Verfahrenslupe 🔍: überlange Verfahrensdauer in der Kostenfestsetzung

In einem hier vertretenen Verfahren ist offenbar der Wurm drin. Seit Januar 2019 wird um die Kostenentscheidung(en) mal gerungen oder mal auf sie gewartet. Ob es hierfür einen sachlichen Grund gibt? Und ob das Land Nordrhein-Westfalen tatsächlich insgesamt 216.000,- € Entschädigungen wegen überlanger Verfahrensdauer auszahlen muss? Vier Jahre nach dem Berufungsurteil liegen nun abschließende Entscheidungen vor, von denen eine wohl noch korrigiert wird.

Das Verfahren eignet sich für eine nähere Betrachtung in der Verfahrenslupe:

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kein Anspruch auf Festsetzung von Anwaltsgebühren in gleicher Höhe für alle Parteien, Anwaltsgerichtshof NRW, Beschluss v. 27.08.2024, Az. 1 AGH 39/17

Im Rahmen eines Kostenausgleichungsverfahrens war es zu der besonderen Situation gekommen, dass eine Partei für die anwaltliche Vertretung vor dem Anwaltsgerichtshof in der ersten Instanz Gebühren nach Ziff. 3300 Nr. 2 VV RVG mit dem Quotienten 1,6 angemeldet hatte, während andere Parteien für die anwaltliche Vertretung in derselben Instanz Gebühren nach Ziff. 3100 VV RVG mit dem Quotienten 1,3 angemeldet hatten.

Der Senat hat nunmehr entschieden, dass es sich zwar jeweils um Verfahrensgebühren handele, aber kein Anspruch auf Festsetzung in gleicher Höhe besteht, wenn betragsmäßig andere Höhen beantragt wurden. Der Kostenausgleich sei dann beschränkt, weil Urkundsbeamte (und Senat) an den ursprünglichen Antrag gem. § 88 VwGO gebunden seien.

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Anwaltsversorgung auch bei Aufwandsentschädigung für politisches Ehrenamt, Verwaltungsgericht Minden, Urteil v. 12.01.2024, Az. 2 K 2771/21

Mitglieder in (kommunal-)politischen Gremien erhalten regelmäßig Auslagenerstattungen und Aufwandsentschädigungen. Dies ändert nichts daran, dass die Tätigkeiten grundsätzlich ehrenamtlich ausgeübt werden. Dennoch müssen die Aufwandsentschädigungen nicht nur bei Rechtsanwält:innen gegenüber dem Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Land Nordrhein-Westfalen angegeben werden, es sind auf diese Entschädigungen auch ausdrücklich (geringe) Beiträge einzuzahlen, sodass später also auch hierauf bezogen eine Rente aus dem Versorgungswerk gewährt wird.

Dass die Tätigkeiten nicht-anwaltlich sind, ändert hieran nichts. Dies hat das Verwaltungsgericht Minden in einer aktuell bekannt gewordenen Entscheidung ausgeführt. Die Berufung zum Oberverwaltungsgericht wurde nicht zugelassen und es ist (noch) nicht bekannt, ob ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt wurde.

Das Gericht hat im Wortlaut ausgeführt:

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Mitgliedschaft im Förderkreis des Düsseldorfer Instituts für Dienstrecht

Seit Juli 2024 ist unsere Kanzlei Mitglied im Förderkreis des Düsseldorfer Instituts für Dienstrecht (difdi).

Das Düsseldorfer Institut für Dienstrecht ist ein in ganz Deutschland aktiver Träger, der sich vor allem der Weiterbildung im Bereich des Staats- und Verwaltungsrechts und des Rechts des öffentlichen Dienstes (Länder, Bund, Europäische Union, Kirchen) verschrieben hat.

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Disziplinarverteidigung als Werbungskosten, Bundesfinanzhof, Beschluss v. 10.01.2024, Az. VI R 16/21

In einem aktuellen Verfahren hat der Bundesfinanzhof noch einmal bestätigt, dass Kosten der Disziplinarverteidigung steuerlich absetzbar sind. Ausdrücklich wird nicht dabei unterschieden, ob es sich dabei um den Vorwurf eines innerdienstlichen oder eines außerdienstlichen Pflichtenverstoßes handelt. Daher erstellen wir im Rahmen unserer anwaltlichen Tätigkeit Rechnungen, die ausdrücklich das Disziplinarverfahren benennen. So erleichtern wir unseren Mandant:innen die Angabe im Rahmen der Steuererklärung.

amtlicher Leitsatz

Rechtsverfolgungskosten eines Berufssoldaten für ein gegen ihn geführtes Wehrdisziplinarverfahren sind als Werbungskosten abzugsfähig.

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3 Rechtsansprüche in 1 Schreiben = 0 Akteneinsicht?!, Verwaltungskammer der Ev. Kirche v. Westfalen, Beschluss v. 06.03.2024, Az. VK 2/23

Im Rahmen einer Kostenentscheidung hatte die Verwaltungskammer der Ev. Kirche in Westfalen darüber zu entscheiden, wie Akteneinsichtsgesuche nach verschiedenen parallelen Rechtsgrundlagen zu bewerten sind.

Der Klage lag ein durch die Landeskirche verzögertes und lange Zeit nicht betriebenes Disziplinarverfahren zugrunde. Nachdem weder das Landeskirchenamt noch die von der Landeskirche beauftragte Bevollmächtigte Akteneinsicht nach dem Disziplinargesetz der EKD gewährt hatte (§ 26 Abs. 2 DG.EKD), hatte der spätere Kläger durch seinen Bevollmächtigten parallel – aber stets in einem Schriftsatz – auch ergänzende Akteneinsichtsrechte nach (a) dem Datenschutzgesetz der EKD und der DSGVO und (b) dem Personalaktenrecht aus dem Pfarrdienstgesetz der EKD geltend gemacht. Nachdem neun Anträge und Sachstandsanfragen in über eineinhalb Jahren nicht bearbeitet wurden und mehrfach Klage angedroht worden war, erhob der Kläger schließlich eine Klage mit dem Ziel der Akteneinsicht.

Auch im Rahmen des Klageverfahrens erkannte die Beklagte den Anspruch nicht sofort an, übersandte aber nach einiger Zeit die vor allem erwünschten Unterlagen.

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Synopse Bundesdisziplinargesetz 2024

Der Bundesgesetzgeber hat sein Disziplinarrecht grundlegend verändert. Ab dem 01.04.2024 ist der Dienstherr mit einer umfassenden Sanktionsbefugnis ausgestattet und kann alle Disziplinarmaßnahmen durch Disziplinarverfügung aussprechen. Ausdrücklich gilt dies auch für die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und die Aberkennung des Ruhegehalts.

In der Folge wurde auch das gerichtliche Verfahren (das fortan kein besonderes „Disziplinarverfahren“ mehr darstellt) verändert.

Für Altverfahren gilt das BDG a.F. (bis zum 31.03.2024) fort.

Zur Einarbeitung in das Disziplinarrecht nach alter und neuer Fassung hat Rechtsanwalt Robert Hotstegs eine Synopse erstellt, die auch auf die wichtigsten Muster nach den Disziplinarrichtlinien des Bundesministeriums der Finanzen verweist und diese im Hinblick auf die Änderungen des BDG kommentiert.

Stand der Synopse: 23.09.2024

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richtige Rechtsmittelbelehrung nach Urteil über Disziplinarklage?, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 09.11.2023, Az. 2 C 4/23

Will ein Dienstherr eine:n Beamt:in aus dem Beamtenverhältnis entfernen, also die Maximalsanktion verhängt wissen oder will er sonst den Status verändern lassen (durch Zurückstufung, also „Degradierung“, oder durch Aberkennung des Ruhegehalts) ist nach dem derzeit geltenden Disziplinarrecht eine Disziplinarklage zu erheben. Über diese entscheidet dann das zuständige Verwaltungsgericht. Gegen sein Urteil kann Berufung eingelegt werden.

Im konkreten Fall war nun streitig, ob das Verwaltungsgericht aber vollständig und damit wirksam über das Rechtsmittel belehrt hatte.

Hierüber hat nun das Bundesverwaltungsgericht entschieden. Der amtliche Leitsatz lautet:

In der Rechtsmittelbelehrung des Urteils eines Verwaltungsgerichts über eine Disziplinarklage ist nur über die Monatsfrist für die Einlegung der Berufung nach § 64 Abs. 1 Satz 2 BDG zu belehren, nicht aber über die Verpflichtung zur Begründung der Berufung innerhalb dieser Frist.

Die Entscheidung begründet dies in ihrem Volltext wie folgt:

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höhere Gebühren vor dem Anwaltsgerichtshof, Anwaltsgerichtshof NRW, Beschluss v. 03.11.2023, Az. 1 AGH 39/17

In einer gebührenrechtlichen Frage hat der Anwaltsgerichtshof Nordrhein-Westfalen nun entschieden, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen die erhöhte Verfahrensgebühr für sogenannte „besondere erstinstanzliche Verfahren“ geltend machen können und Verfahrensbeteiligte diese auch von der unterlegenen Gegenseite erstattet erhalten.

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Streitwertkatalog der kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit

In der staatlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit findet seit vielen Jahren schon der „Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit“ Anwendung. Er wurde zuletzt in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen veröffentlicht und befindet sich schon seit einiger Zeit in der Überarbeitung. Mit dem Katalog werden – soweit nicht auf gesetzliche Bestimmungen hingewiesen wird – Empfehlungen ausgesprochen, denen das Gericht bei der Festsetzung des Streitwertes bzw. des Wertes der anwaltlichen Tätigkeit (§ 33 Abs. 1 RVG) aus eigenem Ermessen folgt oder nicht. Das bedeutet im Klartext: Abweichungen sind jedem Gericht jederzeit möglich.

Gleichzeitig bietet der Katalog aber auch die Gewähr dafür, dass der Rechtsuchende mit einer gewissen Verlässlichkeit seine prozessualen und finanziellen Chancen und Risiken einschätzen und kalkulieren kann.

Ein Gegenstück für die kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit der ev. Kirche fehlt. Es ist aber aus unserer anwaltlichen Sicht dringend erforderlich, weil kirchliche Rechtsprechung sich zum Teil grundsätzlich von staatlicher Rechtsprechung löst (so etwa im kirchlichen Disziplinarrecht) oder weil Gegenstände des Kirchenrechts (wie etwa der Wartestand) im staatlichen Recht nicht entschieden worden sind.

Die kirchlichen Gerichte sind ehrenamtlich organisiert, sie sind mit Volljurist:innen und – je nach Prozessordnung – auch ergänzend mit Pfarrer:innen oder mit Laien besetzt. Die Kirche hat sich im Laufe der Zeit ein immer stärkeres Vorbild am staatlichen Prozessrecht genommen.

Gleichwohl verweigern die Kirchengerichte die Übernahme staatlicher Gerichtspraxis im Hinblick auf Streit- und Gegenstandswerte, sowie die Kostenerstattungsverfahren. (ausführlich: Hotstegs, „Mein Gott!“ – Kosten und Kostenerstattung vor Kirchengerichten, ZAP 2018, 583)

Die im Mandat geschuldete Prognose der Verfahrenskosten ist so seriös im Vorhinein nicht möglich.

(Nur am Rande: gleiches gilt auch für Gerichtskosten.1Häufig werden diese nicht erhoben. Werden sie aber erhoben, verbergen sich auch dort Überraschungen. So macht etwa die Disziplinarkammer der evangelischen Landeskirche Württembergs auch Kosten für die „Bereitstellung von Räumen“ geltend. Hinter dieser Position, die im staatlichen Recht unter Ziff. 9006 der Anlage 1 zum GKG ihren Ursprung findet, verbergen sich schlicht Mieten für Säle, die die Disziplinarkammer selbst nutzt, sowie Beratungsräume für die Kammer, sowie die beteiligten Parteien. Im Unterschied nur zum staatlichen Recht, das von einem existierenden Gerichtsgebäude ausgeht, in dem keine Mieten anfallen, verfügt die kirchliche Disziplinarkammer in Stuttgart über keinen festen Beratungssaal. Die Ausnahmevorschrift der Vollkostenerstattung zu Lasten einer Partei wird daher überraschend zur Regel erhoben. Verhindern lässt sich dies nicht. Erahnen ebenfalls kaum.)

Bleiben schließlich zwei Probleme für die im Kirchenrecht beratenen Rechtsanwält:innen: unberechenbare Streitwerte und überlange Verfahren.

Wir haben daher eine – naturgemäß unvollständige – Liste aufgestellt, in der wir aus unserer anwaltlichen Sicht wesentliche Entscheidungen zum Gegenstandswert bzw. Streitwert zusammengestellt haben. Wir sind bemüht, diese Datenbank regelmäßig zu erweitern, zu ergänzen und zu aktualisieren. Bitte wenden Sie sich bei Fragen, Vorschlägen und auch gerne zur Einsendung eigener Streitwertentscheidungen direkt an Rechtsanwalt Robert Hotstegs.

Stand der Bearbeitung: 23.09.2024

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