Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist nicht eröffnet, wenn ein ehemaliger Bundeskanzler und die Bundesrepublik Deutschland um die personelle und sachliche Ausstattung eines Büros zur Wahrnehmung von nachwirkenden Aufgaben aus der früheren Stellung als Verfassungsorgan streiten. Es handelt sich um eine verfassungsrechtliche Streitigkeit. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
„Klärung eines Anspruchs auf Zurverfügungstellung eines Büros für einen Bundeskanzler a.D. obliegt nicht den Verwaltungsgerichten, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 10.04.2025, Az. 2 C 16.24“ weiterlesenEingeschränkte gerichtliche Kontrolle bei Wahl von hauptamtlichen kommunalen Beigeordneten, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 10.04.2025, Az. 2 C 12.24
Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Bestenauswahl aus Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt einem Bewerber bei der Wahl eines Beigeordneten durch den Gemeinderat einen gerichtlich überprüfbaren Anspruch auf chancengleiche Ausgestaltung des Bewerbungsverfahrens. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Der Kläger bewarb sich neben fünf weiteren Personen, darunter der Beigeladene, bei der beklagten baden-württembergischen Stadt für die Stelle des Ersten Beigeordneten. Der Gemeinderat wählte mit 15 Stimmen den Beigeladenen, der Kläger erhielt keine, ein weiterer Bewerber sieben Stimmen. Über den Ausgang der Wahl wurde der Kläger unmittelbar im Anschluss informiert. Einen Tag später bestellte die Beklagte den Beigeladenen unter Aushändigung der Ernennungsurkunde zum Ersten Beigeordneten.
Hiergegen hat der Kläger im Folgemonat Widerspruch und später Klage erhoben.
„Eingeschränkte gerichtliche Kontrolle bei Wahl von hauptamtlichen kommunalen Beigeordneten, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 10.04.2025, Az. 2 C 12.24“ weiterlesenKein Dienstunfallschutz für Reparaturversuch an einer Wanduhr im Dienstzimmer mit einem privaten Klappmesser, Urteil v. 13.03.2025, Az. 2 C 8.24
Die Verwendung eines abstrakt gefährlichen Gegenstands – hier eines Klappmessers – zu einem nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch – hier Reparaturversuch an einer Uhr – läuft den wohlverstandenen Interessen des Dienstherrn zuwider und steht deshalb der Anerkennung eines Unfallereignisses als Dienstunfall entgegen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.
„Kein Dienstunfallschutz für Reparaturversuch an einer Wanduhr im Dienstzimmer mit einem privaten Klappmesser, Urteil v. 13.03.2025, Az. 2 C 8.24“ weiterlesenDie Ermittlungsperson im Disziplinarverfahren
„Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat der Dienstvorgesetzte die Dienstpflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten.“ So regeln es die Disziplinargesetze von Bund, Ländern und auch der ev. Kirche nahezu wortidentisch.
Völlig unterschiedlich verhalten sich die Gesetze aber zu der Frage, durch wen genau die Ermittlungen zu führen sind. Zwar sind sie stets von dem Disziplinarvorgesetzten (bzw. der Disziplinarbehörde) zu verantworten. Aber wem wird die Aufgabe der Beweiserhebung, z.B. der Zeug:innenvernehmung, der Anhörung der/des Beschuldigten konkret übertragen?
Hier sind grundsätzlich fünf Regelungsmodelle zu unterscheiden:
„Die Ermittlungsperson im Disziplinarverfahren“ weiterlesenGesundheitliche Eignung von Bewerbern für den Polizeidienst, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 13.02.2025, Az. 2 C 4.24
Die gesundheitliche Eignung für den Polizeidienst ist anzunehmen, wenn die Bewerber den besonderen Anforderungen dieses Dienstes genügen. Dies gilt nicht nur für den aktuellen Gesundheitszustand, sondern auch für künftige Entwicklungen, die angesichts einer bekannten Vorerkrankung zu erwarten sind. Bei einem gegenwärtig voll polizeidienstfähigen Bewerber kann die gesundheitliche Eignung aber nur verneint werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt der Polizeidienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.
„Gesundheitliche Eignung von Bewerbern für den Polizeidienst, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 13.02.2025, Az. 2 C 4.24“ weiterlesenDisziplinarsanktion, wenn Bezügemitteilungen nicht geprüft werden?, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 05.12.2024, Az. 2 C 3.24
Zu den Dienstpflichten eines Beamten zählt, Besoldungsmitteilungen bei wesentlichen Änderungen der dienstlichen oder persönlichen Verhältnisse auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Pflichtverletzungen sind jedoch nur bei Vorsatz disziplinarwürdig. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.
„Disziplinarsanktion, wenn Bezügemitteilungen nicht geprüft werden?, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 05.12.2024, Az. 2 C 3.24“ weiterlesenPersonalrat ist nicht vor überlangen Gerichtsverfahren geschützt, Bundesverwaltungsgericht, Urteile v. 14.11.2024, Az. 5 C 5.23, 5 C 6.23 und 5 C 7.23
Einem Personalrat stehen Ansprüche gegen den Staat auf Entschädigung wegen der unangemessenen Dauer eines vorangegangenen personalvertretungsrechtlichen Gerichtsverfahrens auch dann nicht zu, wenn er als Entschädigung nur die gerichtliche Feststellung der Überlänge begehrt. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
„Personalrat ist nicht vor überlangen Gerichtsverfahren geschützt, Bundesverwaltungsgericht, Urteile v. 14.11.2024, Az. 5 C 5.23, 5 C 6.23 und 5 C 7.23“ weiterlesenVerfahrenslupe 🔍: überlange Verfahrensdauer in der Kostenfestsetzung
In einem hier vertretenen Verfahren ist offenbar der Wurm drin. Seit Januar 2019 wird um die Kostenentscheidung(en) mal gerungen oder mal auf sie gewartet. Ob es hierfür einen sachlichen Grund gibt? Und ob das Land Nordrhein-Westfalen tatsächlich insgesamt 216.000,- € Entschädigungen wegen überlanger Verfahrensdauer auszahlen muss? Vier Jahre nach dem Berufungsurteil liegen nun abschließende Entscheidungen vor, von denen eine wohl noch korrigiert wird.
Das Verfahren eignet sich für eine nähere Betrachtung in der Verfahrenslupe:
„Verfahrenslupe 🔍: überlange Verfahrensdauer in der Kostenfestsetzung“ weiterlesenPotenzialfeststellung für Beförderungen rechtswidrig, Bundesverwaltungsgericht, Beschluss v. 29.10.2024, Az. 1 WB 36.23
Die gegenwärtige Praxis der Bundeswehr, das Personal für den Aufstieg in die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes auch mit Hilfe einer sogenannten Potenzialfeststellung auszuwählen, bedarf einer gesetzlichen Regelung. Das hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts entschieden.
„Potenzialfeststellung für Beförderungen rechtswidrig, Bundesverwaltungsgericht, Beschluss v. 29.10.2024, Az. 1 WB 36.23“ weiterlesenEntlassung aus dem Pfarrdienst kraft Gesetzes nach Beurlaubung, Verwaltungskammer bei dem Kirchengericht der EKD, Urteil v. 28.02.2024, Az. 0136/A6-2022
Soweit ersichtlich hatte das Kirchengericht der Ev. Kirche in Deutschland durch seine Verwaltungskammer in diesem Jahr erstmalig über einen besonderen Entlassungstatbestand des Pfarrdienstrechts zu entscheiden, den es in vergleichbarer Form im staatlichen Dienstrecht nicht gibt: die Entlassung kraft Gesetzes wegen der Nicht-Wiederaufnahme des Dienstes nach einer Beurlaubung.
Die Vorschrift des § 97 Abs. 1 Nr. 5 PfDG.EKD lautet:
„(1) Pfarrerinnen und Pfarrer sind kraft Gesetzes entlassen, wenn sie […]
5. durch ihr Verhalten nach Ablauf einer Beurlaubung erkennen lassen, dass sie den Dienst nicht wieder aufnehmen wollen […](2) Die für die Berufung zuständige Stelle entscheidet darüber, ob die Voraussetzungen nach Absatz 1 vorliegen und stellt den Tag der Beendigung des Pfarrdienstverhältnisses fest.“
Das genaue Verfahren für eine derartige Entlassung regelt das Gesetz nicht. Das Klageverfahren warf daher u.a. die Fragen auf, ob der beklagten Landeskirche ein Ermessen zusteht, welches Verhalten aus welchem Zeitraum „Verhalten nach Ablauf einer Beurlaubung“ darstellen könne und ob auch die Pfarrvertretung im Verfahren zu beteiligen war.
Das Kirchengericht hat die Klage abgewiesen und die Entlassung kraft Gesetzes bestätigt. Das Urteil ist rechtskräftig geworden.
eigene Leitsätze
- Der Regelungsinhalt eines Verwaltungsaktes beschränkt sich bei der Entlassung kraft Gesetzes auf die Feststellung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen und des Tages der Beendigung des Pfarrdienstverhältnisses. Die Rechtsfolge ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Ein Ermessen besteht nicht.
- Die unbestimmten Rechtsbegriffe „durch ihr Verhalten erkennen lassen“ und „nicht wieder aufnehmen wollen“ sind gerichtlich voll überprüfbar.
- Indem § 97 Abs. 1 Nr. 5 PfDG.EKD ausdrücklich an das Verhalten der Pfarrerin oder des Pfarrers nach Ablauf einer Beurlaubung anknüpft, knüpft dieses Tatbestandsmerkmal nicht an einzelne Handlungen an, sondern an das Verhalten der Person in seiner Gesamtheit. Das schließt nicht aus, für die Auslegung des Verhaltens nach Ablauf der Beurlaubung auch Handlungen und Erklärungen in den Blick zu nehmen, die bereits vor Ablauf der Beurlaubung vorgenommen worden sind.
- Die Versetzung in den Wartestand ist kein milderes Mittel zur Entlassung kraft Gesetzes.
- Eine Beteiligung der Pfarrvertretung scheidet im Falle einer Entlassung kraft Gesetzes aus.
Die Entscheidung lautet im Volltext:
„Entlassung aus dem Pfarrdienst kraft Gesetzes nach Beurlaubung, Verwaltungskammer bei dem Kirchengericht der EKD, Urteil v. 28.02.2024, Az. 0136/A6-2022“ weiterlesen