung des Auswahlverfahrens die Beförderung des Antragstellers jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheint.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 – 2 BvR 857/02 , NVwZ 2003, 200; OVG NRW, Beschlüsse vom 11. Mai 2005 1 B 301/05 , RiA 2005, 253, und vom 1. Juni 2005 6 B 225/05 , juris.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend aber nicht als erfüllt anzusehen.
Über die Auswahlkriterien des § 7 Abs. 1 LBG NRW verlässlich Auskunft zu geben, ist in erster Linie Sache aktueller dienstlicher Beurteilungen.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2003 2 C 16/02 , DÖD 2003, 202, und vom 19. Dezember 2002 2 C 31/01 , DÖD 2003, 200.
Der Antragsgegner hat den zu Grunde gelegten dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers vom 27. Oktober 2009 und der Beigeladenen vom 30. Juni 2010 rechtsfehlerfrei keinen Qualifikationsvorsprung eines der Beteiligten des vorliegenden Verfahrens entnommen. Beide Konkurrenten haben mit dem selben Gesamturteil („Die Leistungen … entsprechen den Anforderungen“) abgeschlossen. Die dienstliche Beurteilung des Antragstellers erweist sich zudem ungeachtet dessen als tragfähige Auswahlgrundlage, dass sie aus Anlass einer früheren Bewerbung um eine gleichartige Beförderungsstelle erstellt worden war. Es fehlt ihr weder – was den
Beurteilungszeitraum anbelangt – an der erforderlichen hinreichenden Aktualität, noch mangelt es ihr an Aussagekraft im Hinblick auf die nunmehr zu besetzende Beförderungsstelle. Da es sich bei dem ersten Beförderungsamt (Besoldungsgruppe A 14 BBesO) nicht um eine Funktionsstelle handelt, kommt dem Umstand, dass mit der Vergabe der Stelle auch die Übertragung einer bestimmten Sonderaufgabe (hier: Mitarbeit bei der Weiterentwicklung des Sprachenschwerpunktes, insbesondere bei der Vorbereitung und Durchführung der DELF-Prüfungen) verbunden ist, im Rahmen der Erstellung der dienstlichen Beurteilung keine maßgebende Bedeutung zu (vgl. hierzu die Nrn. 4.3 ff. der Beurteilungsrichtlinien, BASS 21 – 02 Nr. 2).
Die Einschätzung des Antragsgegners, ein Qualifikationsvorsprung eines der beiden Bewerber sei auch nicht über eine inhaltliche Ausschöpfung (Auswertung) der übrigen textlichen Bestandteile der Beurteilung zu ermitteln, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Dem Dienstherrn ist bei der inhaltlichen Auswertung dienstlicher Beurteilungen, die zu einem gleichlautenden Ergebnis gelangt sind, ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen. Das Resultat der Auswertung ist deshalb nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar und zwar im Wesentlichen darauf, ob der Dienstherr die Grenzen der Beurteilungsermächtigung eingehalten hat, von einer zutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen ist und auch sonst willkürfrei gehandelt hat.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2009 – 6 B 105/09 -, juris.
Die vorliegenden Anlassbeurteilungen sind ohne Vorgabe
standardisierter Bewertungsbegrifflichkeiten frei formuliert. Dass sich
bei einem Vergleich der inhaltlichen Ausführungen der Beurteilungen
deutliche Unterschiede ergäben, bei denen sich ein Leistungsvorsprung –
insbesondere ein solcher zu Gunsten des Antragstellers – aufdrängte, ist
weder von diesem geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich.
Der Antragsgegner war auch nicht gehalten, den Antragsteller der
Beigeladenen im Hinblick auf frühere dienstliche Beurteilungen
vorzuziehen. Allerdings kann für Auswahlentscheidungen im Grundsatz auf
ältere Beurteilungen als zusätzliche Erkenntnismittel zurückgegriffen
werden. Es handelt sich hierbei um Erkenntnisse, die über Eignung,
Befähigung und fachliche Leistung des Beurteilten Aufschluss geben
können und die deshalb gegenüber Hilfskriterien vorrangig heranzuziehen
sind.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Dezember 2002 2 C 31.01 ,
ZBR 2003, 359, vom 27. Februar 2003 2 C 16.02 , ZBR 2003, 420, und vom
21. August 2003 2 C 14.02 , ZBR 2004, 101; OVG NRW, Beschluss vom
22. Dezember 2003 6 B 2321/03 , juris.
In aller Regel muss der Dienstherr vorangegangene dienstliche
Beurteilungen bei der Auswahl mit Blick auf Art. 33 Abs. 2 GG in den
Blick nehmen, wenn eine Stichentscheidung zwischen aktuell im
Wesentlichen gleich beurteilten Beamten zu treffen ist. Dabei kommt es
aber darauf an, ob die den Konkurrenten früher erteilten Beurteilungen
miteinander vergleichbar sind und inwieweit sie Aufschluss geben, wer
für die zu besetzende Stelle besser qualifiziert ist. Auf die Frage, ob
und inwieweit aus früheren dienstlichen Beurteilungen aktuell gleich
beurteilter Konkurrenten zusätzliche Erkenntnisse für den
Qualifikationsvergleich gewonnen werden können, kann es in aller Regel
keine allein richtige Antwort geben. Dem Dienstherrn steht diesbezüglich
ein Einschätzungsspielraum zu.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. Juli 2004 – 6 B 1212/04 – und vom 20. August 2007 – 6 B 680/07 -, jeweils juris.
Eine Überschreitung der Grenzen dieses Spielraums ist vorliegend
nicht dargetan. Der Antragsteller verweist zwar zutreffend darauf, dass
die Bezirksregierung Düsseldorf der Beigeladenen in der dienstlichen
Beurteilung vom 13. Januar 1997 zum Ablauf ihrer sechsmonatigen
Probezeit die Bewährung abgesprochen und eine (später durch die
Arbeitsgerichte für rechtsunwirksam erklärte) Kündigung ausgesprochen
hatte. Der Antragsgegner bewegt sich mit seiner Einschätzung, diese
frühere dienstliche Beurteilung liege zu lange zurück, um angesichts der
nachfolgenden positiven Leistungsentwicklung der Beigeladenen eine
hinreichende Aussagekraft für den aktuellen Qualifikationsvergleich zu
haben, im Rahmen des ihm zuzubilligenden Einschätzungsspielraums. Es
bedarf keiner besonderen Begründung, dass ältere Beurteilungen im Laufe
der Zeit, etwa aufgrund deutlicher Veränderungen des Leistungsbildes des
Beamten, ihre Aufgabe, Rückschlüsse und Prognosen über die künftige
Bewährung zu ermöglichen, einbüßen können. Demgemäß wird für
Verwaltungsbereiche, in denen Beamte regelmäßig beurteilt werden, unter
dem Gesichtspunkt der Leistungsentwicklung im Allgemeinen lediglich ein
Zeitraum in den Blick genommen, auf den sich die vorletzte und die
vorvorletzte Regelbeurteilung erstrecken.
BVerwG, Beschluss vom 25. März 2010 – 1 WB 27.09 -, Dokumentarische Berichte B 2010, 256 (258).
Bei einem Beurteilungszeitraum der Regelbeurteilung von drei
Jahren entspricht das einem Rückblick auf die letzten neun Jahre. Die
negative Bewertung der Beigeladenen liegt aber bereits mehr als 13 Jahre
zurück und auch nach Darstellung des Antragsgegners ist die Beigeladene
in den nachfolgenden Jahren ihren dienstlichen Pflichten regelmäßig und
zur Zufriedenheit der Schulleitung nachgekommen.
Ist demnach von einer im Wesentlichen gleichen Qualifikation des
Antragstellers und der Beigeladenen auszugehen, ist die
Auswahlentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen unter Berücksichtigung
des Gesichtspunkts der Frauenförderung nicht zu beanstanden. Stehen
gleich qualifizierte männliche und weibliche Bewerber in Konkurrenz
zueinander, so ist nach § 20 Abs. 6 Satz 2 LBG NRW für die
Auswahlentscheidung das gesetzliche (Hilfs-)Kriterium der
Frauenförderung zu beachten. § 20 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 LBG NRW hat
folgenden Wortlaut:
„Soweit im Bereich der für die Beförderung zuständigen Behörde
im jeweiligen Beförderungsamt der Laufbahn weniger Frauen als Männer
sind, sind Frauen bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher
Leistung bevorzugt zu befördern, sofern nicht in der Person eines
Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen”.
Diese Bestimmung steht mit höherrangigem Recht in Einklang. Das
gilt zunächst hinsichtlich der Befugnis des Landesgesetzgebers, die
bundesrechtliche Regelung in § 9 BeamtStG, welche die bei Ernennungen
zwingend zu beachtenden Grundsätze festlegt, um eine
Gleichstellungsregelung zu ergänzen.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. August 2010 – 6 B 540/10 -, IÖD
2010, 245; VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. April 2010 – 2 L 164/10 -,
juris.
§ 20 Abs. 6 Satz 2 LBG NRW ist zudem auszulegen im Lichte der
Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft (EuGH),
wonach Artikel 2 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates der
Europäischen Gemeinschaften vom 9. Februar 1976 einer nationalen
Regelung nicht entgegensteht, nach der bei gleicher Qualifikation von
Bewerbern unterschiedlichen Geschlechts in Bezug auf Eignung, Befähigung
und fachliche Leistung weibliche Bewerber in behördlichen
Geschäftsbereichen, in denen im jeweiligen Beförderungsamt einer
Laufbahn weniger Frauen als Männer beschäftigt sind, bevorzugt zu
befördern sind, sofern nicht in der Person eines männlichen Mitbewerbers
liegende Gründe überwiegen, vorausgesetzt,
diese Regelung garantiert den männlichen Bewerbern, die die
gleiche Qualifikation wie die weiblichen Bewerber besitzen, in jedem
Einzelfall, dass die Bewerbungen Gegenstand einer objektiven Beurteilung
sind, bei der alle die Person der Bewerber betreffenden Kriterien
berücksichtigt werden und der den weiblichen Bewerbern eingeräumte
Vorrang entfällt, wenn eines oder mehrere dieser Kriterien zu Gunsten
des männlichen Bewerbers überwiegen, und solche Kriterien haben
gegenüber den weiblichen Bewerbern keine diskriminierende Wirkung.
Vgl. EuGH, Urteil vom 11. November 1997 – C405/95 -, ZBR 1998, 132.
Diese Rechtsprechung hatten Oberverwaltungsgerichte und
Verwaltungsgerichtshöfe zum Anlass genommen, von der Vereinbarkeit
solcher Bestimmungen mit höherrangigem Recht auszugehen, die – wie die
dem § 20 Abs. 6 Satz 2 LBG NRW entsprechende Vorschrift des § 25 Abs. 6
Satz 2 LBG a.F. – darauf ausgerichtet waren, die in der Vergangenheit
durch die Rolle der Frauen in Ehe und Familie im beruflichen Bereich
eingetretenen geschlechtsspezifischen Nachteile auszugleichen.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. Mai 1998 – 12 B 247/98 -,
RiA 1999, 144, vom 22. Februar 1999 – 6 B 439/98 -, RiA 2000, 99.
Der EuGH hat sich bei seiner Entscheidung vom 11. November 1997
(a.a.O.) davon leiten lassen, dass Artikel 2 Abs. 4 lediglich eine
Ausnahme von dem mit der Richtlinie verfolgten Ziel enthält, in den
Mitgliedsstaaten den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und
Frauen u.a. hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, einschließlich
des Aufstiegs, zu verwirklichen, und nur den bestimmten und begrenzten
Zweck hat, Maßnahmen zu unterlassen, die zwar dem Anschein nach
diskriminierend sind, tatsächlich aber in der Wirklichkeit bestehende
faktische Ungleichheiten zu Lasten weiblicher Bewerber beseitigen und
verringern sollen.
Dies fordert und gebietet eine Einzelfallprüfung, wonach stets
die jeweils relevanten Hilfskriterien und nicht nur der Gesichtspunkt
der Frauenförderung ernst genommen und in die jeweiligen
Auswahlerwägungen ihrem Gewicht entsprechend einbezogen werden. Dabei
muss eine rechnerische Unterbesetzung hinsichtlich der Frauenquote im
Beförderungsamt der Laufbahn vorliegen. Hierzu bedarf es weder einer
„signifikanten Unterrepräsentation”,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Juni 1999 – 6 B 941/99 ,
noch kommt es nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 20
Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 LBG NRW darauf an, ob sich in der jeweiligen
Laufbahn generell weniger Frauen als Männer befinden.
Hiernach ist vorliegend der Gesichtspunkt der Frauenförderung zu
beachten, weil weibliche Lehrkräfte im Beförderungsamt A 14 BBesO im
Gymnasialbereich der Bezirksregierung Düsseldorf mit 45,5 v.H. noch
unterrepräsentiert sind.
Zu Gunsten des Antragstellers greift im Verhältnis zu den
Beigeladenen auch nicht die in § 20 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 LBG NRW
enthaltene „Öffnungsklausel” ein. Hiernach kommt der Gesichtspunkt der
Frauenförderung nicht zum Tragen, wenn in der Person des männlichen
Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen. Ob dies der Fall ist, ist
grundsätzlich eine Rechtsfrage, die einer uneingeschränkten
gerichtlichen Kontrolle unterliegt.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. November 1999 – 6 B 1957/99 ,
NWVBl. 2000, 229, vom 22. Februar 1999 – 6 B 439/98 , a.a.O., und vom
24. Juli 2006 – 6 B 807/06 , NWVBl 2007, 57.
Dieser Ausgangspunkt wird allerdings relativiert durch die
Entscheidungsfreiheit des Dienstherrn bei der der konkreten
Personalentscheidung vorausgehenden Bestimmung der maßgebenden
Hilfskriterien. Nicht anders als bei der Auswahl zwischen Bewerbern
gleichen Geschlechts darf (und muss) der Dienstherr auch im Falle einer
Konkurrenz gleich qualifizierter Bewerber unterschiedlichen Geschlechts
grundsätzlich (nur) auf diejenigen Hilfskriterien zurückgreifen, die er
auch sonst bei einem Qualifikationsgleichstand rechtlich bedenkenfrei
anzuwenden pflegt, sofern diese keine diskriminierende Wirkung gegenüber
dem weiblichen Mitbewerber haben.
OVG NRW, Beschlüsse vom 22. Februar 1999 – 6 B 439/98 , a.a.O.,
vom 13. April 2005 – 6 B 2711/04 – und vom 27. November 2007
– 6 B 1493/07 -, jeweils juris.
Wenn der EuGH ausführt, dass stets sämtliche jeweils relevanten
Hilfskriterien und nicht nur der Gesichtspunkt der Frauenförderung ernst
genommen und ihrem Gewicht entsprechend in die Auswahlentscheidung
einzubeziehen sind, bedeutet dies nicht, dass eine Gesamtbetrachtung
aller potentiellen Hilfskriterien erfolgen muss. In die Abwägung
einzustellen sind vielmehr lediglich die „jeweils relevanten“
Gesichtspunkte, wobei es dem für die Auswahlentscheidung zuständigen
Dienstvorgesetzten obliegt, diese Gesichtspunkte zu bestimmen.
Die Bezirksregierung […] legt bei Auswahlentscheidungen
zur Besetzung von A 14-Stellen auf der Ebene der Hilfskriterien
vorrangig die Verweildauer im derzeitigen statusrechtlichen Amt (sog.
Beförderungsdienstalter) zu Grunde. Hiergegen sind rechtliche Bedenken
nicht zu erheben. Dem Dienstherrn steht es bei der Wahl der
Hilfskriterien frei, mehrere Hilfskriterien kumulativ in den Blick zu
nehmen, sich allgemein oder bei der Vergabe bestimmter Ämter auf die
Heranziehung eines einzelnen Hilfskriteriums zu beschränken oder mehrere
Kriterien in abgestufter Rangfolge heranzuziehen.
Vgl. etwa Beschlüsse der Kammer vom 5. April 2005
– 2 L 134/05 -, juris, vom 2. März 2005 – 2 L 175/05 und vom
14. August 2003 – 2 L 2385/03 -.
Bei (im Wesentlichen) gleicher Qualifikation der Bewerber ist
der Dienstherr zudem grundsätzlich darin frei, welchen (sachlichen)
Hilfskriterien er im Rahmen seiner Ermessensausübung das größere bzw.
ausschlaggebende Gewicht beimisst. Er ist insbesondere nicht an eine
starre, etwa durch die größere Leistungsnähe bestimmte Rangfolge dieser
Kriterien gebunden. Durch das Auswahlkriterium darf lediglich der
zwingend zu beachtende Grundsatz der Bestenauslese nicht in Frage
gestellt werden. Zudem muss der Dienstherr bei der Verwendung der
Hilfskriterien auf eine „einheitliche Linie“ achten, darf von diesen
also nicht „nach Belieben“, d.h. ohne erkennbares System, alternativ
Gebrauch machen.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 19. Oktober 2001 1 B 581/01 ,
IÖD 2002, 147, vom 14. Juni 2000 6 B 513/00 , DÖD 2001, 127, und vom
4. Januar 1999 6 B 2096/98 , ZBR 1999, 316.
Allerdings ist der o.a. Entscheidung des EuGH auch zu entnehmen,
dass nicht nur „krasse”, ins Auge fallende Sachverhalte die Anwendung
der Öffnungsklausel nach sich ziehen oder ein überwiegendes Gewicht nur
dann anzunehmen ist, wenn die Zurückstellung des Mannes sich nach den
Umständen des Einzelfalles als „unbillig” oder „unerträglich” darstellt.
Ausreichend – aber auch erforderlich – ist vielmehr, dass zu Gunsten
des männlichen Mitbewerbers immerhin deutliche Unterschiede gegeben sein
müssen, sollen die in seiner Person liegenden Gründe im Sinne des § 20
Abs. 6 Satz 2 LBG NRW (§ 25 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 LBG a.F.)
überwiegen.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Februar 1999 – 6 B 439/98 , a.a.O.
Ausgehend von den dargestellten Maßstäben ist festzustellen,
dass in der Person des Antragstellers liegende Gründe nicht überwiegen.
Die nach der maßgebenden Entscheidung des Dienstvorgesetzten in erster
Linie in den Blick zu nehmenden Unterschiede in der Dauer der
Zugehörigkeit zum derzeitigen Statusamt (Besoldungsgruppe A 14 BBesO
bzw. Vergütungsgruppe 14 TV-L) sind zwischen dem Antragsteller und der
Beigeladenen nicht derart gewichtig, dass sie die Anwendung der
„Öffnungsklausel“ geböten. Nach der Rechtsprechung des OVG NRW, der die
beschließende Kammer folgt, stellt erst ein Vorsprung beim Dienstalter
von fünf oder mehr Jahren in der Regel einen Umstand dar, der geeignet
ist, ein Überwiegen der in der Person des männlichen Bewerbers liegenden
Gründe zu rechtfertigen.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4. Februar 2000 – 6 B 552/99 ,
DÖD 2000, 137, vom 29. März 2001 – 6 B 1954/00 , vom 27. Mai 2004
– 6 B 457/04 -, juris, und vom 24. Juli 2006 – 6 B 807/06 -, a.a.O.
Ein derartiger Unterschied ist hier aber nicht gegeben. Nach den
Feststellungen des Antragsgegners beträgt der Vorsprung des
Antragstellers bei dem maßgeblichen Merkmal lediglich ca. 4 1/2 Jahre.
Dieses Ergebnis unterliegt zudem rechtlichen Bedenken, weil es eine
unzutreffend hohe Differenz ausweisen dürfte. Der Antragsgegner hat das
Dienstalter der Beteiligten allerdings im Ansatz rechtsfehlerfrei in
(entsprechender) Anwendung der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 LVO
bestimmt. Hiernach rechnet die Dienstzeit von dem Zeitpunkt der
Beendigung der Probezeit in der Laufbahngruppe bzw. bei erfolgtem
Aufstieg (grundsätzlich) ab der Verleihung des ersten Amtes in der neuen
Laufbahngruppe. Der Antragsgegner hat zudem den Beginn des in Ansatz zu
bringenden Dienstalters des Antragstellers unter Zugrundelegung dieser
Bestimmung zutreffend ermittelt. Die Probezeit des am 2. September 1996
(in Rheinland-Pfalz) als Studienrat zur Anstellung eingestellten
Antragstellers endete nach Ablauf der aufgrund von Vordienstzeiten
verkürzten laufbahnrechtlichen Probezeit mit dessen Anstellung als
Studienrat am 6. Oktober 1997. Rechtlich unbedenklich ist auch, dass der
Antragsgegner für die Beigeladene, deren Tätigkeit als Lehrkraft im
Angestelltenverhältnis keine „Dienstzeit“ darstellt, in entsprechender
Anwendung des § 11 LVO eine „fiktive Dienstzeit“ ermittelt hat. Er
dürfte jedoch mit dem 1. Januar 2002 einen unzutreffenden, weil zu
späten Zeitpunkt für den Beginn des berücksichtigungsfähigen
Dienstalters der Beigeladenen bestimmt haben. Wie die Beigeladene zu
Recht vorträgt, kann bei dieser Entscheidung nicht außer Betracht
bleiben, dass ihre unbefristete Einstellung in den Schuldienst des
Landes NRW (lediglich) in die Vergütungsgruppe III BAT („gehobener
Dienst“) zum Schuljahr 1996/1997 nicht etwa Folge einer eingeschränkten
Laufbahnbefähigung, sondern dem Umstand geschuldet war, dass seinerzeit
Lehrer, die – wie sie – auch die Lehramtsbefähigung für das Lehramt für
die Sekundarstufe II besaßen, zunächst lediglich im gehobenen Dienst
eingestellt wurden. Die beschließende Kammer hat u.a. mit Beschluss vom
12. Mai 2003 – 2 L 1173/03 – (bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 1.
Juli 2003 – 6 B 1097/03 -) entschieden, dass die vom Antragsgegner
angewandte Berechnungsweise die Bestimmung des § 53 Abs. 3 Halbsatz 1
LVO in der damals geltenden Fassung nicht hinreichend beachte, wonach
beim Wechsel der Laufbahn die Zeiten in der bisherigen Laufbahn als
Dienstzeiten im Sinne des § 11 LVO gälten. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 des
Gesetzes zur Überleitung von Lehrkräften mit den Befähigungen für die
Lehrämter für die Sekundarstufen I und II an Gymnasien und Gesamtschulen
in die Besoldungsgruppe A 13 (höherer Dienst) vom 19. Dezember 2001
(GV. NRW. S. 882) sei § 53 Abs. 3 LVO auf die mit Wirkung vom 1. Januar
2002 in die Laufbahn des höheren Dienstes übergeleiteten Lehrer
anzuwenden. Zieht man aber den Zeitraum seit der unbefristeten
Einstellung der Beigeladenen in den öffentlichen Schuldienst im Jahr
1996 oder jedenfalls Teile davon in die Ermittlung des Dienstalters ein,
so entfällt ein Vorsprung des Antragstellers bei diesem
„Hilfskriterium“ insgesamt. Für die Anwendung der „Öffnungsklausel“ ist
dann überhaupt kein Raum mehr.
Selbst aber wenn man mit dem Antragsgegner einen Unterschied im
Dienstalter von 4 ½ Jahren zu Grunde legte, änderte sich am Ergebnis
nichts. Zwar nähert sich eine solche Differenz dem Wert von fünf Jahren
an, bei dem die Anwendung der „Öffnungsklausel“ ernsthaft in Betracht zu
ziehen ist. Es ist ferner nicht zu verkennen, dass die „Frauenquote“
mit 45,5 % bereits relativ hoch ist. Gleichwohl ist es von Rechts wegen
nicht zu beanstanden, wenn der Dienstherr auch in einer solchen
Konstellation an den in der Rechtsprechung seit vielen Jahren
gebilligten Zeiträumen festhält. Dies um so mehr, als der Vorsprung des
Antragstellers bei dem üblicherweise (nachrangig) mit herangezogenen
Hilfskriterium des Lebensalters mit rund 3 ½ Jahren noch deutlicher
hinter dem Zeitraum von fünf Jahren zurückbleibt.“